Pandemic Studios - Geschichte eines Niedergangs

Ein ehemaliger Pandemic-Mitarbeiter sieht die Schuld für die Schließung im eigenen Management

Unruhige Zeiten bei Electronic Arts: Nach dem herben Quartalsverlust von 391 Millionen US-Dollar kündigte der Publisher harte Einschnitte an. In den nächsten fünf Monaten sollen weltweit 1.500 Stellen wegfallen und damit langfristig Ersparnisse von 100 Millionen US-Dollar pro Jahr bringen. Spekulationen zufolge müssen vor allem Teile von EA Maxis (Spore), EA Mythic (Warhammer Online), EA Tiburon (Madden NFL), Visceral Games (Dead Space) und fast das gesamte Command & Conquer 4: Tiberian Twilight-Team Entlassungen fürchten. Fakt ist seit gestern hingegen die Schließung der Spieleschmiede Pandemic Studios.

Die Ereignisse sind der vorläufige Höhepunkt einer langen Geschichte von wirtschaftlichen Misserfolgen bei EA. Immer wieder drückten hohe Verluste auf die Stimmung. Zahlreiche Übernahmen unabhängiger Spieleentwickler entpuppten sich im Nachhinein als Fehlgriff, viele Teams konnten nicht erfolgreich integriert werden und wurdenbereits nach kurzer Zeit eingestampft. Beschäftigte Electronic Arts 2008 noch ungefähr 11.000 Mitarbeiter, so dürften nach der aktuellen Konsolidierungsphase nur noch knapp 7.300 beim Publisher verbleiben.

Pandemic Studios schien vielen daher als Opfer einer fehlgeleiteten Konzernstrategie der Mutterfirma. In Eigenregie veröffentlichten die Entwickler noch die erfolgreichen Spiele der Full Spectrum Warrior- und Star Wars: Battlefront-Reihe. Seit der Komplettübernahme durch EA im Jahre 2007 gelang Pandemic aber kein großer Wurf mehr. Mercenaries 2: World in Flames war finanziell ein Flop und das Lizenzprodukt Der Herr der Ringe: Die Eroberung fiel bei Kritikern wie Spielern gleichermaßen in Ungnade. Ein Videospiel zum Blockbuster-Film The Dark Knight wurde noch während der Entwicklung eingestellt.

Ein ehemaliger Pandemic-Mitarbeiter sieht die Schuld aber vor allem im eigenen Management. In einem Forumseintrag prangert er zahlreiche Missstände in der Firma an. So habe die Chefetage bei Pandemic große Freiheiten genossen und sei nicht sehr streng von EA überwacht worden. Leider hätten die Verantwortlichen viele Fehler gemacht: » Der Grund, warum das Studio geschlossen wird, hängt voll und ganz mit dem aktuellen Pandemic-Management zusammen. [...] Immer und immer wieder haben sie es mit schlechten Entscheidungen versaut (Leuten aus Loyalität befördert/behalten, keine Rechenschaft oder Verantwortung für die Produktion, falsche Verteilung von Ressourcen, schlechte Milestone-Ziele, keine Betreuung usw.).«

In die aufkommende EA-Kritik will der Designer mit dem Synonym »Zeenbor« daher auch nicht vorbehaltlos einstimmen: » In meinen Augen haben sie [John Riccitiello und EA] wahrscheinlich die richtige Entscheidung getroffen, da Pandemic hohe Kosten verursachte und, ehrlich gesagt, waren die letzten Produkte nicht ganz auf der Höhe. Ich denke viele wären überrascht, wie viel es kostet ein Spiel wie Saboteur zu machen (man denke an ~100 Leute für drei Jahre + ~20 Leute für zwei Jahre). Addiert man dazu die Kosten durch die Inkompetenz im Management / in der Führung, hat man sehr gute Argumente alles fallen zu lassen.«

Der Zeitpunkt sei für Pandemic allerdings besonders bitter, da mit The Saboteur eine qualitativ hochwertiges Spiel kurz vor dem Release stehe: »EA schickt Saboteur in den Tod. Und das ist eine verdammte Schande. Es ist mit Abstand das beste Pandemic-Spiel bisher. Natürlich bin ich etwas voreingenommen, da ich so lange an dem Spiel gearbeitet habe. Wenn ihr aber von Mercs2 und LOTR enttäuscht wart (wer war das nicht) und frühere Pandemic-Spiele mochtet, gebt Saboteur eine Chance.«

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