Papers, Please im Test - Hilfe, ich werde unterdrückt!

Papers, Please weckt im Test bizarren Spaß an Bürokratie und stellt die unangenehme Frage, wie tief ein Mensch zum Überleben sinken würde.

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Wir folgen nur unseren Befehlen. Und die Regierung des glorreichen Vaterlands Arstotzka hat nun mal angeordnet, die Pässe unserer Landsleute aus dem Altan-Distrikt zu konfiszieren. Warum? Das geht uns nichts an, und die Betroffenen erst recht nicht. Aber der Mann vor uns will das nicht akzeptieren, will unser Büro nicht ohne seine Papiere verlassen.

Uns bleibt nichts anderes übrig als die Wachen zu rufen und zuzusehen, wie sie ihn ohne viel Federlesens mit dem Gewehrkolben niederknüppeln und abführen. Er ist nicht der erste, der in Papers, Please auf unseren Alarm hin im Wachhaus verschwindet. Wir wissen inzwischen, dass dort auch niemand wieder herauskommt. Aber wir machen weiter unseren Job. Wir haben schließlich eine Familie zu ernähren.

Wo kaufen?
Papers, Please ist nur auf Englisch und ausschließlich online erhältlich. Sie können das Spiel wahlweise über Steam (erfordert kostenlosen Account und kann nicht weiterverkauft werden), im Humble Store (ohne Kopierschutz, enthält zudem auch einen Steamschlüssel) oder via GoG (ohne Kopierschutz) kaufen. Achievements und Ranglisten für das Endlosspiel gibt es nur in der Steamversion.

Arbeit für alle

Es ist nicht so, als hätten wir eine Wahl gehabt. Die Stelle als Grenzbeamter in der Kontrollstelle Grestin wurde uns von der Arbeitslotterie zugelost. Und zu Beginn ist sie ziemlich einfach: Gebürtige Arstotzker müssen bei der Einreise einen Pass samt Ausweis vorlegen, Ausländer bleiben kategorisch draußen. Per Maus ziehen wir die Dokumente auf unseren Schreibtisch, danach unter den richtigen Stempel - ein Klick auf den grünen gewährt Einlass, der rote zerschmettert diese Hoffnung. So geht es den ganzen Arbeitstag lang, ungefähr zehn Minuten. Wie viel Gehalt wir dafür am Abend bekommen, hängt davon ab, wie viele Fälle wir in dieser Zeit korrekt abgefertigt haben.

Papers, Please - Screenshots ansehen

Mit jedem neuen Tag erhalten wir vom Einreiseministerium neue Regeln. Arbeitsvisa, Impfbescheinigungen und Diplomatenpässe fluten unseren viel zu kleinen Tisch, wir schieben sie hektisch hin und her, gleichen sie mit dem Regelbuch und untereinander ab, suchen nach dem kleinsten Anzeichen auf eine Fälschung. Stimmen der Name, die Nummern, das Bild, das Geschlecht? Um eine Diskrepanz zweifelsfrei zu beweisen, schalten wir in den Fehlerprüfungsmodus. Darin verbinden wir etwa ein falsches Foto mit dem Gesicht des Passbesitzers und lassen prüfen, ob sie übereinstimmen.

Aus dem Leben eines Bürokraten: Aufwärmübung... Da ist das Leben noch einfach: Jeder Bewerber muss einfach nur seinen Pass vorzeigen, nur Arstotzker kriegen den grünen Stempel.

...und volles Programm Später ergießt sich ein geradezu groteskes Wirrwarr aus Dokumenten über unseren Schreibtisch.

Aber das ist nicht immer so logisch - legt uns jemand gar keine Dokumente vor, dürfen wir ihn erst abweisen, wenn wir den leeren Tisch mit dem entsprechenden Eintrag in unserem Regelbuch verbinden. Trotzdem ertappen wir uns dabei, dass uns diese stressige und eintönige Bürokratenarbeit richtig Spaß macht. Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir eine besonders gerissene Fälschung auffliegen lassen.

Lohn und Brot

Aber wieso machen wir das eigentlich? Ganz einfach, wir brauchen das Geld, um Essen, Heizung und Medizin für unsere Familie zu bezahlen. Und die ideelle Belohnung für den Dienst an Volk und Vaterland mag noch so unermesslich sein, mit schnödem Mammon sieht's deutlich dürftiger aus. Während die Überprüfung jeder einzelnen Person immer zeitaufwendiger wird und wir immer weniger schaffen, bleibt das Gehalt pro Person gleich. Einfache Komfortfunktionen, etwa ein Upgrade um den Prüfmodus per Leertaste statt Mausklick aufzurufen, können helfen - aber wir müssen sie aus eigener Tasche bezahlen. So können wir selbst nach einem harten Tag gewissenhafter Arbeit am Abend oft kein Essen auf den Tisch bringen. Zwar wird die Familie nur in einem einfachen Textfenster dargestellt ( »Sohn: Hungrig, krank« ), aber wir fühlen uns trotzdem verantwortlich.

Um mehr zu verdienen, erlauben wir uns ganz unbewusst, immer mehr zur bürokratischen Maschine zu werden: Zu Beginn geben wir Einwanderern mit falschen oder unvollständigen Papieren noch die Chance, sich zu erklären und mit einer glaubhaften Entschuldigung vielleicht doch noch reinzukommen. Aber wir müssen das nicht tun, sofortiges Abweisen spart Zeit und bringt deshalb Geld. Als uns klar wird, was wir da tun, sind wir entsetzt - machen aber trotzdem weiter, schließlich steht unsere Familie vor dem Verhungern (und damit das Spiel vor dem Aus).

Keine Privatsphäre in Arstotzka: Bei Verdacht auf Bomben oder Schmuggelware ist eine Leibesdurchsuchung angesagt. Keine Privatsphäre in Arstotzka: Bei Verdacht auf Bomben oder Schmuggelware ist eine Leibesdurchsuchung angesagt.

Einfach jeden durchzuwinken wäre zwar schneller und obendrein humaner, aber in Arstotzka bleibt kein Fehler unbemerkt und wird sofort per Telegramm abgemahnt. Zwei Fehltritte pro Tag lässt uns Vater Staat noch durchgehen, danach setzt es Geldstrafen. Schon bald halten wir nach jeder erteilten Genehmigung kurz den Atem an, das Geräusch des Telegraphenapparats lernen wir zu hassen, wie kaum einen anderen Spielesound.

1 von 4

nächste Seite


zu den Kommentaren (37)

Kommentare(32)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.