Ohne Ankündigung und großes Tamtam hat der Entwickler Uber Entertainment das Standalone-Addon Planetary Annihilation: Titans veröffentlicht. Das bringt namensgebende Titanen und viele kleinere Neuerungen mit sich, unter anderem eine bessere Spieleinführung und mehrstufige Höhenlevel.
Kann Planetary Annihilation dank Titans nun auftrumpfen, oder war der heimliche Launch nur dafür gedacht, sich um peinliche Kritik herumzuschleichen?
Planetary Annihilation oder Planetary Annihilation: Titans?
Vorsicht: Hier handelt es um den Test des Standalone-Addons Planetary Annihilation: Titans. Das Hauptspiel Planetary Annihilation haben wir uns hier in unserem Nachtest auch nochmal vorgenommen. Nach dem Release von Titans ist das Original nicht mehr käuflich erwerbbar und wurde im Shop von Uber und Steam durch Titans ersetzt. Käufer des Originals dürfen aber noch Spielen und Herunterladen, Grundlegende Updates gibt es für beide Versionen. Besitzer unterschiedlicher Fassungen können zusammen »Planetary Annihilation Classic« spielen, dahinter steckt das umbenannte Original. Der Preis von Titans beläuft sich auf 36,99 Euro für Neukunden. Wer das Original gekauft hat, bezahlt den Addon-Preis von 12,58 Euro bis zum 18. Oktober, danach wird der Vollpreis fällig. Wer Kickstarter-Backer war, bezahlt sogar gar nichts.
Das Tutorial hilft, aber nur bedingt
Auf dem Papier klingt es etwas grotesk: Planetary Annihilation kriegt erst mit der Standalone-Erweiterung Titans ein Tutorial. Zuvor hatte das durchaus komplexe Strategiespiel nur eine kurze Videopräsentation, die aber längst nicht alle wichtigen Features und Steuerungs-Tricks erklärte.
Die jetzt spielbare Einstiegshilfe ist eine kleine Minikampagne mit vorgefertigten Szenarien, in denen wir über Textfenster nach und nach die Grundlagen von Planetary Annihilation erlernen. Die Idee ist zwar gut, allerdings zeigt das Tutorial auch nicht die letzten Kniffe des Mega-Strategiespiels.
So fein durchexerziert wie die Tutorial-Kampagne eines Supreme Commander ist der Spieleinstieg längst nicht, Titans fühlt sich auch hier wie das Hauptspiel an: Man will dem großen Vorbild hinterherrennen, kommt aber auch acht Jahre später noch nicht an diese Produktionsqualität. Zur Schritt-für-Schritt-Anleitung von Einheiten wie in Starcraft 2 wollen wir lieber erst gar keine Vergleiche ziehen, hier versagt Titans komplett.
Und auch der Kampagnen-Modus Galactic War wurde nur um die neuen Inhalte des Addons erweitert, bietet aber noch keinen Anreiz über die Spielmechanik hinaus.
Zerstörung titanischen Ausmaßes
Tutorial hin oder her: Planetary Annihilation kennen wir doch schon in und auswendig, wir wollen neues Futter für die Massenschlachten! Oh, und da hat Titans einiges in petto.
Die namensgebenden Titans sind das Äquivalent zu den experimentellen Einheiten von Supreme Commander oder Total Annihilation. Fünf an der Zahl, einer pro Technologie (außer Schiff) - das mag nicht weltbewegend klingen, allerdings haben alle Titanen einen Nutzen.
Da wäre zum Beispiel der Roboter-Titan Atlas. Der Koloss stampft auf den Boden und die so entstehenden Druckwellen zerstören alles um ihn herum. Wird er nicht durch Lufteinheiten angegriffen, gegen die er machtlos ist, frisst er sich unaufhaltbar durch die Basis der Feinde.
Oder wir nutzen den Orbital-Titan Helios, der als orbitale Waffenplattform und gleichzeitig als Teleporter funktioniert. Nichts bereitet eine Invasion so einfach vor wie ein Helios, der erst die orbitale Verteidigung aushebelt und dann Massen von kleineren Einheiten unter sich ausströmen lässt.
Aber auch auf kleinerem Level liefert Planetary Annihilation: Titans neue Einheiten, insgesamt 21 Neuzugänge stehen zur Auswahl. Da wäre zum Beispiel der Schwebepanzer Drifter, der sich als einzige Landeinheit über Lava bewegen kann und so unvorsichtigen Kommandeuren in den Rücken fällt.
Oder wir nutzen die Omega, ein orbitales Schlachtschiff, das alles und jeden in Reichweite, auch auf Planeten, in Stücke schießt. Oder wir bauen die sogenannte LOB: Die Kanone verschießt statt Projektilen gleich Stufe-1-Roboter, und das auch noch schneller sie als eine Roboterfabrik produzieren könnte.
Insgesamt liefert Planetary Annihilation: Titans eine ganze Reihe frischer Einheiten für neue Strategien und Taktiken, die experimentellen Titanen sind extrem cool und jederzeit eine Bedrohung auf dem Schlachtfeld.
Schrotthändler und Metallverwerter
Uber Entertainment hat bei Planetary Annihilation: Titans aber nicht nur einfach neue Inhalte in das Spiel geworfen, sondern sich auch mit grundlegenden Mechaniken auseinandergesetzt. So wurde die anfangs schreckliche Einheiten-KI mittlerweile so weit überarbeitet, dass sie in Titans mit mehrstufigen Höhenlevels klarkommt.
Die neuen Höhenstufen helfen zudem dabei, die einzelnen Vorteile von Roboter, Fahrzeugen und Lufteinheiten herauszuheben. Und auch bei der Balance wurden die Unterschiede nochmal spezifiziert: Roboter sind günstige Massenware, Fahrzeuge langsam, stark und halten viel aus, Lufteinheiten können jederzeit, überall zuschlagen. Die Verfeinerung wurde so weit getrieben, dass jede Einheit der drei Technologie-Gruppen unterschiedliche Werte bei Baugeschwindigkeit und Ressourcen-Verbrauch hat. So fein wir das finden: Im Spiel erzählt uns das natürlich wieder keiner, trotz neuem Tutorial.
Und auch warum jetzt Kriegsschrott auf dem Schlachtfeld liegen bleibt, wird Einsteigern nicht sofort klar. Das aus Supreme Commander bekannte Feature hilft Spielern, die sich einigeln wollen, Wracks werden jetzt nämlich wiederverwertet. Planetary Annihilation ist im Herzen eine simple Kalkulation: Wer kann mehr Metall abbauen und wer kann mehr Einheiten aus dem Metall produzieren? Wer sich im Original verschanzte, gab die Eroberung neuer Metallproduktionsstätten auf, nun können aber auch Verteidiger dank der Wracks Nachschubquellen anzapfen. Ohne die Schilde- und Stealthtechnologien eines Supreme Commanders ist Planetary Annihilation zwar noch immer nichts für Fans von Einigelungs-Taktiken. Und verteidigen gipfelt nun aber nicht mehr ganz so zwingend in einer Niederlage.
Wer im Mehrspieler konsequent angreift als Deckung zu suchen, sollte übrigens den neuen Bounty-Spielmodus ausprobieren. Dahinter verbirgt sich eine Art Frei-für-alle-Masschenschlacht, die Spieler mit einem Multiplikator für die Ressourcen-Produktion belohnt, wenn sie einen feindlichen Commander auslöschen. Hier hilft kein Verschanzen, das Besiegen eines Commanders gibt uns handfeste Vorteile gegenüber unseren Mitstreitern, die wir mit unserer Wirtschaftsmacht nach einigen Kills erdrücken. Bounty ist ein feiner Neuzugang, der mit einer ganz simplen Mechanik für Spannung sorgt.
Planetary Annihilation: Titans - Screenshots aus der Standalone-Erweiterung ansehen
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