Als Ende 1992 die hundertste Ausgabe des traditionsreichen US-Spielemagazins Computer Gaming World erscheint, ist sich Redakteur Craig Engler sicher: 1994 wird Virtual Reality erschwinglich werden. Schließlich arbeiteten gerade mindestens ein halbes Dutzend Tech-Firmen an Endkonsumenten-Hardware, die in etwa zwei Jahren für 500 bis 1.000 Dollar auf den Markt komme.
Eine spannende Doppelseite wird dem Thema VR gewidmet, das wohl »ein gewaltiger Schritt in der Evolution von Gaming und Entertainment« werde - auch wenn der Preis zum aktuellen Zeitpunkt noch immens hoch sei. Rund 60.000 Dollar kostet 1992 die einzige relevante Virtual Reality-Gaming-Hardware, die vom Unternehmen Virtuality aus dem mittelenglischen Leicester gefertigt wird.
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Virtuality wird 1987 als W.Industries gegründet, wobei das W für den damals 26-jährigen Dr. Jonathan Waldern steht, der sich seit Jahren mit dem Thema VR beschäftigt und Anfang desselben Jahres als einer der ersten Tüftler einen Patentantrag für ein Virtual-Reality-Headset einreicht. Oder besser für eine »Methode und einen Apparat zur Wahrnehmung computergenerierter Bilder« mittels eines mit Bildschirmen ausgestatten Helmes, dessen Position im Raum registriert wird.
Die Worte »Virtual Reality« fallen in seinem Antrag noch nicht, schließlich wird der Begriff gerade erst durch Tech-Pionier Jaron Lanier geprägt, der mit seiner Silicon-Valley-Firma VPL Research an zukunftsweisender Hardware wie einem Datenhandschuh oder einer Brille mit dem kuriosen Namen »EyePhone« werkelt.
Wenngleich es sich bei der VPL-Arbeit um »ernsthafte« Forschung handelt, übernehmen beide Geräte kleinere Rollen in der Unterhaltungsindustrie. Die Handschuh-Technologie findet Eingang in den Power Glove - einen skurrilen Controller, den Mattel 1989 für die NES-Konsole veröffentlicht. Und das EyePhone schnallt sich Pierce Brosnan im 1992er-Cyber-Horrorstreifen »Der Rasenmäher-Mann« vors Gesicht.
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Der Traum vom Drinsein
Nicht nur die CGI-schwere Umsetzung einer Stephen King-Kurzgeschichte zeigt, dass Anfang der 1990er die Zeit einfach reif ist für Virtual Reality. William Gibsons Cyberpunk-Roman »Neuromancer«, Filme wie »Tron« und »Robocop« oder der computergenerierte TV-Held Max Headroom nähren im vorhergehenden Jahrzehnt den Wunsch nach dem vollständigen Eintauchen in den digitalen Kosmos, füttern mehr und mehr den Traum der totalen Immersion. Und der rasante technische Fortschritt erleichtert zunehmend die Schaffung überzeugender 3D-Kulissen.
Doch trotz regelmäßiger Verdoppelung der Rechenleistung fehlt immer noch die Hardware, die einen direkt in die polygonalen Parallelwelten versetzen kann. Waldern experimentiert viele Jahre, Mitte der 80er lässt er den VR-Nutzer noch auf einen Schwarz-Weiß-Bildschirm blicken, der Teil eines Elektronik-Ungetüms ist, das auf Rollen durch einen abgesteckten Raum manövriert wird.
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