Ich bin in ein Strategiespiel vernarrt, das auf Steam fast niemand mag

Manche Spiele fallen auf Steam durch - und das aus guten Gründen. Romance of the Three Kingdoms 14 ist so ein Fall. Und ich mag es trotzdem sehr!

Erst dachte ich, das Spiel sei gut - aber es ist furchtbar!

Wird extrem schnell langweilig.

Dieses Spiel ist unerwartet schrecklich.

Selbst mit Addon fehlt hier einfach die spielerische Tiefe.

Das sind nur einige der über 5.000 negativen Steam-Reviews zum neuesten Romance of the Three Kingdoms. Das Hauptspiel erklimmt immerhin mit Mühe und Not den ausgeglichenen Bereich, das Addon steht derzeit bei Sehr negativ, die Season Passes brennen ebenfalls feuerrot. Romance of the Three Kingdoms 14 ist ein sehr unbeliebtes Strategiespiel - und nachdem ich mich ausführlich reingefuchst habe, kann ich sagen: Die Leute haben recht.

Auf keinen Fall solltet ihr für dieses Spiel den vollen Preis von 60 Euro, geschweige denn 100 Euro mit Addon ausgeben! Selbst im Steam Sale gilt: Überlegt euch den Kauf sehr, sehr gut.

Auf der anderen Seite kann man mit Romance of the Three Kingdoms 14 viel Spaß haben - das weiß ich, denn ich habe viel Spaß damit. Ihr müsst nur sehr genau wissen, worauf ihr euch einlasst. Aber dafür sind wir ja heute hier, also schnappt euch was zu trinken, legen wir los.

Dimitry Halley
Dimitry Halley

Dimi gibt viel zu viel Geld aus, um sich in neue Themen reinzufuchsen, beispielsweise die chinesische Antike (alleine die deutsche Version des Romance-Buches kostet 100 Öcken). Aber oft lohnt sich das Investment, weil faszinierende neue Filme, Bücher und vor allem Spiele jenseits des Tellerrandes warten. Romance of the Three Kingdoms 14 hat definitiv viele Ecken und Kanten, aber für ihn hat sich die Reise gelohnt.

Was ist Romance of the Three Kingdoms 14?

Seit 1985 will Romance of the Three Kingdoms eigentlich immer das Gleiche: eine der kriegerischsten chinesischen Epochen als Strategiespiel umsetzen - die Zeit der drei Reiche. Im Zeitraum von 190 bis 210 n. Chr. zerfiel das Han-Kaiserreich und mehrere Warlords kämpften um die Kontrolle über das zerstrittene Land. Durch den Roman Die Geschichte der Drei Reiche (etwa 17. Jahrhundert) wurden die Geschehnisse in literarisierter Form zu einem der Nationalepen Chinas - Charaktere wie Cao Cao, Liu Bei oder Dong Zhuo gehören zum Kulturgut.

Tja, und in Romance of the Three Kingdoms kann ich einer dieser Warlords sein. Jeder der 14 Serienteile setzt eigene Schwerpunkte - mal mehr Rollenspiel, mal mehr RTS. Teil 14 schippert als rundenbasierte Grand Strategy hingegen eher im Fahrwasser eines Civilization.

Ihr wählt die Routen eurer Truppen und legt fest, in welcher Reihenfolge sie marschieren. Ihr wählt die Routen eurer Truppen und legt fest, in welcher Reihenfolge sie marschieren.

Ich wähle mir zu Beginn einer Partie ein Startdatum, beispielsweise die berühmte Rebellion der gelben Turbane, danach schlüpfe ich in die Schuhe eines Fürsten und dann geht's schon los: Auf einer gigantischen China-Karte verwalte ich Städte, plane Marschrouten für meine Truppen, knüpfe Allianzen und erobere Zug um Zug ganz China.

Züge finden übrigens gleichzeitig statt - ich muss also permanent überlegen, wie die KI wahrscheinlich Truppen bewegt und Schwerpunkte setzt. Kämpfe laufen automatisch ab: Ich rekrutiere meine Heere, wähle eine Formation (einige sind vor allem im Angriff gut, andere in Gebirgen und so weiter), bestimme eine Route und ein grundlegendes Verhalten (Aggressiv, Defensiv) und dann reagieren die Kollegen selbstständig auf Feindkontakt.

Durch bestimmte Aktionen oder Gegenstände verbessern meine Offiziere ihre Fähigkeiten - und mit dem Addon Diplomacy & Strategy könnt ihr mit Rom, Indien, den Parthern und Stämmen in den Randgebieten Chinas handeln. Klingt nach viel Gameplay-Fleisch auf den Rippen? Nun, der Schein trügt - und genau hier liegt die Peking-Ente begraben.

Warum hassen die Leute das Spiel?

Romance of the Three Kingdoms 14 ist seicht. Sehr seicht. Und darüber regen sich die Leute völlig zurecht auf, denn wer hier auf Basis der Vorgänger oder der Konkurrenz ein tiefes Strategiespiel erwartet, wird wahrscheinlich schon in der ersten Partie gelangweilt Alt+F4 drücken. Ich habe (noch) keine Spionagemaus in Koei Tecmos Studios, aber kann mir gut vorstellen, die Leitlinie für Teil 14 hieß Macht alles so simpel, dass ein Schimpanse es versteht - sowie Dimi von der GameStar.

Im Endeffekt wollt ihr im Spiel die Karte anmalen. Im Endeffekt wollt ihr im Spiel die Karte anmalen.

Ich kann im Spiel zwar Städte verwalten, Allianzen schmieden und Spionage betreiben, aber im Endeffekt sind das jede Runde die immer gleichen Klicks ohne spannende Abwägungen. Die Städteverwaltung lässt sich beispielsweise darauf runterbrechen, dass ich einen Offizier drauf ansetze, die Wirtschaft einer Siedlung anzukurbeln ... und das macht der dann. Außerdem muss ich mich ohnehin nur auf Gold konzentrieren - alle anderen Ressourcen (wie Versorgungsgüter oder Truppen) lassen sich damit langfristig problemlos scheffeln.

Auch die Vorschläge meiner Berater wiederholen sich alle zwei Züge, es gibt eigentlich immer klare Favoriten, selten spannende Risiken in der Diplomatie. In seinen schlimmsten Momenten ist Romance 14 einfach eine lahme Klickorgie, die sich nur mit GameStar-Podcast auf dem Ohr ertragen lässt.

Wieso zum Geier verteidige ich dieses halbgare Spiel?

Ich bin kein Hardcore-Stratege. Mir geht der Reiz an genialen Taktiken ab, weil ich schon bei Schach kaum drei Züge vorausplanen kann. Ich spiele Strategiespiele anders als Shooter, Rollenspiele oder Fighting Games auf normalem Härtegrad.

Aber ich liebe Kopfkino - wie jüngst erst bei Dawn of War!

Und hier brilliert Romance of the Three Kingdoms 14 auf ganz andere Art als das fantastische Total War: Three Kingdoms: Ich kann mich ohne Übertreibung in Hunderte historische Offiziere, Männer und Frauen mit einzigartigen Porträts und Hintergrundgeschichten hineinversetzen, während ich mein Reich verwalte.

Kämpfe laufen automatisch ab, aber die Formation entscheidet über Siegchancen. Kämpfe laufen automatisch ab, aber die Formation entscheidet über Siegchancen.

Alles in diesem Spiel läuft über Offiziere. Nach einer monatelangen Belagerung konnte ich beispielsweise in einer Entscheidungsschlacht die Bergfestung Wuwei einnehmen und dessen Lord Ma Teng inhaftieren. Mit der Zeit habe ich Ma Teng von meiner Sache überzeugt - und acht Jahre später führen seine Kinder Ma Chao und Ma Yunlu als Bruder und Schwester mein östliches Heer an.

Oder Oberbösewicht Lu Bu, den ich vorlagengetreu zum Vatermord getrieben habe, nur um ihn dann als Offizier zu rekrutieren und gegen die eigenen ehemaligen Verbündeten in die Schlacht zu schicken. Oder meine Gattin Liushi, die historisch meine anderen fünf Gattinnen umbringen würde, in meinem Spiel aber erstmal in jahrelangen gefährlichen Reisen die Beziehungen zu Rom verwaltet.

Wie in Europa Universalis 4 gibt's außerdem haufenweise historische Story-Events, die ihr unter bestimmten Voraussetzungen aktivieren könnt.

Natürlich solltet ihr ein bisschen Interesse mitbringen, euch in diese für viele recht ferne Ära reinzufuchsen - aber hey: Es muss ja nicht immer europäisches Mittelalter sein, Leute.

Für wen eignet sich das denn jetzt?

Romance of the Three Kingdoms 14 hat ein großes Problem: Es ist zu teuer. Für das Hauptspiel zahlt ihr schlappe 60 Euro, zusammen mit den DLCs satte 100 Öcken. Und das große Addon Diplomacy & Strategy beschert euch bloß ein paar neue Handelsoptionen und Perks. Paradox würde für sowas einen Zehner verlangen, keine 35 Euro.

Solche Duelle sehen spektakulär aus, sind aber nicht-interaktive Glücksspiele. Solche Duelle sehen spektakulär aus, sind aber nicht-interaktive Glücksspiele.

Grand-Strategy-Fans bekommen mit Europa Universalis 4 ein 100 mal umfangreicheres Paket, Militärstrategen greifen zu Total War: Three Kingdoms und selbst Kopfkino-Fans schießen mit Crusader Kings 3 im Sale definitiv den besseren Deal.

Meine Empfehlung: In saisonalen Steam Sales bekommt ihr das Hauptspiel in der Regel für unter 40 Euro. Ihr solltet über den Kauf nachdenken, wenn ihr:

  • Eure eigene Kopfkino-Game-of-Thrones-Fantasie mal im antiken China ausleben möchtet.
  • Ihr ein eher seichtes Strategiespiel sucht, bei dem ihr parallel Podcasts hören könnt.
  • Ihr mehr über die Geografie und Geschichte von China lernen möchtet.
  • Ihr einen Einstieg in Koei Tecmos Romance-Saga sucht, zu der im weitesten Sinne auch Dynasty Warriors gehört.

Und falls ihr das alles furchtbar uninteressant findet - ich kann die kritische Position wirklich nachvollziehen -, dann spielt eben stattdessen Hunt: Showdown.

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