Seite 2: Shadowrun Returns im Test - Dieser Starter kickt uns nicht

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Decker decken selten

Was uns wiederum zum Charaktersystem bringt, das ein ähnliches Schicksal erleidet: in der Theorie wunderbar komplex, in der Praxis viel zu eindimensional. Zwar dürfen wir zu Spielbeginn aus fünf Rassen und sechs Klassen auswählen (alternativ können wir auch eine eigene Klasse entwerfen) und anschließend sechs Attribute mit insgesamt 20 Fähigkeiten ausbauen, aber handfeste spielerische Unterschiede ergeben sich dadurch nur selten.

Ob wir die wie von der Tarantel gestochen auf uns zustürmenden Gegner nun mit dem Sturmgewehr, der Maschinenpistole oder einem Zauberspruch wegsensen, bleibt sich nämlich ziemlich egal. Greifen wir hingegen auf ungewöhnliche Archetypen wie den Rigger (kontrolliert kleine Kampfdrohnen) oder den Decker (quasi die Hacker des Shadowrun-Universums) zurück, machen wir uns das Leben nur unnötig kompliziert.

Coole Idee, schwache Umsetzung: In der Matrix kämpfen wir gegen Alarmprogramme und virtuelle Wachen. Leider viel zu selten. Coole Idee, schwache Umsetzung: In der Matrix kämpfen wir gegen Alarmprogramme und virtuelle Wachen. Leider viel zu selten.

Gerade der Decker ist dabei ein schönes Beispiel für eine tolle Idee, die es nie so richtig ins Spiel geschafft hat. Eigentlich soll sich der Bursche nämlich in die sogenannte Matrix hacken können, um dort beispielsweise Geschütztürme umzuprogrammieren oder lästige Alarmsystem auszuknipsen. Das Problem: Erst im letzten Drittel des Spiels gibt's überhaupt die Gelegenheit dazu. Davor sind die investierten Skillpunkte quasi für die Katz, nur bei gelegentlichen Fähigkeitsproben (etwa wenn wir auf einen passwortgeschützten Computer zugreifen wollen) spielt das »Decking« eine Rolle, aber diese Situation lassen sich problemlos auch anders lösen. Da passt es ins Bild, dass wir im Story-Verlauf zwar mehrfach in die Matrix müssen, uns das Spiel dann allerdings einfach einen Decker als vorübergehendes Party-Mitglied zur Verfügung stellt.

Endstation Sackgasse

Vor vielen Missionen können wir unsere Nuyen in Söldner-Verstärkung investieren. Die ist aber sehr teuer. Vor vielen Missionen können wir unsere Nuyen in Söldner-Verstärkung investieren. Die ist aber sehr teuer.

Apropos Party-Mitglieder: Die stoßen im Rahmen der Geschichte nicht nur automatisch zu uns, sondern müssen gelegentlich auch in der Basis angeheuert werden - und das kostet Nuyen, die Währung der Shadowrun-Welt. Haben wir gerade keine Nuyen (etwa weil wir sie vor der letzten Mission für Söldner ausgegeben haben und im Missionsverlauf keine fanden), dann kann das im schlimmsten Fall in eine Sackgasse führen, weil der nächste Einsatz durch die Masse an Feinden alleine nicht zu schaffen ist.

Kein Problem, könnte man jetzt denken, dann laden wir einfach einen alten Spielstand. Denkste. Aus unerfindlichen Gründen nutzt Shadowrun Returns nämlich ein Autosave-System, freies Speichern ist nicht möglich. Der Autosave wird beim Betreten einer neuen Karte angelegt, wollen wir weiter zurückspringen, dann müssen wir zum Beginn der vorletzten Karte zurückspulen.

Sterben wir also am Ende einer Mission, zum Beispiel, weil uns der letzte Gegner zufällig mit einem kritischen Treffer niederstreckt, heißt es: alles nochmal von vorne. Im oben genannten Beispiel mit den Geldproblemen mussten wir sogar drei Abschnitte noch einmal spielen - ebenso unnötig wie frustrierend.

Fast wie ein Adventure: Am Missionsziel angekommen klappern wir häufig Hotspots ab. Fast wie ein Adventure: Am Missionsziel angekommen klappern wir häufig Hotspots ab.

Oje: Ein Verriss?

Klingt alles nach einem Verriss? Jein. Hätte Shadowrun Returns keine tolle Story, keine erstklassigen Dialoge und trotz der sterilen Spielwelt keine teils zum Schneiden dichte Atmosphäre - es wäre vielleicht einer. Wenn Sie bei einem Rollenspiel genau nach diesen Werten suchen, dann lohnen sich die knapp 20 Euro allemal.

Spielerisch hingegen bleibt Shadowrun Returns weit unter seinen Möglichkeiten - und auch weit unter dem, was Genre-Klassiker wie Fallout oder Baldur's Gate schon vor fünfzehn Jahren geboten haben. Dabei wären eigentlich alle Geschütze in Position, ein komplexes Charaktersystem, eine grundsolide Rundenmechanik und ein Szenario mit beinahe endlosen Möglichkeiten. Vielleicht schaffen die Fans über den mitgelieferten Editor ja das, woran Entwickler Harebrained Schemes letztlich gescheitert ist: eine starke Geschichte mit einem »richtigen« Rollenspiel zu untermauern.

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