Shadowrun Returns im Test - Dieser Starter kickt uns nicht

Shadowrun Returns erzählt eine tolle Geschichte und kommt dem Cyberpunk-Charme der Vorlage sehr nahe, offenbart im Test aber schwache Rundenkämpfe und ein Speichersystem aus der Hölle.

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Es wäre unfair, Shadowrun Returns mit modernen Rollenspielen zu vergleichen. Denn das von Fans über Kickstarter finanzierte Zwei-Millionen-Dollar-Projekt will gar kein Dragon Age oder The Witcher 2 sein, sondern ein klassisches Oldschool-Vergnügen mit isometrischer Grafik, taktischen Rundenkämpfen und textlastigen Dialogen. Ein Fallout oder Baldur's Gate eben, kein Mass Effect. Das Problem an der Sache: Shadowrun Returns wäre auch vor zehn Jahren kein besonders gutes Rollenspiel gewesen.

An der Story liegt das freilich nicht, denn die ist großartig. Was mit einer Nachricht aus dem Grab beginnt, entwickelt sich im weiteren Spielverlauf zu einer spannenden Serienkiller-Geschichte und endet schließlich in einer herrlich hanebüchenen Verschwörung - passt perfekt in die Cyberpunk-Stimmung der Pen&Paper-Vorlage, auch wenn manche Wendungen mit dem Zaunpfahl telegraphiert werden.

Die englischen Dialoge sind übrigens ausgezeichnet geschrieben (eine deutsche Übersetzung ist zwar geplant, soll aber noch einige Monate dauern) und fangen das Shadowrun-Flair mit typischen Slang-Ausdrücken wie »drek« wunderbar ein. Wer von Shadowrun Returns also in erster Linie eine gute Geschichte mit interessanten Figuren erwartet, der wird nicht enttäuscht.

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Steam-Pflicht
Shadowrun Returns ist momentan ausschließlich über Steam erhältlich. Der Preis liegt bei 19 Euro. Nach der einmaligen Online-Aktivierung lässt sich das Spiel auch offline starten, aber nicht weiterverkaufen. Unterstützer des Kickstarter-Projektes erhalten neben der Steam-Version auch eine DRM-freie Kopie.

Hermetisch abgeriegelte Spielwelt

Wer allerdings ein gutes Rollenspiel im Stile der Klassiker aus den 90ern erwartet, den dürfte schon die strenge Linearität ernüchtern. Das virtuelle Seattle findet auf hermetisch abgeriegelten Karten statt, eine echte Spielwelt existiert nicht, wir dürfen zu den meisten besuchten Orten auch nie mehr zurückkehren. Selbst unsere Basis in Form einer Kneipe lässt sich nicht frei bereisen; wollen wir etwa neue Waffen kaufen, dann müssen wir warten, bis uns das Spiel dort wieder hinführt.

Hinzu kommt, dass die vergleichsweise kleinen Karten trotz ihres stimmigen Iso-Looks ungewöhnlich steril wirken, denn abseits der vorgegebenen Quest-Ziele gibt es fast nichts zu entdecken. Die wenigen, oberflächlichen Nebenaufträge erledigen wir beinahe automatisch, und wenn wir zufällig mal über eine Granate oder ein bisschen Klimpergeld in einer Schublade stolpern, dann bleibt das schon deshalb in Erinnerung, weil es so selten passiert. Das Gefühl, tatsächlich eine fremde, spannende Welt zu erforschen, will sich trotz der dichten Atmosphäre nie so recht einstellen.

Die vergleichsweise kleinen Karten wirken oft steril, es gibt abseits des aktuellen Ziels nur wenig zu entdecken. Die vergleichsweise kleinen Karten wirken oft steril, es gibt abseits des aktuellen Ziels nur wenig zu entdecken.

Dumm wie Bürsten

Die wirklich gravierenden spielmechanischen Probleme von Shadowrun Returns beginnen aber bei den Kämpfen. Prinzipiell ist das rundenbasierte System clever gedacht: Wir haben pro Runde zwei Aktionspunkte, können also mit dem einen laufen und mit dem anderen schießen. Oder umgekehrt. Oder wir laufen doppelt so weit. Oder schießen zweimal. Das erinnert in Grundzügen an XCOM und funktioniert eigentlich prima - wenn die Gegner nicht dumm wie Bürsten wären und das Leveldesign taktische Finesse erlauben würde.

Typisch: Gerade haben uns ein paar Gegner überrascht, laufen aber nicht in Deckung, sondern genau vor unsere Flinten. Typisch: Gerade haben uns ein paar Gegner überrascht, laufen aber nicht in Deckung, sondern genau vor unsere Flinten.

Fangen wir mit den Gegnern an: Die rennen in unserer Testversion mit akuter Vorliebe schnurstracks in den Kugelhagel, nutzen die vorhandene Deckung nur unter Protest und kommen sich auch gar nicht blöd dabei vor, mit Schrotflinten aus optimistischer (sprich: aussichtsloser) Entfernung an uns vorbeizuschießen. Anspruchsvoll ist das Ergebnis bloß auf den höchsten Schwierigkeitsgraden - und dann auch nur deshalb, weil die Gegner unfaire Vorteile genießen.

Womit wir beim Leveldesign wären: Vielfach schließen sowohl die unglücklich platzierten Deckungsmöglichkeiten als auch die Position der Gegner eine taktische Vorgehensweise abseits von »wir verschanzen uns hier und ballern sie der Reihe nach um« aus. Flankieren oder gar in die Zange nehmen ist dann einfach nicht drin - und auch gar nicht nötig, weil die Kerle ohnehin wie von der Tarantel gestochen auf uns zustürmen.

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