Warum Die Sims 5 es schwer haben wird - Erfolg hin oder her

EA kann nicht mehr so weitermachen. Sims 5 braucht eine ganz neue Identität, um sich gegen seinen größten Konkurrenten Sims 4 behaupten zu können, findet Géraldine.

Irgendwo da draußen lauert der offizielle Reveal von Die Sims 5. Und vor Aufregung möchte ich am liebsten alle Pool-Leitern entfernen, meine fleischfressende Kuhpflanze entstauben und zum nächsten Spiel meiner liebsten Sportmannschaft Die Lamas fahren.

Aber auf halbem Weg zum Stadion werde ich nachdenklich. Kann Sims 5 wirklich so großartig werden? Was muss es leisten, damit ich mich ein weiteres Mal in die Reihe verliebe? Und welchen Sport spielen die Lamas denn nun eigentlich genau?

Eins ist klar: Die Sims 5 dürfte wie bisher jeder Teil ein finanzieller Erfolg werden. Aber es ist komplizierter als das. Denn gerade als Kassenschlager könnte es der Serie sogar schaden.

Die Autorin:
Géraldine hat zu jedem Sims-Teil eine abendfüllende Geschichten parat. Wie sie in Sims 2 jahrelang eine eigene Stadt mit handgebauten Geschäftsvierteln, Amüsiermeilen und Urlaubsorten aus dem Boden stampfte und jedem noch so unwichtigen Bowlingbahn-Angestellten eine liebevoll eingerichtete Wohnung und eine wilde Hintergrundgeschichte aufdrückte.

Wie sie ihren Spielstand in Sims 3 so dermaßen mit Mods zumüllte, dass ihre Sims nach einer dramatischen und völlig verbuggten Hochzeitsfeier implodierten und nie wieder auftauchten. Nicht einmal nischige Spin-Offs auf dem Gamecube, Game Boy Advance und DS sind vor ihr sicher. Da sie aber niemand zum Sims-Podcast eingeladen hat, erzählt sie ihre ausschweifenden Geschichten zur Strafe meist einfach ihren Kollegen. Oder schreibt Kolumnen.

Das ungeschriebene Sims-Gesetz

Alle 3 bis 5 Jahre ein neues Sims - dazwischen stapelweise Erweiterungen und Accessoires-Packs für den aktuellen Teil. So verlangt es das ungeschriebene Sims-Gesetz seit 20 Jahren. Aber nicht nur, weil es irgendwann mal jede relevante Erweiterung gibt und man schließlich auf Verzweiflungstaten wie H&M-Accessoires-Packs oder Katy-Perry-Addons ausweicht, sondern weil jeder neue Sims-Teil immer der nächste logische Schritt war.

Nachdem Die Sims im Jahr 2000 das Erfolgskonzept Lebenssimulation auf den Weg brachte und zum meistverkauften PC-Spiel aller Zeiten wurde, schrieb Sims 2 2004 die Blaupause für jedes moderne Sims. Der ganz spezielle Sims-3D-Look, Genetik und Nachbarschafts-Geschichten begleiten uns bis heute durch die Reihe. Sims 3 wollte 2009 mehr - plötzlich hatten wir absurde Freiheiten in der Gestaltung von Sims, Kleidung, Möbeln und Häusern.

Jeden Schnürsenkel durften wir mit Tausenden und Abertausenden von Materialien, Mustern, Farben individualisieren, bis er genau der blumige, grün-blaue Leder-Schnürsenkel unserer Träume war. Todesmutig warf man außerdem die Ladezeiten über Bord, Open World ahoi! Die ließ die Framerate zwar meistens in den einstelligen Bereich droppen, aber hey - verdammt beeindruckend war das trotzdem.

Die Sims 4 wird bald 5 Jahre alt - Vom Debakel zum Dauerbrenner Video starten 9:40 Die Sims 4 wird bald 5 Jahre alt - Vom Debakel zum Dauerbrenner

2014 reparierte Sims 4 also, was in Sims 3 technisch nicht gut funktioniert hatte: Gestaltungsmöglichkeiten und die offene Welt wurden zurückgefahren, spielerische Freiheit und das Erleben eigener Geschichten standen wieder im Vordergrund. Was uns Spielern nun die Wahl zwischen 3 verschiedenen Sims-Teilen lässt, die allesamt ihre eigene Identität und Daseinsberechtigung haben. Warum also brauchen wir unbedingt ein Sims 5?

Damit kommt Sims nicht mehr durch

Die Antwort ist: Wir brauchen (eigentlich) keines. Die Sims 4 wird noch immer mit Addons und Updates versorgt und erfreut sich einer riesigen Spielerschaft. Selbst Sims 2 und 3 werden weiterhin gespielt - die meisten Fans haben irgendwann einen der Teile zu ihrem Lieblings-Sims erkoren und sich mit allen Addons eingedeckt, die sie brauchen. Das heißt, das Verständnis für Sims als Service Game muss sich ändern.

Drei Jahre nach Release von Sims 4 durften wir uns endlich Haustiere dazukaufen - für eine Lebenssimulation eigentlich ein essenzielles Feature. Drei Jahre nach Release von Sims 4 durften wir uns endlich Haustiere dazukaufen - für eine Lebenssimulation eigentlich ein essenzielles Feature.

Die Bereitschaft, noch einmal bei null anzufangen, mit einer Handvoll Standard-Outfits und einer Stadt, dürfte mittlerweile ziemlich gering sein. Wieder und wieder zur Kasse gebeten werden, nur um wie im Falle von Sims 4 drei Jahre auf Inhalte wie Haustiere zu warten? Das lässt mich nicht gerade vorfreudig mit den Knien wippen.

Info am Rande: Will man die volle Sims-4-Erfahrung, gibt man für alle Erweiterungen, Gameplay-Packs und Accessoires-Packs derzeit genau 700 Euro aus (Inhalte, die mit Ingame-Währung gekauft werden, nicht mit eingerechnet). Das macht Die Sims 4 zu einer der teuersten Simulationen aller Zeiten.

Und bessere Grafik lasse ich hier nicht als Argument gelten. Wenn wir mal ehrlich sind, waren die optischen Sprünge seit Sims 2 nie besonders groß und werden es vermutlich auch nie sein. Zum einen verfehlt ein fotorealistisches Sims die Wünsche der meisten Fans - ein gewisses Maß an Stilisierung gehört schließlich dazu, um nicht knietief im Uncanny Valley zu versinken. Zum anderen würde das in der Umsetzung zu einem ganzen Haufen Probleme führen, die Sims mit seiner Cartoon-Grafik bisher erfolgreich umschifft.

Sims 4 Sims 4
Sims 3 Sims 3

Zwischen Sims 3 und 4 gab es keine riesigen grafischen Sprünge. Sims 4 schraubte sogar den Detailgrad weiter zurück, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Sims 5 braucht also mehr als nur ein paar hübsche Raytracing-Effekte, es braucht ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Andernfalls wird es nur ein kurzfristiger finanzieller Erfolg, der nicht genug eigene Power hat, um Spieler wieder über Jahre an sich zu binden und das noch immer fantastisch laufende Sims 4 kannibalisiert. Das kann EA sich nicht erlauben und offenbar wissen sie das selbst. Denn es gibt bereits erste Anzeichen dafür, wie sie Sims 5 als eigene Marke an den Start bringen wollen.

Wird Die Sims 5 ein MMO?

Die Katze ist noch nicht mal aus dem Sack (klar, dafür bräuchte es ja auch das Haustiere-Addon) und doch gibt es schon Gerüchte zu einem Sims 5 mit Multiplayer. In einem Investoren-Call sprach der EA-CEO Andrew Wilson über die Möglichkeit, Online-Features fest in die Zukunft der Sims-Reihe zu integrieren. Heißt das, uns erwartet ein Sims-MMO im Stile von Second Life?

Zum Glück äußerst unwahrscheinlich. Die Hauptmotivation für Sims liegt laut Wilson in »Inspiration, Kreation und Selbstverbesserung und weniger in sozialen Interaktionen und Konkurrenzkampf«. Und Recht hat er. Obwohl man laut Wilson diesen Prinzipien treu bleiben wolle, könnten einige soziale Features, wie sie bereits 2002 im Projekt Die Sims Online auftauchten, ihren Weg in die Sims-Serie finden. Schön und gut, aber wie können wir uns das vorstellen?

Im Idealfall kann das bedeuten: Die Sims 5 kommt mit optionalen Multiplayer-Servern, auf denen sich vier oder fünf Spieler eine Stadt teilen. Stardew Valley macht bereits seit Jahren vor, wie es geht. Dort spielen wir allein und doch gemeinsam. Können unter uns bleiben oder gemeinsam Projekte stemmen. Um das Herz eines Junggesellen konkurrieren oder uns einfach gegenseitig heiraten.

Im schlimmsten Fall heißt das: Ich lande mit einem Haufen fremder Leute in einer Shared World, muss mich mit ungeliebten Online-Features wie Mikrotransaktionen und Abo-Modellen herumschlagen und Sims verliert endgültig seinen gemütlichen Sandbox-Charme.

Die ungewisse Zukunft von Sims

Versteht mich bitte nicht falsch - ein Teil von mir möchte auch, dass Sims sich niemals ändert. Ich bin ebenfalls versucht, mir einfach ein Sims 2 in besserer Grafik zu wünschen. Bei meiner Kuhpflanze, ich würde es auch kaufen und mit mir genug andere Spieler, um Sims 5 zu einem finanziellen Erfolg zu machen.

Aber EA kann nicht ewig so weitermachen. Wenn Sims 5 sich nicht klar positioniert, werden die Spieler früher oder später zu Sims 2, 3 und 4 zurückkehren - denn da gibt es immerhin schon Haustiere. Sollte Sims 5 aber genau ins Schwarze zwischen einem einfachen Abklatsch und einem überladenen MMO treffen - dann werde ich ihm im Lama-Stadion aus der ersten Reihe zujubeln.

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