SOS: Spiele vs. Ethik - Kolumne zur Kinderdorf-Absage

Computerspiele gelten als schlecht und böse. Ein Ruf, von dem sich auch der SOS Kinderdorf e.V. beeindrucken lässt.

Die SOS-Kinderdörfer haben kürzlich einen kostenfreien Werbeplatz auf der Website Gamersunity abgelehnt (wir berichteten). Dabei sollte man annehmen, dass eine Hilfsorganisation eigentlich nie genug Unterstützung bekommen kann. Offensichtlich passt Gamersunity einfach nicht zum Image der SOS-Kinderdörfer. In einer offiziellen Stellungnahme begründet ein Sprecher die Entscheidung: Gamersunity enthalte »ethisch nicht vertretbare Inhalte«.

Angeblich werden auf Gamersunity menschenverachtende Spiele präsentiert, mit denen die SOS-Kinderdörfer nicht in Verbindung gebracht werden wollen. Den Verantwortlichen dort ist anscheinend entgangen, dass sowohl Gamersunity, als auch GameStar.de, auf jegliche Berichterstattung zu indizierten Spielen verzichtet -- oder sie haben schlicht keine Ahnung, wovon sie reden. Außerdem werden dort alle in Deutschland veröffentlichten Spiele behandelt, ohne ein bestimmtes Genre (wie etwa Shooter) zu favorisieren. Als wir die Seite anklickten, galt der größte Artikel auf der Startseite »Rock Revolution« - einem Musikspiel.

Lieber Rambo als Computerspiele Lieber Rambo als Computerspiele

Dem Vorwurf, dass gewalthaltige Inhalte auf der Seite zu finden seien, kann sich Gamersunity natürlich nicht entziehen. Bleibt die Frage, warum es ethisch vertretbar ist, auf Fernsehsendern Werbung zu schalten, in deren Programm schon Nachmittags ein Mord den nächsten erschlägt und abends Filme wie »Rambo« (um ein noch eher harmloses Beispiel zu nennen) laufen - ohne jegliche Alterskontrolle.
Diese Reaktion zeigt exemplarisch, wie verrufen und vorurteilsbehaftet unser Hobby in Teilen der Gesellschaft immer noch ist. Das liegt zu einem Großteil an der Berichterstattung in den Massenmedien. So nannten bei einer Emnid-Umfrage von tausend Teilnehmern immerhin 34 Prozent »Gewaltverherrlichende Computerspiele« als Hauptursache für die unfassbaren Gewalttaten von Winnenden und Erfurt. Das ist mit 4 Prozent Vorsprung Platz Eins vor den »Eltern« (30 Prozent) und »Filme, Medien, Internet« (18 Prozent). So stark wirkt also das reflexartige Wiederholen von völlig unbewiesenen Behauptungen.

Von den Verantwortlichen bei SOS-Kinderdorf dürfen wir indes erwarten, dass sie sich differenzierter informieren, bevor sie Entscheidungen treffen, die letztlich ihren Schutzbefohlenen, nämlich den Kindern, denen die so entgangenen Werbeeinahmen ja zugute hätten kommen sollen, schädigen. So wie das die Entscheidungsträger von gemeinnützigen Organisationen wie die Deutschen Tafeln oder der Verein zur Bekämpfung der Kinderkrankheit Noma gemacht haben. Die werben nämlich auf Gamersunity - selbstbewusst und aufgeklärt. (CB/SG)

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