Mehr Spiel kaufen
Das Episodenformat ist nicht der einzige Versuch der Spieleindustrie, den enormen Kostendruck abzufedern. Neuerdings verkaufen einige Hersteller den Fans ihrer Spiele günstige Mini-Addons, bevorzugt direkt über das Netz.
Prominentestes Beispiel ist Bethesda: Für das Rollenspiel-Epos Oblivion sind mittlerweile sechs »Plugins« genannte Zusatz-Downloads zum Preis von zwei bis drei Dollar erschienen, von der Satteltasche bis zum neuen Dungeon. »Wir haben mehrere Hunderttausend Downloads«, sagt der Bethesda-Pressesprecher Pete Hines, der keine genauen Zahlen nennen will. »Das läuft viel besser, als wir erwartet hatten.« Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Plugins auch über den Marketplace der Xbox 360 vertrieben werden. In Microsofts neuer Konsole ist ein Kaufladen integriert, in dem Spieler mit Netzanschluss Zusatzinhalte und Mini-Spiele gegen bares Geld herunterladen können. Mit zunehmender Verbreitung der Xbox 360 wird diese Verdienstbörse nicht nur für immer mehr Hersteller interessant (derzeit bieten nur eine Hand voll der rund 40 in Europa erschienenen 360-Spiele kostenpflichtige Extras an), sondern gewinnt generell an Akzeptanz: Der Marketplace übererfüllt alle Erwartungen«, jubelt Boris Schneider, Xbox-Produktmanager von Microsoft Deutschland, »wir sind absolut überzufrieden.«
Pete Hines sieht in solchem Kundenzuspruch eine Bestätigung dafür, dass die Oblivion-Extras ihr Geld wert seien: »Unsere Designer und Programmierer investieren viel Zeit und Testaufwand in die Plugins; das ist nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen.« Die Plugins seien ein freiwilliges Angebot für die Fans, sagt er; »Wenn du sie nicht willst, dann kauf' sie nicht.«
Online gegen Laden
Sowohl die Episodenspiele als auch die Zusatzinhalte sind eng mit einem Phänomen verknüpft, das in den letzten zwei Jahren an Fahrt gewonnen hat: dem Direktvertrieb von Spielen im Internet ohne den Umweg über die Läden.
Einer der Vorreiter war Half-Life 2, das Kunden auch über Valves Steam-Plattform erwerben und herunterladen konnten. Seitdem mausert sich Steam zum Online-Shop, über den derzeit 27 Spiele vom Independent-Kuriosum Rag Doll Kung-Fu über die Ex-Mod Red Orchestra bis hin zum Vollpreistitel Shadowgrounds zu haben sind. Auf den Zug springen renommierte Designer wie Warren Spector (Deus Ex) auf, von dessen neuem Titel man bislang nur weiß, dass er über Steam verkauft werden soll. Die Vorteile des Netzhandels liegen für die Hersteller auf der Hand: Die Kosten für Datenträger, Schachtel und gedrucktes Handbuch entfallen ebenso wie die Gewinnanteile, die Distributoren und Ladenhändler abknapsen; damit steigt der Reingewinn, der noch dazu direkt auf den Firmenkonten landet. Systeme wie Steam, bei denen alle Spiele anmeldepflichtig und an ein Benutzerkonto gebunden sind, senken zudem klar die Zahl der Raubkopien.
Firmenbosse wie Scott Miller freuen sich offen über einen Nebeneffekt, der nach hiesigem Verständnis rechtlich zweifelhaft ist: Der Verleih und Weiterverkauf digitaler Spiele wird bis zur Unmöglichkeit erschwert. »Der Weiterverkauf tötet Publisher und Entwickler«, tönt Miller. Andererseits schafft der Online-Vertrieb neue Biotope, in denen die Überlebenschancen vorher nur gering waren. Auf dem PC boomen seit Jahren die »Casual Games«, simple Spiele für Zwischendurch, die zu Kleinpreisen direkt übers Internet vertickt werden. Das System soll nun auch auf Konsolen Einzug halten. »Es ist aufgrund der Kostenstrukturen im Einzelhandel und der Produktionskosten von Spiele-DVDs nicht möglich, Konsolenspiele für Preise unter 20 Euro im Laden anzubieten«, sagt Boris Schneider von Microsoft. Über den Marketplace der Xbox 360 verkauft Microsoft auch all die Spiele, die es sonst »nie auf eine Konsole geschafft hätten.«
Den kompletten Report lesen Sie in GameStar-Ausgabe 09/2006 oder online als pdf im Heftarchv.
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