Nach EU-Millionenstrafe für Steam: Jetzt wehrt sich Valve

Die Europäische Kommission belegt Valve und fünf Publisher mit Geldstrafen. Jetzt widerspricht der Steam-Betreiber.

Valve und fünf Publisher müssen hohe Strafen zahlen, weil sie gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen haben. Valve und fünf Publisher müssen hohe Strafen zahlen, weil sie gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen haben.

Update vom 21. Januar um 21:42:

Es gibt zu den neuerlichen Aussagen der Valve Corporation eine Stellungnahme aus Expertenkreisen, die mit der Materie vertraut sind. Daraus geht hervor, dass die Definition von "Kooperation" anscheinend aufseiten der EU eine andere ist als aufseiten Valve.

So sollen die fünf Publisher über die gesetzliche Verpflichtung hinaus kooperiert haben, indem sie den Sachverhalt, die Rechtsverletzung und ihre jeweilige Verantwortlichkeit anerkannt hätten. Demgegenüber habe Valve nicht über die gesetzliche Verpflichtung hinaus kooperiert.

Dadurch, dass die Publisher am sogenannten Kooperationsverfahren teilnahmen, kam eine Reduzierung der Bußgelder in Frage. Das Verfahren dient dem Zweck, den Verwaltungsaufwand zu verringern.

Valve hat jetzt die Möglichkeit, vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die Maßnahmen der Kommission Rechtsmittel einzulegen.

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Update vom 21. Januar um 18:00:

Wie wir aus Expertenkreisen erfahren haben, verbietet die Entscheidung der Europäischen Kommission Valve explizit, eine der beanstandeten Handlungen oder ein Verhalten zu wiederholen und gebietet, jede Aktion zu unterlassen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck oder dieselbe Wirkung hat. Welche weiteren Konsequenzen Valve im Falle einer Zuwiderhandlung drohen würden, bleibt offen.

Indes hat sich die Valve Corporation selbst gegenüber mehreren Magazinen, darunter Eurogamer, ausführlich zu den Vorgängen geäußert. Darin widerspricht das Unternehmen ausdrücklich der Darstellung der Europäischen Kommission. Hier lest ihr die komplette Stellungnahme von Valve in der deutschen Übersetzung:

Während der siebenjährigen Untersuchung kooperierte Valve umfassend mit der Europäischen Kommission ("EC") und lieferte wie gefordert Beweise und Informationen. Valve lehnte es jedoch ab, zuzugeben, dass es gegen das Gesetz verstoßen hat, wie von der EC gefordert. Valve ist mit den Feststellungen der EC und der gegen Valve verhängten Geldstrafe nicht einverstanden.

Die Vorwürfe der EU-Kommission beziehen sich nicht auf den Verkauf von PC-Spielen auf Steam, dem PC-Spiele-Service von Valve. Stattdessen wirft die EU-Kommission Valve vor, Geoblocking ermöglicht zu haben, indem es Steam-Aktivierungsschlüssel zur Verfügung gestellt und - auf Wunsch der Publisher - diese Keys auf bestimmte Territorien ("Region Locks") innerhalb des EWR beschränkt hat. Solche Keys ermöglichen es einem Kunden, ein Spiel auf Steam zu aktivieren und zu spielen, wenn der Nutzer es bei einem Drittanbieter erworben hat. Valve stellt die Steam-Aktivierungsschlüssel kostenlos zur Verfügung und erhält keinen Anteil des Kaufpreises, wenn ein Spiel von Dritt-Wiederverkäufern (z. B. einem Einzelhändler oder einem anderen Online-Store) verkauft wird.

Die Regionalsperren betrafen nur eine kleine Anzahl von Spieltiteln. Nur etwa 3 Prozent aller Spiele, die über Steam vertrieben wurden (und keines von Valves eigenen Spielen), unterlagen zu diesem Zeitpunkt den umstrittenen Regionalsperren im EWR. Valve ist der Ansicht, dass die Ausweitung der Haftung der EC auf einen Plattformanbieter unter diesen Umständen nicht durch geltendes Recht gestützt wird. Nichtsdestotrotz hat Valve aufgrund der Bedenken der EK die Regionssperren innerhalb des EWR ab 2015 tatsächlich abgeschaltet, es sei denn, diese Regionssperren waren aufgrund lokaler rechtlicher Anforderungen (wie etwa deutscher Gesetze) oder geografischer Beschränkungen des Ortes, an dem der Steam-Partner eine Lizenz für den Vertrieb eines Spiels besitzt, erforderlich.

Die Abschaffung von Region Locks kann auch dazu führen, dass Publisher die Preise in weniger wohlhabenden Regionen anheben, um Preis-Arbitrage zu vermeiden. Es fallen keine Kosten für den Versand von Aktivierungsschlüsseln von einem Land in ein anderes an, und der Aktivierungsschlüssel ist alles, was ein Benutzer zum Aktivieren und Spielen eines PC-Spiels benötigt.

Ursprüngliche Nachricht vom 20. Januar 2021 um 19:51:

Die Europäische Kommission hat Millionenstrafen gegen Valve und die fünf Publisher Bandai Namco, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax ausgesprochen. Insgesamt beträgt die Summe der Strafen 7,8 Millionen Euro, verteilt auf die Parteien.

Als Grund nennt die Kommission Verstöße gegen EU-Kartellvorschriften, indem Kunden unzulässige Beschränkungen von grenzübergreifenden Verkäufen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums auferlegt worden seien. Es handelt sich um die Praxis des sogenannten "Geo-Blocking".

Die Strafen für die Publisher wurden reduziert, da sie mit den Behörden kooperiert hätten. Valve dagegen habe sich geweigert, weshalb die Strafe hier in vollem Umfang ausgesprochen wurde. Diese Strafen wurden verhängt:

Unternehmen Reduzierung wegen Kooperation Strafe (€)
Valve - 1.624.000 EUR
Bandai Namco 10 % 340.000 EUR
Capcom 15 % 396.000 EUR
Focus Home 10 % 2.888.000 EUR
Koch Media 10 % 977.000 EUR
ZeniMax 10 % 1.664.000 EUR

Warum wurden die Strafen verhängt?

Steam und die Publisher haben sich laut einer Pressemitteilung auf der Website der Europäischen Kommision darauf geeinigt, Aktivierungscodes für Spiele an Ländergrenzen zu binden. So sei es Käufern in einem EU-Land nicht möglich gewesen, die Keys in einem anderen EU-Land zu aktivieren. Das habe gegen EU-Vorschriften verstoßen, da EU-Bürger ohne derlei Beschränkungen im gesamten Wirtschaftraum einkaufen können müssten.

Bei den betroffenen Produkten handelt es sich um rund 100 PC-Spiele, die in digitaler oder physischer Form zum Verkauf angeboten wurden. Dadurch, dass Valve und die Publisher das Geo-Blocking angewandt hätten, sollen Kunden Nachteile erlitten haben, wie die EU-Kommission ausführt:

Die Geoblocking-Praktiken betrafen [...] Spiele verschiedener Genres, darunter Sport-, Simulations- und Actionspiele. Sie hinderten die Verbraucher daran, PC-Videospiele zu aktivieren und zu spielen, die von den Vertriebshändlern der Publisher entweder auf physischen Datenträgern, wie DVDs, oder durch Downloads verkauft wurden. Diese Geschäftspraktiken verwehrten den europäischen Verbrauchern daher die Vorteile des digitalen Binnenmarkts der EU, sich zwischen den Mitgliedstaaten umzusehen, um das beste Angebot zu finden. Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass die rechtswidrigen Praktiken von Valve und den fünf Publishern zu einer Aufteilung des EWR-Marktes geführt und damit gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben.

Anhand einer Illustration verdeutlicht die Europäische Kommission die Problematik:

Die Illustration zeigt, warum Valve und die Publisher mit Strafen belegt wurden. Die Illustration zeigt, warum Valve und die Publisher mit Strafen belegt wurden.

Was folgt daraus?

Wie die Pressemitteilung weiter festhält, ebnen die Strafen nun den Weg für Kunden, sich vor nationalen Gerichten um eine Kompensation erlittener Schäden zu bemühen. Die Kommissionsentscheidung kann dabei als Beweis dienen, dass die Handlungen tatsächlich stattgefunden haben und illegal waren.

Die Strafzahlungen bleiben dabei allerdings außen vor. Das heißt, etwaige Schadenersatzzahlungen, die Gerichte gegen Valve und die fünf Publisher verhängen könnten, würden nicht durch bereits an die EU gezahlte Strafen reduziert werden.

Um den Weg vor Gericht zu erleichtern, weist die EU-Kommission zudem darauf hin, dass eine in den EU-Mitgliedsstaaten gültige Richtlinie für Kartellschadenssersatz den Rechtsweg für Bürger erleichtern soll. Außerdem bietet die EC-Website weitere Hilfestellungen an.

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