Sword Coast Legends im Test - Das gebrochene Versprechen

Wie kann das sein? Da liefert Sword Coast Legends im Test ein durchweg spannendes Abenteuer und bekommt dennoch eine enttäuschende Wertung. Aber wenn ein Rollenspiel bestimmte Erwartungen weckt, muss es sich ihnen auch stellen.

Sword Coast Legends - Test: Warum das Rollenspiel D+D-Puristen enttäuscht. Video starten 4:56 Sword Coast Legends - Test: Warum das Rollenspiel D&D-Puristen enttäuscht.

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Sword Coast Legends hat einen großen Haken: Es spielt sich wie Dragon Age an der Schwertküste. Es gibt freilich größere Probleme, die ein Rollenspiel haben kann. Aber wenn Dungeons & Dragons auf der Packung steht und mit dessen Regelwerk geworben wird, dann sollte das möglichst auch im Spiel stecken. Stattdessen funktioniert die Charakterentwicklung über Talentbäume; Zauber und Spezialattacken sind mit Abklingzeiten versehen. Das hat mit D&D nicht viel zu tun.

Zudem ist das mitgelieferte Tool zum Erstellen eigener Abenteuer alles andere als perfekt. Dieses erlaubt derzeit nur das Erstellen einfacher Jagd- und Sammelaufträge. Wer sich auf genau diese Aspekte des Spiels gefreut hat, wird enttäuscht. Aber Sword Coast Legends hat auch seine Stärken. Nur liegen die eben woanders, als die Entwickler versprochen haben.

Wo ist hier das D&D?

Für D&D-Puristen beginnt die Ernüchterung bei der Charaktergenerierung: Überschaubare fünf Rassen und sechs Klassen stehen zur Auswahl. Wer als Drow oder Tiefling, als Mönch oder Druide ins Abenteuer ziehen möchte, hat erst mal Pech gehabt, denn diese und viele andere beliebte Rassen und Klassen stehen gegenwärtig nicht zur Auswahl, auch wenn für die Zukunft Nachschub versprochen wurde. Jede Klasse hat eine Handvoll kleine Talentbäume zur Auswahl, aus denen man Fähigkeiten und Zaubersprüche wählt. Das kommt uns bekannt vor - aus Dragon Age.

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Auch Zauberer beziehen ihre Sprüche aus Talentbäumen, die aber nicht annähernd so umfangreich sind wie das Repertoire aus der Pen & Paper Vorlage. Dafür hat jede Klasse die Möglichkeit, über passive Talente auch eigentlich charakteruntypische Fähigkeiten wie schwere Rüstung, Zweihänder oder Schlossknacken freizuschalten. Selbst Kämpfer und Kleriker können so lernen, Fallen und Geheimtüren zu entdecken oder Schlösser zu öffnen. Bleibt die Frage, wozu es da noch Schurken gibt, zumal Taschendiebstahl im Spiel nicht existiert. Die Wahl einer Gesinnung und einer Schutzgottheit gibt es zwar, auf das Spiel selbst wirkt sich davon aber nichts aus.

Kein Neverwinter Nights 3

Sword Coast Legends bietet Spielern die Möglichkeit, eigene Abenteuer zu erstellen und mit der Community zu teilen. Die User-generierten Kampagnen lädt man direkt im Spiel herunter und erhält zu jedem Abenteuer eine kurze Beschreibung des Autors und Statistiken und Wertungen der Spieler. Den Steam-Workshop benötigt man dazu nicht.

All das ist super, nur sind die mitgelieferten Tools viel zu primitiv. So können wir zwar NPCs erstellen, anpassen und platzieren, aber keine verzweigten Dialoge erstellen. Wir dürfen aus zahlreichen vorgefertigten Dungeons und Oberweltregionen die passenden Gebiete für unser Eigenbau-Abenteuer wählen, aber keine Areale selbst erstellen. Rätsel und komplexe Missionen fallen ebenfalls flach, im Editor gibt es ausschließlich Quests, bei denen etwas gesammelt oder getötet werden soll. Die Entwickler versprechen, dass die Tools bald sehr viel besser und komplexer werden, doch bis dahin fühlen sich alle User-generierten Abenteuer gleich an.

Der Editor: Dungeon Beim Erstellen eines Dungeons wählt man aus diversen vordefinierten Parametern. Dungeons und Gebiete von Grund auf neu erstellen ist nicht möglich.

NPCs & Monster Immerhin: Aussehen und Eigenschaften von Monstern und NPCs darf man bis ins kleinste Detail anpassen.

Quests Boss besiegen, Sammeln, Feind besiegen – das sind die Optionen für eigene Quests. Unter »Benutzerdefiniert« können wir zudem eine Belohnung für den Abschluss unseres Abenteuers vergeben lassen. Komplexer wird's nicht.

Dialoge Wir machen einen NPC zum Quest-Geber. Ein Handlungsdialog ist rein optional und besteht immer nur aus einem Fenster mit der Option zum Annehmen und Ablehnen der Quest.

Etwas spaßiger wird es, wenn man als Spielleiter im Dungeon-Crawl-Modus aktiv einen Dungeon mit Gegnern und Fallen bestückt, während sich eine Spielergruppe durch die Monstermassen prügelt. Für mehr als ein paar Minuten schnelle Action zwischendurch taugt dieser Spielmodus allerdings nicht. Denn er bietet keine richtige Story, keine Dialoge und nichts als Kämpfe. Weil Sword Coast Legends aber nun mal weder den Spielfluss, noch den Sammeltrieb eines Diablo 3 liefert, hat eigentlich nur der Spielleiter ein wenig schadenfrohen Spaß, während die Helden sich schnell langweilen. dieser Action-Rollenspiel-Schnellschuss nach hinten los, und wir flüchten in die Story-Kampagne.

Die Kampagne entschädigt

Wir sind Teil einer Gilde von Abenteurern, die an der Schwertküste Monster und Banditen vertrimmt, die Schwachen und Wehrlosen beschützt und so ihren Lebensunterhalt bestreitet. Klingt erst mal furchtbar generisch - wären da nicht diese ständigen Alpträume, in denen uns ein Dämon das Ende der Welt verkündet. Obendrein ist ein Orden fanatischer Ritter überzeugt davon, dass unsere gesamte Gilde unter dem Einfluss von Dämonen steht.

Und bevor wir fragen können, was dieser Unsinn soll, haben sie auch schon fast alle Mitglieder unserer Organisation niedergemetzelt und unser Hauptquartier geplündert. Wir suchen nach Überlebenden des Massakers, nach Antworten und natürlich nach denjenigen, die wir für all das verantwortlich machen können, um es ihnen rollenspielmäßig heimzuzahlen.

In Alpträumen erinnert uns Dämon Belaphoss gerne mal an das nahende Ende der Welt. In Alpträumen erinnert uns Dämon Belaphoss gerne mal an das nahende Ende der Welt.

Auf unseren Reisen finden wir Freunde und Verbündete, die ihre ganz eigenen Geschichten und Persönlichkeiten haben. Liebesbeziehungen gibt es keine, nicht alle Begleiter hauen uns vom Hocker, doch es gibt zwei echte Highlights in der Party, die uns rasch ans Herz wachsen - wir würden so gerne spoilern! Wenn wir unsere Weggefährten besser kennenlernen, bieten sie uns spezielle Nebenmissionen an. Überhaupt gibt es auch abseits der interessanten Hauptstory dank zahlreicher Sidequests richtig viel zu tun. Wir stürzen uns auf sämtliche Abenteuer, die wir finden können und sehen den Abspann nach rund 35 Stunden Spielzeit.

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