Wer beim Betreten eines dunklen Ganges erst mal innehält und nach Schritten oder zischenden Türen lauscht; wer beim Kreischen eines Totenkopfäffchens in nackte Panik verfällt und bei »Von Braun« nicht an deutsche Raketenwissenschaftler denken muss, sondern an ein Raumschiff voller Leichen - der hat es gespielt: System Shock 2.
Mit schweißnasser Maushand tasteten wir uns 1999 durch diese meisterliche Mischung aus Shooter und Rollenspiel, verfolgten gebannt die Geschichte um das Mutantenkollektiv der »Vielen« und den menschenverachtenden Stottercomputer Shodan, freuten uns wie ein kleines Kind über jede kaputte Pistole, aus der wir noch zwei Munitionskugeln pulen konnten, und versuchten, auf diesem Sternensarg gewordenen Raumkreuzer lange genug zu überleben, um Shodan kräftig ins Backend zu treten.
Nur das Finale war unbefriedigend, wie später auch der Chefdesigner Ken Levine zugab, endete System Shock 2 nicht so, wie es hätte enden sollen. Doch das kann man ja ändern, es gibt nämlich - eine Fortsetzung!
Noch in der Beta
System Shock Infinite ist derzeit noch in der Betaphase. Erstmals veröffentlicht wurde die Mod bereits 2014, Anfang Januar 2015 erschien dann die Version 2.0 mit neuen Erzählsträngen und Cyberspace-Missionen. Man merkt der Mod ihren Betastatus zwar an, beispielsweise fehlt noch eine der Endsequenzen.
Im Test lief sie dennoch ausgesprochen rund, wir erlebten nur einen einzigen Absturz. Genauere Infos zum Download und zur Installation von System Shock Infinite gibt's auf der zweiten Seite dieses Artikels. Dort listen wir außerdem Grafikmods auf, die das – doch arg angestaubte – Spiel deutlich aufhübschen.
System Shock Infinite - Story-Mod für System Shock 2 ansehen
Den Lauf der Geschichte ändern
Gut, wer bislang nur Weltraumbahnhof versteht, hat System Shock 2 eben nicht gespielt oder - noch schlimmer - nicht gemocht. Bitte schämen gehen. Alle anderen hingegen sollten unbedingt System Shock Infinite spielen. Die Mod für System Shock 2 setzt gewissermaßen dessen Story fort. Gewissermaßen, weil man eigentlich nur noch mal von vorne anfängt - doch zugleich ist diesmal alles anders. Denn System Shock Infinite verbindet die Handlung von System Shock 2 mit dem Parallelwelten-Motiv von Bioshock Infinite.
Der experimentelle Überlicht-Antrieb des Raumschiffs »Von Braun« verzerrt bekanntermaßen die Realität, was Shodan dazu nutzen will, das Universum in einen riesigen Cyberspace zu verwandeln. In System Shock Infinite hat der Hyperraum-Motor nach dem Endkampf gegen Shodan jedoch eine Zeitschleife geschaffen, unser Abenteuer beginnt von vorne. Allerdings unter anderen Vorzeichen, denn diesmal überlappen sich mehrere Universen, wir sehen häufig Geister oder sogar andere Versionen unseres Helden, die wir bekämpfen müssen.
Vor allem aber können wir den Lauf der Geschichte diesmal ändern. Auf jedem Deck der Von Braun und des angedockten Militärzerstörers Rickenbacker klafft ein Dimensionsriss. Der führt in eine Art Zwischenwelt, in der wir wählen müssen, welche von drei Zeitlinien auf diesem Stockwerk Realität werden soll. Vielleicht die des mutierten Schiffskapitäns Korenchkin, der vom Triumpf der »Vielen« fantasiert?
Oder die von Marie Delacroix, der ursprünglichen Erfinderin des Überlicht-Antriebs, die möglichst viele Leben retten will? Unsere Wahl beeinflusst nicht nur das Ende des Spiels, sondern auch die Levels selbst. Während etwa in Maries Realität andere Überlebende durch die Korridore patrouillieren und Gegner bekämpfen, belohnt uns Korenchkin mit Mutanteneiern voller Items.
Schießen im Cyberspace
Zwischendurch erfahren wir in komplett vertonten Geistermonologen oder Zwischensequenzen mehr über die Abenteuer unserer anderen Ichs und darüber, was auf der Von Braun vor unserem Erwachen geschah. Vor allem aber die unterschiedlichen Enden sind's, die System Shock Infinite so reizvoll machen. Denn nicht nur die Realitätswahl wirkt sich auf den Schluss aus, sondern auch die Frage, ob wir alle Cyberspace-Abschnitte gemeistert haben.
Das Descent-ähnliche Durch-bunte-3D-Levels-Sausen spielte im ersten System Shock eine wichtige Rolle, entfiel dann aber in System Shock 2. In System Shock Infinite ist es wieder da und hat - wie im ersten System Shock - auch wieder ein Zeitlimit, aber kein allzu nerviges. Außerdem können wir hier Upgrade-Module sammeln und mehr über die Vergangenheit unseres bislang vollkommen blassen Helden herausfinden. Zwar erzählt die Mod gerne mal sehr kryptisch, bereichert die Story aber auch um zahlreiche Facetten und motiviert uns, das Ganze endlich zu einem guten Abschluss zu bringen. Oder zu einem schlechten, je nach Wahl.
Spielerisch am meisten getan hat sich bei den Waffen. Während in System Shock 2 alle Knarren bei allen Gegnern gleich viel Schaden anrichteten, gliedert System Shock Infinite unsere Widersacher in mehrere Untergruppen, die jeweils nur für eine bestimmte Waffengattung anfällig sind. Roboter sollten wir mit Energiewaffen brutzeln, Cyborgs mit Sprenggeschossen zerlegen, Mutanten mit Schrotflinten und Sturmgewehren durchsieben.
Blöd nur: Erstens ist Munition wie gehabt knapp, zweitens gehen die Schießprügel noch viel schneller kaputt als früher und wollen dann repariert werden, drittens müssen wir die zugehörigen Waffenfähigkeiten ja auch erst mal lernen - genau wie reparieren, forschen, hacken und Psi-Kräfte (von denen es auch ein paar neue gibt). Auf den hohen Schwierigkeitsgraden reichen die Upgrade-Module nicht mal ansatzweise für alles, da wird System Shock Infinite knallhart. Wobei's mit dem alternativen »2015 Mode« auch eine Mod für die Mod gibt, mit der zumindest alle Waffen bei allen Gegnertypen gleich viel Schaden anrichten.
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