The Nice Guys - Ein zeitloser Klassiker

Der neue Film von Kultautor Shane Black ist genau das, was man erwarten musste und ist damit auch genau das, was man einen zeitlosen Klassiker nennt.

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Sichtbar mitgenommen statt heldenhaft: Ryan Gosling in »The Nice Guys« Sichtbar mitgenommen statt heldenhaft: Ryan Gosling in »The Nice Guys«

Shane Black - Ein Name, der so vielen Menschen komplett unbekannt sein dürfte. Dabei steht Shane Black für die Revolution des komödiantischen Buddy-Movies und für die kongeniale Verortung gegensätzlicher Figuren in eine klassische Detektivgeschichte. Er steht für pointierte Action, für zeitlose Dialoge und für ungewöhnliche Drehbucheinfälle. Er steht für Lethal Weapon, The Last Boy Scout und Kiss Kiss, Bang Bang.

Shane Black steht für seinen ganz eigenen Stil. Und sein neustes Werk The Nice Guys steht für genau das alles auch. Ein Film, der sich nicht vor seinen geistigen Vorgängern zu verstecken braucht. Ganz im Gegenteil: »The Nice Guys« verdient es, in einem Atemzug mit all diesen Kultfilmen genannt zu werden und ist damit schon jetzt ein zeitloser Klassiker.

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Zurück zu den Wurzeln

Der langjährige Autor Black feierte mit »Kiss Kiss, Bang Bang« sein Regiedebüt, das auch noch ganz nebenbei den einstigen Jugendstar Robert Downey Jr. aus dem Karrieretief hob. Dieser revanchierte sich, indem er Black um Hilfe bat. Das vorgesehene Ende des ersten »Iron Man« wollte einfach nicht funktionieren und so legte Black seinem Freund vier kleine Worte in den Mund:

"I am Iron Man."

Das berühmte Ende des Filmes hat so gar nichts mit der Comicvorlage zu tun, bringt aber die neue Interpretation der Figur auf den Punkt. Für die frisch gegründeten Marvel Studios wurde ihr erster eigener Film zum Welterfolg und Downey Jr. avancierte zu einem der bestbezahlten Schauspieler des Planeten. Vier kleine Worte, die eben auch die Genialität von Black beschreiben.

Für einen Buddy-Movie muss man erstmal zu Buddies werden. Für einen Buddy-Movie muss man erstmal zu Buddies werden.

Die Folge: Er inszenierte den umstrittenen dritten Teil, der aller Kritik zum Trotz in vielen Momenten seinen typischen Wortwitz durchblicken lässt. Mit »The Nice Guys« kehrt er nun endlich wieder zurück zu seinen Wurzeln. Endlich wieder eine abgedrehte Detektivgeschichte. Endlich wieder zwei neurotische Ermittler in einem interessant-absurden Grundszenario: das Amerika der späten 70er-Jahre und die Porno-Industrie.

Holland March (Drive-Star Ryan Gosling) ist ein kleiner Privatschnüffler, der sich auch keineswegs zu schade ist, senile Witwen auszunehmen. Jackson Healy (der ewige Gladiator Russel Crowe) verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Überbringen von »handfesten Nachrichten«. Das ungleiche Paar muss sich zusammenraufen, um die vermisste Amelia zu finden. Die ist allem Anschein nach in das boomende Pornomilieu abgerutscht und irgendwie hängt auch noch die darbende Automobilindustrie mit drin.

Sex und Stilmittel

Zwar erinnert der Blick zurück auf den Glamour und die Schattenseiten jener Zeit im Ansatz an Paul Thomas Andersons Meisterwerk Boogie Nights, erreicht aber zu keinem Zeitpunkt dessen Tiefe. Doch das will »The Nice Guys« auch gar nicht. Stattdessen bedient sich Black einmal mehr bei seinem eigenen Fundus an Stilmitteln, die genau so in allen seinen Filmen zu finden sind: die Stadt der Engel, die Motive des Film Noir, Drogenmissbrauch, manipulierende Funktionäre und mindestens eine willkürliche Swimming-Pool-Szene. Black klaut ausgiebig bei sich selbst. Das mag wenig originell sein, aber der geneigte Fan wird es begrüßen.

Lehnen sich für einen Fall nicht nur zu weit aus dem Fenster: Holland March und Jackson Healy. Lehnen sich für einen Fall nicht nur zu weit aus dem Fenster: Holland March und Jackson Healy.

Die Buddy-Movie-Chemie

Ohnehin ist das Wichtigste aber die Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren – und diese erweisen sich als Glücksgriff! Ryan Gosling entdeckt ein ungeahntes Talent für Situationskomik. Der erschreckend korpulente Russel Crowe spielt auf charmante Weise mit seinem eigenen Schläger-Image vor und hinter der Kamera. Doch zusammen ergänzen sie sich zu einem ähnlich widerwillig-harmonischen Duo, wie es bereits ihre großen Vorbilder taten, doch nicht ohne ihre ganz eigene Dynamik zu entwickeln. Besser geht es kaum.

Damit steht und fällt nun mal ein Shane-Black-Film. Die Abhängigkeit von der Personenkonstellation ist das große Risiko und gleichzeitig die große Chance. Wie gut die verschrobenen Figuren miteinander funktionieren, sieht man auch ausgerechnet an einer dritten. Die Rolle von Goslings Filmtochter fällt gewichtiger aus, als eine ähnlich gelagerte in »The Last Boy Scout«. Hier ist sie nicht nur die ewige »Jungfrau in Nöten«, sondern das emotionale Bindeglied zwischen den gegensätzlichen Helden. Eine Mädchenfigur, die es tatsächlich schafft, zu keinem Zeitpunkt nervig zu sein und die sogar die Handlung sinnvoll voranbringt - keine Selbstverständlichkeit.

Dreisamkeit statt Zweisamkeit: die Ermittler mit Goslings Filmtochter. Dreisamkeit statt Zweisamkeit: die Ermittler mit Goslings Filmtochter.

Die Bürde des Film Noir

Natürlich ist im Kern »The Nice Guys« immer noch eine moderne Variante des klassischen Film Noir mit all seinen Stärken und Schwächen. Die Story ist konstruiert, Kommissar Zufall hilft zum richtigen Zeitpunkt, eine Femme Fatale sorgt für Unruhe und die Bösewichte sind in ihrer Schemenhaftigkeit austauschbar.

Das tut dem Ganzen aber überhaupt keinen Abbruch. Black variiert die Klischees gewohnt gekonnt. Dabei bleiben aber auch selbst vordergründige Themen auf der Strecke. Die charakterisierenden Drogenprobleme der Protagonisten werden nicht vertieft und ihre traumatische Vergangenheit nur oberflächlich kuriert. Das hilft aber der Leichtigkeit des Films. Außerdem ist es Black hoch anzurechnen, dass er das Szenario des Amerikas der 70er-Jahre nicht nur als Gimmick missbraucht. In den Zwischentönen gibt er sich gesellschaftskritisch und gegen Ende ist der Zuschauer mit dem Wissen um die Zukunft schlauer als die handelnden Figuren.

Ein Film für die Ewigkeit

Doch das sind allenfalls Nuancen. Oberflächlich betracht ist The Nice Guys »nur« eine grotesk-witzige Krimikomödie, mit tollen Hauptdarstellern und etwas austauschbarer Action. Aber für den Liebhaber der filmischen Vorbilder ist er ein Fest und ganz nebenbei einer der besten Filme des Jahres. Ein Film, der den Vergleich zu den geistigen Vorgängern nicht zu scheuen braucht. Ein Film, der es verdient, auf das gleiche Podest gestellt zu werden. Ein Film, den man sich genau so in 20 Jahren immer noch anschauen wird - eben jetzt schon ein zeitloser Klassiker.

The Nice Guys - Kino-Trailer zur Actionkomödie mit Russell Crowe und Ryan Gosling Video starten 2:48 The Nice Guys - Kino-Trailer zur Actionkomödie mit Russell Crowe und Ryan Gosling

Mehr dazu:Filmkritik zu 10 Cloverfield Lane

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