Der dritte Akt: Schlappe auf der Zielgeraden
Ausgerechnet das Schlusskapitel von The Witcher 2 lässt in Sachen Tempo und Erzähltechnik radikal nach. So gibt’s kaum noch Haupt- und Nebenaufträge, die noch dazu ausgesprochen kurz und simpel ausfallen. Beispielsweise muss sich Geralt stupide durch Soldaten metzeln, um eine Gefangene zu befreien.
Während die ersten beiden Akte je rund zehn Stunden dauern, ist der dritte schon nach maximal zwei Stunden vorbei. Die kleine Ruinenstadt, in der er spielt, steckt voller Türen, die sich nicht öffnen lassen. Offensichtlich hatten die Entwickler keine Zeit mehr, das Areal komplett zu füllen. Oder sie reichen weitere Quests als kostenlose DLCs nach.
Die Handlung selbst bleibt zwar interessant, gipfelt aber in einem enttäuschenden Ende. Denn das Finale klärt zwar offene Fragen, jedoch lediglich in einem Dialog: keine Rückblenden, keine Rollenwechsel, keine Zwischensequenzen, nur ein langes, statisches Gespräch – das könnte The Witcher 2 sehr viel besser.
Wichtige Charaktere tauchen entweder gar nicht mehr auf oder werden lieblos abserviert. Noch dazu bleiben diverse Handlungsstränge unvollendet. Die Pläne für The Witcher 3 (oder ein größeres Addon) liegen wohl schon in der Entwicklerschublade.
Die Entscheidungen: Das hat Konsequenzen!
Allerdings sollte man bei The Witcher 2 nicht vom »Ende« sprechen, sondern von »den Enden«. Abhängig davon, wie Sie im Spielverlauf vorgehen, verläuft das Finale ein wenig anders. An der lieblosen Inszenierung ändert das zwar nichts, auch die angesprochenen Storyzweige enden immer offen.
Dennoch reizen die unterschiedlichen Schlusssequenzen zum mehrmaligen Durchspielen. The Witcher 2 erbt nämlich die Stärke des Vorgängers, die folgenschweren Entscheidungen. In den Hauptmissionen lässt Ihnen das Spiel immer wieder eine Wahl, auch wenn sich die manchmal als Staffage entpuppt. Beispielsweise ist es egal, ob Sie einen herrischen Herrscher zurechtweisen oder nicht.
Andere Entscheidungen beeinflussen den Verlauf der Handlung dafür gravierend. Im ersten Akt wählen Sie zwischen zwei Fraktionen und bestimmen so sogar, wo der zweite Akt beginnt: Reist Geralt ins Heereslager des Königs Henselt oder in die Zwergenstadt Vergen, die der Monarch belagert?
Die jeweils andere Siedlung bleibt Ihnen samt allen Aufträgen verschlossen, lediglich ihr Umland dürfen Sie später erkunden. Solche Entscheidungen mit spürbaren Folgen ziehen sich durch das gesamte Spiel, was einen Großteil der Witcher-Faszination ausmacht und den Wiederspielwert enorm erhöht. So dauert ein kompletter Durchlauf samt allen Dialogen rund 25 Stunden, ein zweiter lohnt sich definitiv.
Die Nebenmissionen: Schöne Gabelgeschichten
Auch die meisten Nebenquests von The Witcher 2 münden in Gabelungen. In Vergen etwa untersuchen Sie eine Mordserie an Männern und stoßen dabei auf einen Sukkubus. Die Dämonendame behauptet, die Opfer zwar verführt, aber nicht getötet zu haben. Metzeln Sie sie nieder oder suchen Sie nach Beweisen für ihre Unschuld?
So erzählen auch die optionalen Missionen immer wieder spannende Geschichten. Allerdings wirken sich die Nebenauftrags-Entscheidungen nicht auf die Story und nicht einmal auf die folgenden Akte aus – mit einer Ausnahme: Wenn wir im zweiten Kapitel eine magische Schriftrolle nicht verkaufen, können wir sie im dritten anderweitig verwenden.
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