Bosskämpfe, so hart wie nie
Dafür glänzt die Erweiterung mit ihren Bosskämpfen, die wirft sie uns um einiges großzügiger entgegen als das Hauptspiel. Schon unsere erste Monsterjagd für Olgierd führt uns nach Oxenfurt, wo angeblich ein Prinz in Gestalt eines Froschs in der Kanalisation auf den Kuss einer holden Maid warten soll. Die Maiden klettern auch in Scharen hinab, kommen nur nie wieder hoch.
Kein Wunder, denn der »Froschkönig« erweist sich als widerliches Krötenmonster von der Größe einer Scheune. Und haut uns beim ersten Anlauf gnadenlos aus den Latschen, obwohl wir nur auf dem zweiten Schwierigkeitsgrad spielen. Die Bosskämpfe ziehen in Hearts of Stone verglichen mit dem Hauptspielbar spürbar an und spielen sich ein schönes Stück abwechslungsreicher.
Der Riesenfrosch setzt uns mit einem recht breiten Arsenal zu: Er spuckt Giftklumpen in verschiedenen Mustern, füllt die Arena mit toxischen Schwaden, reißt uns mit gezielten oder weit ausholenden Zungenschnalzern von den Füßen. Kommen wir ihm zu nahe, können wir meist nur einen oder zwei Hiebe anbringen, bevor er sich mit einer wuchtigen Sprungattacke Luft verschafft.
Die genaue Balance lässt sich aber noch schwer einschätzen: Wir kämpfen hier mit dem Starthexer der Stufe 32, den uns die Erweiterung gibt, und der hat zwar ordentliche Ausrüstung, aber mit einer voll aufgewerteten Wolfspanzerung würden wir uns wohl leichter tun.
Nach dem Kampf bleibt uns keine lange Atempause. Hearts of Stone serviert uns nämlich nicht nur einen solchen Brocken zum Auftakt, sondern spickt seine Handlung ziemlich großzügig mit einzigartigen Bossen. Schon kurz nach dem Frosch kriegen wir es mit einem Magier zu tun, der sich abwechselnd von uns wegteleportiert oder sich in einen Sandsturm verwandelt, um uns auf die Pelle zu rücken. Die regelmäßigen Endgegner sorgen nicht nur für Spannung, sie tragen auch dazu bei, dass die Erweiterung trotz ihrer - vergleichsweise - kurzen zehn Stunden Hauptstory gehaltvoll und vielfältig wirkt.
Runen nach Maß
Um mit den neuen Bossen fertig zu werden, hat Geralt auch selbst ein paar neue Tricks auf Lager. Die holt er sich beim Runenschmied, einem neuen Händler. Wir finden ihn im neuen Dörfchen Brunwich beim Wegpunkt »Neue Mühle«. Er bietet Runen feil, fügt unseren Items neue Sockel hinzu und setzt dann besonders mächtige Runenwörter ein. Das erfordert bestimmte Runen als Zutaten und überschreibt alle vorher eingesockelten Effekte, bringt aber viel mächtigere Boni.
Statt wie im Hauptspiel einfach nur bestimmte Werte zu erhöhen, können sie jetzt unseren ganzen Spielstil beeinflussen. Zum Beispiel »Aufladung«: Mit diesem Wort laden wir jedes Mal, wenn wir ein Zeichen wirken und einen Adrenalinpunkt freihaben, unseren nächsten Schwerthieb mit der Macht des Zeichens auf. Ein Aard-Schlag schmettert den getroffenen Feind von den Füßen, nach Quen heilen wir uns mit der Klinge.
Mehr:Alle Verzauberungen des Runenschmieds im Überblick
Als passionierte Igni-Pyromanen freuen wir uns aber vor allem über die ganzen Runenwörter, die gezielt einzelne Zeichen aufbrezeln. Feuerstoß in alle Richtungen? Der Brenn-Effekt springt auf weitere Feinde über? Beim Tod explodieren brennende Gegner und zünden ihre Kollegen an? Würden wir am liebsten gleich alles nehmen! Dürfen wir aber nicht, weil wir die Wörter nur in Schwerter und Brustpanzer einsetzen können, und dort immer nur jeweils eines. Wir müssen also schlau abwägen und nehmen schließlich die Explosion beim Tod - das klingt einfach am teuflischsten.
All das macht den Runenschmied zu einer hochwillkommenen Verbesserung, die etwas dürre Charakterentwicklung gehörte schließlich zu unseren größeren Kritikpunkten am Hauptspiel. Der neue Händler merzt den zwar nicht komplett aus, ist aber ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Auch nett: Wir rüsten den Runenschmied selbst vom Anfänger zum Meister hoch und schauen zu, wie sein Laden wächst. Das ist eine recht simple Angelegenheit. Zuerst müssen wir in einer Miniquest Jade beschaffen, damit er überhaupt den Betrieb aufnehmen kann. Danach pumpen wir einfach Gold in sein Geschäft, um ihn auf Stufe zwei und dann drei zu bringen. Miles betont, dass der Runenschmied ganz gezielt ein Luxus für reiche Pfeffersäcke sein soll, ein Weg, all das gehamsterte Geld auch mal freigiebig zu verprassen. Die letzte Aufrüstung schluckt satte 15.000 Kronen.
Frische Beute
Neben dem Runenschmied kommen noch andere kleinere Neuerungen dazu. So lässt uns Hearts of Stone fünf neue Talente lernen. Auch die sollen bestimmte Spielstile verstärken, zum Beispiel können wir einen zweiten Armbrustbolzen loslassen, bevor wir nachladen müssen. Oder wir verbrauchen beim Tränkeschlucken Adrenalinpunkte, um die Vergiftung zu reduzieren. Außerdem können wir unsere maximale Traglast um 60 erhöhen, durch Bombenschaden Adrenalinpunkte sammeln und mit Arenalinpunkten unsere kritische Trefferchance anstelle unseres Waffenschadens erhöhen.
Dazu gesellen sich eine Handvoll neue Items inklusive einer frischen Schatzjagd. Allerdings nicht nach Hexerausrüstung, sondern einer Rüstung aus dem fernen Ophir. Wenn wir die Schemata finden, müssen wir sie beim Runenschmied übersetzen lassen und craften sie dann wie gewohnt. Die orientalischen Roben bieten leichte Rüstung, und jedes Teil verstärkt andere Zeichen, der Brustpanzer etwa Quen, Axii und Yrden. Besonderes Schmankerl für Fans: Wer wie wir die schicke Rüstung vermisst, die Geralt im Prolog trug, darf sie nun beim Händler als hochwertige Vipern-Rüstung kaufen. Die lässt sich aber nicht mehrmals aufrüsten wie andere Hexerrüstungen.
All das sind freilich keine weltbewegenden Neuerungen, sie krempeln die Spielmechanik nicht grundlegend um oder heben sie auf ein völlig neues Level - aber das muss eine Erweiterung für zehn Euro ja auch gar nicht, und sinnvolle Verbesserungen bietet Hearts of Stone allemal. Die Trankmechanik hat sich auch ein wenig geändert: Wir dürfen nun vier davon ausrüsten und genau wie Bomben mitten im Kampf im Auswahlrad wechseln, welche beiden wir mit unseren Schnelltasten schlucken.
Dafür lassen sich Tränke nicht mehr während der Schlacht im Inventar austauschen. Gute Sache, denn nur zwei Schnellslots, die sich dafür austricksen und jederzeit neu belegen lassen, kamen uns nie allzu sinnig vor. Jetzt haben wir mehr Slots, müssen aber auch besser planen, welche Tränke wir brauchen werden. Diese Verbesserung kriegen wir auch ohne die Erweiterung im nächsten großen Patch, genauere Details dazu wollten die Entwickler aber noch nicht verraten.
Eine würdige Erweiterung
Wir können also mit Fug und Recht sagen, dass CD Projekt Wort gehalten hat: Hearts of Stone ist für zehn Euro ein regelrechtes Schnäppchen. Wer sich ein wenig Zeit lässt, nicht alle Dialoge wegklickt und alle Nebenquests mitnimmt - will sagen, wer ein typischer Witcher-Fan ist - der kann sich leicht deutlich länger als die versprochenen zehn Stunden im DLC verlieren. Spielmechanisch ist er vielleicht keine Revolution, verbessert das Spiel aber doch an Stellen, die beweisen, dass die Entwickler sich Feedback zu Herzen nehmen. Die Bosse sind spannender und zahlreicher und die Charakterentwicklung gewinnt mit dem Runenschmied eine hochwillkommene neue Ebene.
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Zwar finden wir es ein wenig schade, dass die Erweiterung fast gänzlich abseits der Hauptgeschichte stattfindet, aber sie bewahrt dabei deren Stärken. Die Dialoge wechseln meisterlich zwischen brüllend komischen Momenten, echter Romantik und dramatischen Entscheidungen. Ihre Charaktere zeichnen die Entwickler differenziert und mit Liebe fürs Detail, keine Quest gleicht der anderen. Was will man mehr?
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