Seite 2: Total War: Warhammer im Test - Schlicht und ergreifend

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Einsteigerfreundlich, einfach, vereinfacht

Einsteiger dürften sich in Total War: Warhammer schneller zurechtfinden als in Rome 2 oder Attila. Dem Spiel gelingt es, viele Informationen ein ganzes Stück klarer zu präsentieren. Errichten wir ein Gebäude, sehen wir immer auch gleich alle künftigen Gebäude der Kette mitsamt ihren Effekten, sodass wir unsere Provinzen leichter planen können. Und das Einkommen einer Stadt ist jetzt einfach direkt die Summe, die sie uns aufs Konto schreibt - kein Wohlstandswert, von dem dann erst noch Dinge wie Korruption abgezogen werden.

Viele solcher Details tragen dazu bei, dass Total War: Warhammer uns angenehm von der Hand geht. Nach ein paar Dutzend Spielzügen schlug unsere Freude darüber aber in Enttäuschung über. Zunehmend mussten wir feststellen, dass das Spiel nicht nur übermäßig verworrene Menüs zugunsten der Einsteigerfreundlichkeit gestrichen hat, sondern auch jede Menge handfester Spielmechaniken.

Das neue Gebäudemenü schafft hochwillkommene Übersicht. Das neue Gebäudemenü schafft hochwillkommene Übersicht.

Die Provinzverwaltung leidet besonders darunter. Wir müssen uns nicht mehr um Nahrungsversorgung kümmern, Verschmutzung und Hygiene fallen (abgesehen von der Chaos- und Vampirverseuchung) ebenfalls raus und Steuern lassen sich nur noch ein- und ausschalten statt schrittweise festlegen. Obendrauf verleihen Ressourcen deutlich weniger bemerkenswerte Boni, was die entsprechenden Provinzen zu weniger interessanten Zielen macht. In Attila mussten wir uns etwa Marmor sichern, um die besten Gebäude des römischen Reiches freizuschalten. Jetzt ermöglichen die meisten Ressourcen nur noch ein einziges, belangloses Wirtschaftsgebäude, das in der Regel einfach etwas Geld und Handelsware abwirft.

Steuern heißen bei den Orks zwar »Erpressungsgelder«, ihre Stadtverwaltung funktioniert aber grundsätzlich genauso wie die der anderen Fraktionen. Steuern heißen bei den Orks zwar »Erpressungsgelder«, ihre Stadtverwaltung funktioniert aber grundsätzlich genauso wie die der anderen Fraktionen.

Ganz wenige Rohstoffe wie Eisen lassen uns weiter Spezialgebäude hochziehen, in diesem Fall eine Schmiede für billigere Truppen. Aber auch hier haben die Entwickler gekürzt. In Shogun 2 und Rome 2 konnten wir uns noch entscheiden, ob wir einen Rüstungs- oder Waffenschmied wollten. In Total War: Warhammer hat kein Gebäude mehr unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten, alles wird geradlinig ausgebaut.

Manche Provinzen lassen uns immerhin ganz einzigartige Bauwerke hochziehen, zum Beispiel den Palast von Kislev, der unserer Wirtschaft einen ordentlichen Schub verleiht. Aber auch die bringen keine echten strategischen Entscheidungen ins Spiel, sie sind so gut, dass wir sie immer bauen. Insgesamt hätten wir mehr Tiefgang bei der Provinzverwaltung erwartet, so spielt sich Total War: Warhammer recht geradelinig.Zumal wir auch nicht mehr völlig frei bestimmen, in welche Richtung wir expandieren. Jedes Volk kann nur noch bestimmte Regionen besetzen, Zwerge beispielsweise andere Zwergen-Bergfestungen oder Orksiedlungen. Menschenstädte dürfen wir nur ausplündern oder auf die Grundmauern niederbrennen, aber nie erobern. So sehr hat uns bisher noch kein Total War eingeschränkt.

Als Vampir können wir so eine Zwergenfestung nicht selbst besetzen, nur ausplündern oder einstampfen. Als Vampir können wir so eine Zwergenfestung nicht selbst besetzen, nur ausplündern oder einstampfen.

In die Schlacht!

Die Echtzeitschlachten erfüllen dafür alle Hoffnungen, die wir für ein Fantasy-Total-War hatten. Denn hier holt das Spiel aus seinen unterschiedlichen Fraktionen viel mehr raus als auf der Kampagnenkarte. Wir müssen je nach Volk komplett unterschiedliche Strategien fahren. Wer sich zu sehr an die durchschlagskräftigen Steampunk-Artilleriepanzer des Imperiums gewöhnt, muss bei den Vampiren komplett umdenken: Die haben nicht eine einzige Fernkampfeinheit im Arsenal! Dafür die besten Flieger des Spiels, also genau das richtige, um feindliche Artillerie hinter den Linien auszuschalten.

Monster wie dieser Chaosriese sind größtenteils fantastisch animiert und schlagen richtig wuchtig drein. Monster wie dieser Chaosriese sind größtenteils fantastisch animiert und schlagen richtig wuchtig drein.

Die Zwerge wiederum punkten mit robusten Nahkämpfern in der ersten Reihe und schützen damit vernichtende Sprengstoffwerfer und Flammenwerfertruppen, müssen aber auf schnelle Kavallerie verzichten. Und die Orks prügeln gern mit voller Kraft voraus drauflos und brechen mit Riesen und kolossalen Spinnenmonstern selbst durch die stärkste Linie. Gerade solche monströsen Spezialeinheiten bereichern das Spiel nicht nur strategisch, sie sehen auch durch die Bank fantastisch aus und machen die Schlachten zu filmreifen Fantasy-Spektakeln.

Und da darf Magie natürlich nicht fehlen. Helden lernen unterschiedlichste Zauber, von simplen Stärkungssprüchen bis hin zu Feuerbällen und Kometeneinschlägen. Die können enorm praktisch sein. Kommen wir als Vampir etwa an eine feindliche Fernkampfeinheit nicht ran, lassen wir eben kurzerhand eine Horde Zombies hinter ihnen aus dem Boden sprießen. Trotzdem ist die Magie nicht übermächtig. Unsere Sprücheklopfer schöpfen alle aus einem schlachtübergreifenden Manapool, der sich nicht gerade rasant regeneriert.

Ein Chaosmagier dezimiert unsere Ork-Bogenschützen mit einer Feuersäule. Ein Chaosmagier dezimiert unsere Ork-Bogenschützen mit einer Feuersäule.

Wir müssen unsere Zauber also wohlüberlegt dosieren und sollten ganz bestimmt keine Armee rein aus Magiern bilden. Denn die sind da, um die restlichen Truppen zu unterstützen, wie es sein sollte! Doch auch hier bezahlt das Spiel für seine Neuerungen mit Vereinfachungen an anderer Stelle. Normale Einheiten verlieren fast alle klassischen Fähigkeiten, etwa haben Reiter verlernt, abzusteigen oder eine Keilformation einzunehmen. Das stört uns aber weniger als die Kürzungen auf der Kampagnenkarte, weil haufenweise Zauber und einzigartiger Fantasy-Einheiten es gut ausgleichen.

Der nächste Warhammer-Strategiekracher:Alles zu Dawn of War 3

Auf die Mauern!

Dass nicht alle Vereinfachung schlecht sein muss, zeigen zudem die Belagerungsschlachten. Die schlagen wir jetzt um einen einzelnen Mauerabschnitt statt um eine riesige Stadt, die von allen Seiten attackiert werden kann. Was die Gefechte zum einen intensiver und schneller machen soll, zum anderen der KI den Überblick und die Wegfindung erleichtert. Das funktioniert tatsächlich auf ganzer Linie. Wo Belagerungen in Rome 2 zwar dank ihres Maßstabs faszinierend waren, aber auch mal in Arbeit ausarbeiten konnten, gehen sie in Total War: Warhammer flott von der Hand und spielen sich trotzdem sehr spannend.

Ansturm Mit Belagerungstürmen und dicken Monstern stürmen wir eine Festung der Zwerge.

Eroberung Erobern wir den Platz im Zentrum der Stadt, ist die Belagerung gewonnen.

Vor allem, weil die Fantasy-Einheiten auch hier so einige neue Tricks ermöglichen. Flugeinheiten wie Pegasusritter eignen sich bestens, um einen flinken Ausfall zu machen und ein paar feindliche Katapulte auszuknipsen. Und die breiteren Mauern und Straßen machen die Kämpfe dort angenehmer zu steuern. Die Wegfindung hakt zwar immer noch gelegentlich, aber richtig gravierende Probleme hatten wir nur selten.

Belagerungsleitern kann nun jeder Infanterist an die Mauern stellen, ohne dass wir sie bauen müssen. Belagerungsleitern kann nun jeder Infanterist an die Mauern stellen, ohne dass wir sie bauen müssen.

Erneut ging das Spiel dafür aber Kompromisse ein: Fast jede Infanterieeinheit kann jetzt Belagerungsleitern an die Mauern stellen, die sie quasi aus dem Hut zieht, ohne dass wir sie bauen müssen. Was ein wenig albern aussieht, aber sich nicht schlecht spielt, denn immer noch sind die baubaren Belagerungstürme der effektivere Weg, schnell auf die Wälle zu kommen.

Schade fanden wir nur, dass alle Festungen eines von zwei Grundlayouts benutzen: Entweder ein einzelner gerader Wall oder eine 90-Grad-Mauerecke. Grafisch sehen sie teils richtig umwerfend aus, vor allem die düsteren Vampirfestungen, aber spielmechanisch wäre mehr Abwechslung dringewesen.

Die große KI-Frage

Dafür schlägt sich die KI in den Belagerungen überraschend gut. Sie kommt mit den simpleren Layouts eindeutig besser klar, greift die Mauern an mehreren Stellen an und hält sich auch mal Truppen in Reserve, um am richtigen Ort verstärkt zuzuschlagen. Wenn wir nicht aufpassen, schmuggelt sie schnell Soldaten an unserer Verteidigung vorbei ins Stadtinnere und nimmt dort den Siegpunkt ein. Auch in Feldschlachten nutzt sie schwache Flanken zuverlässig aus und stellt sich ordentlich auf. Und dass sie ihren General wie gehabt rücksichtslos an die Front schickt, ist diesmal dank der kampfstarken Helden ja sogar gewollt.

Unsere Trolle haben Chaos-Obermotz Archaon eingekreist. Von wegen Auserwählter. Unsere Trolle haben Chaos-Obermotz Archaon eingekreist. Von wegen Auserwählter.

Die Gegner haben aber auch diesmal wieder ein paar Schwachstellen, für die wir sie immer wieder bestrafen können. Vor allem lässt sie ihre Artillerie meist unbewacht weitab der Front stehen - was doppelt unklug ist, jetzt wo wir die Geschütze einfach mit Fliegern abräumen können. Auf der Kampagnenkarte spielen die Widersacher ebenfalls ordentlich, aber nicht perfekt. Sie schicken starke Armeen und greifen gnadenlos unverteidigte Städte an, können aber nicht immer einschätzen, ob ein Angriff eine gute Idee ist und rennen auch mal in Streitmächte, die einfach stärker sind als ihre eigenen. So begingen in unserer Vampirkampagne die Chaoskrieger nach einem starken Invasionsbeginn regelrecht Selbstmord.

KI-Stärken... Wir haben unsere Flanke offengelassen, die KI jagt gnadenlos ihre Streitwägen hinein.

und Schwächen Typischer KI-Schnitzer: Die Artillerie steht unbewacht in der Gegend herum, wir nutzen es aus.

Und danach waren wir so mächtig, dass sich kaum noch eine KI-Fraktion überhaupt traute, uns zu attackieren. Die Chaosattacke findet nämlich schon ziemlich früh in der Kampagne statt und war meist unsere größte Herausforderung - besser wäre es vielleicht gewesen, sie käme etwas später und hätte unser Lategame-Imperium aus der Pole Position gekegelt, um in der zweiten Kampagnenhälfte nochmal für mehr Wettstreit zu sorgen. So trägt auch das Chaos zur Geradlinigkeit von Total War: Warhammer bei: Wer es einmal besiegt hat, ist unweigerlich auf der Siegerstraße. Was auch dafür sorgt, dass die Kampagnen tendenziell etwas kürzer ausfallen als in Rome. Obwohl es viel zu erobern gibt, erreichen wir oft schon davor einen Punkt, an dem der Sieg nur noch schwer in den Sand zu setzen ist.

Komplette KI-Aussetzer haben wir diesmal keine verzeichnet, und auch sonst gab's nur wenige Bugs. Einmal schafften es die Orks etwa nicht, einen militärischen Zugangspakt aufzukündigen, obwohl sie uns das jede zweite Runde mitteilten. Insgesamt lief Total War: Warhammer aber angenehm rund - und machte trotz seiner Macken jede Menge Spaß.

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