Tyranny im Test - Das Böse ist richtig gut!

Was für eine herrlich fiese Überraschung: Mit Tyranny liefert Obisidian ein weiteres Rollenspiel-Meisterwerk, das in Sachen Entscheidungsfreiheit selbst ein The Witcher 3 hinter sich lässt.

Tyranny - Test-Video: Manchmal gewinnt eben das Böse! Video starten 9:49 Tyranny - Test-Video: Manchmal gewinnt eben das Böse!

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Unser Leben steckt voller Entscheidungen. Manche wirken sich sofort aus, und wir wissen schon vorher, wie genau. Andere wiederum zeigen erst viel später ihre Folgen - und dann umso heftiger. Zum Beispiel vor dem Traualtar: Wer da »Nö, ich will doch nicht!« antwortet, erlebt die Folgen sofort.

Die Reputation bei allen Anwesenden purzelt ins Bodenlose, unser Schuldenberg beim Ex-Schwiegerpapa in spe steigt. Und wer brav »Ja, ich will!« antwortet, kriegt einen kleinen Instant-Reputationsschub - findet sich aber womöglich Jahre später mit einem doppelt so schweren, tyrannischen Partner in Jogginghose auf der Couch wieder. Man weiß es vorher halt nicht!

Obsidians Rollenspiel Tyranny ist da ähnlich - und das macht es so spannend und nachvollziehbar. Hier sind wir in der mittelalterlichen Fantasy-Welt Terratus als sogenannter Schicksalsbinder unterwegs. Wir vertreten den gottgleichen Herrscher Kyros, der zwei Heere losgeschickt hat, um einen Aufstand niederzuwerfen.

Doch die beiden Armeen könnten unterschiedlicher nicht sein: Auf der einen Seite die Legion der »Geschmähten«, bestens ausgebildet und bewaffnet, diszipliniert, stolz auf ihre Traditionen. Auf der anderen der barbarisch-chaotische Haufen des Scharlachroten Ordens, der seine besiegten Gegner zwangsrekrutiert und dadurch immer größer wird, während die Legion Nachwuchssorgen hat.

Tyranny bringt diese Diskrepanz bereits optisch rüber, allein schon die Lager der beiden Parteien sprechen Bände: Dort die aufgeräumte Legions-Basis mit parallel aufgeschlagenen Zelten und ordentlich angespitzten Palisaden. Und dann das Ordenslager mit wild verteilten Zelten, Marterpfählen und schief verlaufenden Gräben.

Psychotest

Doch bevor wir überhaupt in Tyranny einsteigen, warten schon die ersten tiefgreifenden Entscheidungen. Beim Basteln unseres Charakters herrscht nämlich kein Klassenzwang à la »Du bist jetzt Jäger und super mit dem Bogen, aber zu schlapp zum Großschwert-Schwingen«.

Stattdessen gibt's acht Archetypen, vom redegewandten Diplomaten bis zum nahkampfstarken Ex-Gladiator. Aber selbst diese Vorgaben sind nur grob, wir können uns zum Beispiel als Kampfmagier auf Speer und Schild spezialisieren, aber gleichzeitig auch auf Frostzauber. Dadurch wird unser Held zum Kampfmagier, der mit dem Zauberstab aus der Distanz zuschlägt. Oder mit dem Wurfspeer. Oder mit Speer und Schild in den Clinch geht. Oder doch mit dem Zauberstab? Oder alles in einem Kampf? Das geht einfach, denn wir dürfen jederzeit das Waffenset wechseln.

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Wir können unserem Recken später aber ebenso ein Schwert in die Hand drücken, oder einen Bogen. Denn der Umgang mit Zaubern, Klingen und Co. bringt Erfahrung im entsprechenden Bereich, die Werte werden immer besser. Solche freien Klassensysteme kennen wir zwar auch aus anderen Rollenspielen. Die Elder Scrolls-Reihe macht es zum Beispiel recht ähnlich.

Aber Tyranny legt beim Charakterformen noch einen Zahn zu. Bevor's richtig losgeht, können wir uns optional durch einen Multiple-Choice-Psychotest klicken, der uns durch unsere Vorgeschichte im Krieg führt. Weil die beiden Armeen so zerstritten sind, kommen sie im Kampf gegen die Rebellen einfach nicht aus den Puschen, und wir stehen sozusagen zwischen den Fronten.

Wo ungefähr, das legen unsere Antworten im Psychotest grob fest: Wem sollen wir die besten Eisenwaffen geben? Wer darf ein erobertes Dorf besetzen? Sollen wir eine Stadt durch Sturmangriff, Sabotage oder ein Feuer erobern? Wir wählen Feuer, lernen dadurch sofort einen Feuerzauber - aber die Entscheidung wirkt sich später noch anders aus. Denn wie bei unserem Jogginghosen-Beispiel hat nicht jede Antwort unmittelbare Folgen...

Ursache Im »Psychotest« nach der Charaktererstellung haben wir der Legion wertvolle Eisenwaffen zugeschoben.

Wirkung Ein paar Spielstunden später bekommen wir dafür einen Bonus von der Meisterschmiedin.

Viel Text, viel Klasse

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, erfüllen Sie schon eine wichtige Voraussetzung für Tyranny. Das Spiel fährt nämlich sehr viel, gut geschriebenen (und übersetzten!) Text auf. Dauernd verhandeln wir mit Anführern, Zivilsten, Rebellen und anderen NPCs. Wer richtig in die vielen Nebengeschichten und das Universum von Terratus eintauchen will, der muss lesen, lesen, lesen. Wer ungern liest, wird mit diesem Spiel nicht warm!

Zwar gibt's auch sehr gut vertonte englische Sprachausgabe, die wird allerdings nur sehr sporadisch bei entscheidenden Szenen eingesetzt. Klasse: Viele Schlagwörter sind verlinkt, sodass wir per Klick mitten in einem Dialog schnell nachschauen können, wer eigentlich dieser X ist, von dem unser Gegenüber gerade erzählt.

Lesen, lesen, lesen: Die zahllosen Dialoge, Monologe und Hintergrundinfos erfordern unsere volle Aufmerksamkeit. Wer sich nur durchklickt, hat keine Chance. Die Texte sind sehr gut übersetzt, allerdings gibt’s nur bei einem kleinen Teil (englische) Sprachausgabe – die wiederum prima ist. Lesen, lesen, lesen: Die zahllosen Dialoge, Monologe und Hintergrundinfos erfordern unsere volle Aufmerksamkeit. Wer sich nur durchklickt, hat keine Chance. Die Texte sind sehr gut übersetzt, allerdings gibt’s nur bei einem kleinen Teil (englische) Sprachausgabe – die wiederum prima ist.

Bei den Dialogen will jede Antwort wohlüberlegt sein, schon bei scheinbaren Kleinigkeiten: Während ein Legions-Offizier unserem zackigen Gruß wohlwollend zur Kenntnis nimmt, müssen wir einem Unterführer der Scharlachroten schon mal ein paar Zähne ausschlagen, damit unser Ansehen steigt - und wir obendrein respektvoll ein Schwert geschenkt kriegen.

Je nach unseren Skills können wir sogar spezielle Antworten geben: Listige Charaktere lügen, athletische drohen, gelehrte Helden protzen mit Wissen. Dadurch kassieren wir sogar wie im Kampf Extra-Erfahrung bei der eingesetzten Fähigkeit. Doch so verlockend das ist, sollten wir die Spezial-Antwort genau abwägen, denn schnell ist für die paar zusätzlichen XP unser Gegenüber stinksauer. Wer will, kann sich bei Dialogen auch vorab anzeigen lassen, wie sich verschiedene Antworten auf die Reputation auswirken werden. Das nimmt aber viel Spannung!

Tyranny - Trailer erklärt Begleiter, Kämpfe, Levelsystem und Zauberspruch-Baukasten Video starten 4:37 Tyranny - Trailer erklärt Begleiter, Kämpfe, Levelsystem und Zauberspruch-Baukasten

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