Seite 5: US-Urteil über Videospiele - Schwarzenegger gegen die Spielebranche

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Zusatz: Auszug aus der Anhörung

Am 2. November 2010 hörte der Supreme Court die Vertreter der beiden Klageparteien an, die von den neun Richtern in einer öffentlichen Sitzung zu ihren Standpunkten befragt wurden. Das lesenswerte Protokoll ist auf der Webseite des Supreme Court abrufbar (englisch). Wir geben hier einen Ausschnitt der Befragung von Staatsanwalt Zackery Morazzini wieder, der den Staat Kalifornien vertritt. Unter dem Vorsitz von Richter John G. Roberts äußert sich das Gericht über die Frage, wie starke Gewaltdarstellung zu bewerten sei.

Richter Kagan: Herr Morazzini, was gilt als abartige und morbide Gewalt? Ich habe Ihren Schriftsatz von vorn bis hinten gelesen, und das einzige Spiel, das darin klar unter den Gesetzestext fällt, ist Postal 2. Aber ich nehme an, das Gesetz gilt für mehr als nur ein Spiel. Vorauf lässt es sich also anwenden? Wie viele Spiele? Welche Art von Spielen? Was muss man in einem Videospiel sehen, damit es unter das Gesetz fällt?

Zackery Morrazini: Richter Kagan, ich möchte auf die Definition im Gesetzestext verweisen, die sich auf Spiele bezieht, in denen der Spieler verstümmeln, töten, zerstückeln, foltern, sexuell misshandeln und ähnliche Gewalthandlungen ausführen kann. Ich würde also Spiele einschließen, die ...

Richter Kagan: Also alles mit dieser Art von Gewalt kommt in Frage?

Morrazini: Nein, dann sehen wir uns die drei Säulen des Miller-Standards an, Euer Ehren. Wie überprüfen, ob …

Richterin Elena Kagan: Wie unterscheiden wir dann gewalthaltige Videospiele, die unter die Definition fallen, von solchen, die genauso gewalthaltig sind, aber nicht darunter fallen?

Morrazini: Euer Ehren, eine Jury könnte als Expertengremium herangezogen werden, die auf der Basis von Videoclips des Spielablaufs urteilen, ob ...

Richter Antonin Scalia: Mir geht es nicht um eine Jury, mit geht es um die Hersteller von Spielen, die wissen müssen, wie sie dem Gesetz entsprechen. Sie erklären mir, dass eine Jury zu einer Einschätzung kommen kann – natürlich kann sie das. Aber ein Gesetz mit rechtlichen Konsequenzen muss eindeutig sein. Wie also kann der Hersteller wissen, ob ein spezifisches gewalthaltiges Spiel unter die Definition fällt oder nicht?

Morrazini: Euer Ehren, wenn wir uns anschauen ...

Richter Scalia: Soll er etwa vorab eine eigene Jury einberufen? Als Hersteller wüsste ich nicht, was ich tun soll.

Morrazini: Richter Scalia, ich bin überzeugt, dass die Spieleindustrie wissen wird, was sie zu tun hat. Die Hersteller stufen jeden Tag Spiele auf der Basis des Gewaltgrads ein. Sie bewerten sie nach der Intensität der Gewalt, der Menge …

Richterin Kagan: Also ist das, was hier unter das Gesetz fällt, die Alterseinstufung »Mature« [entspricht einer Freigabe ab 17 Jahren, Anm. d. Redaktion]? Sind es diese Spiele, die das Gesetz abdecken soll?

Morrazini: Ich denke, einige der Spiele mit dieser Altersfreigabe würden unter das Gesetz fallen, aber nicht alle.

Richterin Kagan: Einige, aber nicht alle.

Morrazini: Nicht alle. Euer Ehren, genau wie bei sexuellem Material können wir den einzelnen Vertreibern zutrauen, zu beurteilen, ob ...

Richter Anthony Kennedy: Lassen Sie mich zu diesem Punkt eine Anmerkung machen. Mir scheint, dass die meisten Fragen des heutigen Tages dazu angelegt sind, zu untersuchen, ob dieser Gesetzestext vage ist oder nicht. Sie sagen, die Eleganz des Texts liege darin, dass er Definitionen aus dem Bereich des Obszönität verwendet, und Sie sagen, dass hier eine offensichtlich Parallele besteht. Das Problem ist, dass zu sexuellem Material seit Generationen ein gesellschaftlicher Konsens besteht. Sex und Gewalt existieren beide seit langer Zeit, aber zu sexuellem Material gibt es einen gesellschaftlichen Konsens darüber, was anstößig ist, und es gibt rechtliche Entscheidungen. Diese Gesetzesauslegungen sind nicht präzise. Wir könnten heute die gleichen Fragen über einen Pornographie-Gesetz stellen. Dieses Gericht hat in der Vergangenheit geurteilt, dass bestimmte obszöne Materialien nicht unter der Redefreiheit geschützt sind. Diese Regeln haben Grauzonen an den Rändern, und manche würden sagen: nicht nur dort. Sie bitten uns nun, in einen komplett neuen Bereich vorzustoßen, in dem es keinen Konsens gibt, keine Urteile. Für mich ist das ein Zeichen, dass das kalifornische Gesetz unklar definiert ist.

Morrazini: Richter Kennedy, genau wie mit der Regulierung von sexuellem Material muss man irgendwo anfangen. Kalifornien hat beschlossen, den ersten Schritt zu gehen. Wir können einen Konsens schaffen, welche Art von Gewalt für Minderjährige anstößig ist, genau wie die Rechtsprechung zu sexueller Darstellung sich im Laufe der Zeit entwickelt hat.

Richter Scalia: Was ist mit der exzessiven Glorifizierung von übermäßigem Trinken? Der erste Verfassungszusatz untersagt dem Kongress, die Redefreiheit per Gesetz einzuschränken. Dabei war schon immer selbstverständlich, dass die Redefreiheit Obszönität nicht mit einschließt. Es war nie selbstverständlich, dass Gewaltdarstellung nicht unter die Redefreiheit fallen soll. Sie verlangen von uns, eine neue Form von Verbot zu erschaffen, der das amerikanische Volk nie zugestimmt hat, als es den ersten Verfassungszusatz verabschiedete. Was kommt nach der Gewalt? Trinken? Rauchen? Dürfen Filme, in denen geraucht wird, zukünftig Kindern nicht mehr gezeigt werden? Sollen wir ab jetzt jeden Tag darüber entscheiden, was alles als Ausnahme von der Redefreiheit gilt? Warum ist diese spezielle Ausnahme in Ordnung, aber andere sind es nicht?

5 von 5


zu den Kommentaren (176)

Kommentare(169)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.