Seite 5: Verspielt in Berlin - So funktioniert die USK

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Zensurkritik

Spieler können manche Entscheidung der Jugendbehörden nicht nachvollziehen. Wir haken wegen Modern Warfare 2 nach: In diesem Fall hat die deutsche Version nur deshalb ein »ab 18« erhalten, statt indiziert zu werden, weil man im umstrittenen Flughafen-Level nicht auf Zivilisten schießen darf. Im kooperativen Mehrspielermodus hingegen droht beim Tod von bis zu fünf Unbeteiligten keine Strafe.

Jürgen Hilse ist einer von zwei Ständigen Vertretern der Obersten Landesjugendbehörden. Er entscheidet über die Altersfreigabe. Jürgen Hilse ist einer von zwei Ständigen Vertretern der Obersten Landesjugendbehörden. Er entscheidet über die Altersfreigabe.

Ist das ein Widerspruch? »Nein, denn Multiplayer wird als sportlicher Wettkampf verstanden«, rechtfertigt Jürgen Hilse. »Das sieht man allein am Vorhandensein von Rundenzeiten, begrenzten Arealen oder einer Punktauswertung. Diese Art der Beurteilung deckt sich mit jener der BPjM, die Counterstrike in ihrer Meilenstein-Entscheidung im Jahr 2002 nicht indiziert hat.« Ein wichtiger Aspekt: Im kooperativen Modus von Modern Warfare 2 gebe es zum Beispiel keine Aufforderung, die Zivilisten zu töten. Verrohend und damit ein Indizierungskriterium wäre höchstens, wenn es sich dabei um eine Hauptaufgabe handeln würde. Im Mittelpunkt stehe stattdessen ganz klar das Miteinander im Kampf mit bewaffneten Gegnern.

Trotz aller Aufklärung, zum Beispiel auf der Internetseite USK.de, fällt in Verbindung mit dem Thema Jugendschutz immer wieder das Stichwort »Zensur«. Spieler kritisieren, dass der Hersteller nicht wirklich frei entscheiden kann, ob er an seinem Spiel etwas ändert, um etwa der Gefahr einer Indizierung zu entgehen. Wer eine Altersfreigabe haben wolle, müsse womöglich vorauseilend entschärfen und mithin Selbstzensur ausüben. Das ist zum Beispiel der Grund, warum in Deutschland mit Bloodrayne 2 vor vier Jahren ausgerechnet ein Vampirspiel ab 18 erschien, in dem es gar kein Blut gab. Je nachdem, was die Anbieter aus einem ersten Gutachten der Obersten Landesjugendbehörden herauslesen, entschärfen sie zur Sicherheit manchmal mehr, als vielleicht nötig wäre. Immerhin drohen große wirtschaftliche Einbußen, weil ein indiziertes Spiel für den Markt so gut wie tot ist: Es darf weder öffentlich angeboten noch beworben werden. Spielemagazine verzichten in der Regel auf eine Berichterstattung, weil ihnen ebenfalls der Index droht. Eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit?

Spiel =Porno

»Die Vertriebsbeschränkungen bei Indizierungen gehen so weit, dass sich Händler bereits strafbar machen können, wenn sie ein Spiel ohne Kennzeichnung wie einen normalen USK-18-Titel behandeln«, sagt Patrick Portz, der momentan am Institut für Politische Wissenschaft der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen seine Doktorarbeit mit dem Titel »Der deutsche Jugendmedienschutz – Jugend- oder Erwachsenenmedienschutz? « schreibt.

Im umstrittenen Flughafen-Level von Modern Warfare 2 darf man in der deutschen Version nicht auf Zivilisten schießen. Im umstrittenen Flughafen-Level von Modern Warfare 2 darf man in der deutschen Version nicht auf Zivilisten schießen.

»Schwer jugendgefährdende Medien gelten nach der Logik des Paragraphen 15, Absatz. 2 des Jugendschutzgesetzes automatisch als indiziert, ohne dass es einer formellen Entscheidung der BPjM bedarf. « Weil das kaum kalkulierbar sei, verzichte der Handel weitgehend darauf, ungekennzeichnete Spiele offen anzubieten. Patrick, selbst passionierter Spieler, weist ferner darauf hin, dass Händler nur dann rechtlich einwandfrei handeln,wenn sie ein indiziertes Spiel in einem reinen Erwachsenengeschäft ausstellen. Läden, die für diesen Fall lediglich eine Ab-18-Abteilung ohne öffentlichen Zugang anbieten, verstoßen gegen das Gesetz. Folglich dürften indizierte Titel zum Beispiel nur in einem Pornoshop offen ausliegen, was nach Meinung des 27-Jährigen zur Stigmatisierung der Spieler führt. Als Konsequenz verkaufen Spieleläden indizierte Titel – wenn überhaupt – nur unter der Ladentheke.

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