Wargame: Red Dragon im Test - Schuss vor den Bug

Landschlachten, Luftkämpfe und Seegefechte! Mit Wargame: Red Dragon hätte der Entwickler Eugen System die definitive Antwort für Hardcore Echtzeit-Taktik liefern können. Der Test zeigt: Das Ergebnis ist das bisher beste Wargame-Spiel, schwächelt aber bei den Neuerungen und der Balance.

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Es hätte so schön sein können: Bevor sich der französische Entwickler Eugen Systems an ein neues Strategiespiel setzt, hätte er mit Wargame: Red Dragon die Entwicklung der Wargame-Serie mit einen Paukenschlag vorerst beenden und nebenbei das beste Hardcore-Echtzeit-Taktikspiel auf den Markt bringen können. Die Rezeptur stimmt jedenfalls: Landschlachten, Luftkämpfe und Seegefechte mit über 1.400 Einheiten, das Ganze im knallharten Multiplayer oder in vier spannenden Singleplayer-Kampagnen verpackt. Scheinbar sitzt man aber bereits mit voller Energie am kommenden Projekt Act of Aggression. Schade für Red Dragon.

Was ist neu?
- Marine: darunter Schiffe, Amphibienfahrzeuge und Bodentruppen in Landungsbooten
- Nationen: 17; neu sind Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea, Nordkorea und China
- Einheiten: ca. 1.400 Einheiten zu Boden, Luft und See. (Vorgänger: ca. 800)
- Zeitraum: 1975 bis 1991, mit Prototypen wie Eurofighter Typhoon und Tiger Helikopter
- Schauplatz: Südostasien von Nordkorea im Nordosten bis Vietnam im Südwesten
- Kampagnen: vier: Bousan Kessel, Bär gegen Drache, Perle des Orients, Erklimmt die Narodnaja
- Multiplayer-Maps: 30 neue Karten
- DLC-Pläne: neue Prototypen für Nicht-Kampagnen-Nationen, Kampagne »Der zweite Koreakrieg«

Thatcher im Porzellanladen

Nach der ernüchternden Kampagne des Vorgängers AirLand Battle soll Wargame: Red Dragon endlich alles besser machen. Konkret wurde an der Narration geschraubt, statt Zufallsereignissen folgen wir einer von vier Kampagnen zwischen 1979 und 1987, deren Handlungsverlauf strikt vorgegeben ist. So spielen wir im Szenario »Perle des Orients« auf Seiten der Briten. 1982 will China den Anschluss Hongkongs ans Festland erzwingen, die britische Premier Margaret Thatcher dagegen Hong Kong weiterhin im Commonwealth erhalten. In Wirklichkeit konnten sich China und Großbritannien damals friedlich einigen, in Red Dragon gibt die Iron Lady nicht klein bei und löst 1984 einen Krieg um das Handelszentrum Asiens aus.

Die Schritte zum Krieg werden in einer schicken Sequenz aus Realfilmszenen erzählt, die wie ein Zusammenschnitt aus Nachrichtensendungen wirkt. Solche Sequenzen tauchen leider nicht mehr innerhalb der Kampagne auf. Stattdessen bekommen wir nicht vertonte Texteinblendung von mehr oder minder wichtigen Personen unserer Kommandokette. Die haben keine Persönlichkeit oder bringen die Story voran, sondern erklären nur den militärischen Ablauf in kurzen Zweizeilern. Das ist enttäuschend, wenigstens beim Beenden eines Einzelspieler-Feldzugs und bei großen Ereignissen hätten weitere Videosequenzen der Atmosphäre gut getan.

Die Kampagnen Insgesamt vier zusammenhanglose Kampagnen bietet Wargame: Red Dragon. Die basieren auf tatsächlichen Begebenheiten, Magaret Thatchers Szenario beruht auf den Hongkong-Verhandlungen von 1982.

Der Narrator Aus European Escalation ist der »Narrator« zurück: Kampagnen werden durch eine fiktive geschichtliche Nacherzählung mit Videoszenen eingeleitet. Stimmiger gehts kaum.

Die Kommandokette Innerhalb des Spiels gibt es keine coolen Zwischensequenzen mehr. Stattdessen nehmen wir alternativlos die Informationen der Kommandokette entgegen, die uns über nahende Ereignisse wie das Eintreffen von Nachschub oder dem Auftauchen besonderer Feindregimenter hinweist.

Dabei ist die Ausgangslage gerade im Thatcher-Szenario hochspannend: Die Briten besitzen nur eine mittelstarke Garnison und drohen, von der chinesischen Übermacht überrollt zu werden. Wir bekommen nach und nach Unterstützung aus dem gesamten Commonwealth, per Flugzeug werden kanadische und australische Truppen hektisch eingeflogen. Zudem ist die britische Flotte auf dem Weg und die Premierministerin trifft sich in zehn Spieltagen mit dem chinesischen Führer Xiaoping - unser Geschick auf dem Schlachtfeld entscheidet, welche Karten die Iron Lady am Verhandlungstisch in der Hand hält. Zumindest vorgeblich, in Wirklichkeit müssen wir die Chinesen einfach zurückdrängen und uns in Hongkong eingraben, um das Szenario mit einem Waffenstillstand abzuschließen. Wir hätten uns eine viel spannendere und besser erzählte Kampagne gewünscht, Eugen Systems lässt das heiße Eisen nach dem tollen Einstieg aber einfach fallen - mehr als verschenktes Potenzial.

General und Kommandant

Spielerisch hat sich im Einzelspieler wenig getan: Wir schicken unsere Armeen in Rundentaktikzügen über eine in Provinzen aufteilte Karte, ein Zug entspricht dabei einem Tag Spielzeit. Kommt es zum Kampf, lädt das Spiel die Echtzeit-Taktik-Schlacht, und wir dürfen wie aus AirLand Battle gewohnt Truppen aufstellen und strategische Punkte einnehmen und halten. Alternativ lassen sich Kämpfe nun auch auswürfeln, dann haben wir aber auch gar nichts mehr zu tun - Forschung oder Aufbaupart fehlen konsequenterweise, was dem realistischen Anspruch von Wargame gerecht wird. Schließlich baut man in zehn Tagen nicht einfach mal eine Hightech-Waffenfabrik irgendwo in Südostasien auf.

Neu ist dagegen, dass wir nicht mehr ganze Divisionen über die Karte kommandieren. Stattdessen verteilen wir einzelne Regimenter und verstärken diese mit kleineren Bataillonen, um Schwächen auszugleichen. So kann unser Luftlanderegiment eine große Menge Infanterie per Hubschrauber auf die Karte bringen, der Truppe fehlt es aber an gepanzerten Einheiten und Artillerie. Deshalb teilen wir dem Regiment ein Panzer und ein Mörserbataillon zu, die alleine keine Schlacht gewinnen könnten - aber die Nachteile des Regiments abfedern. Im Verlauf einer Partie wird die Karte dadurch leider unübersichtlich, zehn oder mehr Truppenmarker pro Provinz sind keine Seltenheit.

Auf der Strategiekarte sehen wir den gesamten Kriegsschauplatz. Dynamisch veränderliche Karten gibt es nicht, kleine Marker zeigen Regimenter und Bataillone an. Welche Einheiten wir konkret in den Schlachten anfordern dürfen, sehen wir in der Übersicht rechts. Auf der Strategiekarte sehen wir den gesamten Kriegsschauplatz. Dynamisch veränderliche Karten gibt es nicht, kleine Marker zeigen Regimenter und Bataillone an. Welche Einheiten wir konkret in den Schlachten anfordern dürfen, sehen wir in der Übersicht rechts.

Über in Schlachten verdiente Politikpunkte dürfen wir zudem neue Bataillone anfordern, wie die im Thatcher-Feldzug genannten Truppen von Kanada und Australien. Raus sind dagegen die aus AirLand Battle bekannten taktischen Fähigkeiten, die Kampfboni liefern - beispielweise Luftaufklärung, Hinterhalte oder taktische Nuklearwaffen, die dem Gegner Moralpunkte und Einheiten vor der eigentlichen Schlacht kosten.

Die Kämpfe selbst gestalten sich relativ mau, was an der zwiespältigen KI liegt: Die führt taktisch klug Truppen ins Feld und nutzt konsequent unsere Fehler aus, cheatet aber und macht gelegentlich dumme Fehler. So kann sie beispielsweise zu jeder Zeit die gesamte Karte sehen, greift unsere unverteidigten Punkte gezielt an und schießt mit Artillerie auf getarnte Einheiten. Ohne vorherige Aufklärung wohlgemerkt. Zudem muss sie sich an ihr maximales Truppenlimit halten, wirft uns aber sofort die gesamte Streitmacht entgegen - während wir mit Aufstellungspunkten Einheiten anfordern müssen. Das wird besonders lächerlich, wenn wir der Verteidiger sind und eigentlich alle Einheiten sofort auf dem Schlachtfeld haben sollten. Genauso albern: Die Schlachten enden nach Erreichen eines Punktelimits abrupt, auch inmitten des größten Feuergefechts. Ein Rückzugs-Epilog wäre in Zeiten eines Titanfalls (Shooter hin oder her) absolut machbar und ein deutlich realistischerer und befriedigender Abschluss der Kämpfe.

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