Seite 2: Wasteland 2 - Ein Kick für die Endzeit

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Funkverkehr

Aber worum geht es überhaupt in dieser Hauptstory? »Es beginnt mit einem Mord«, erklärt Fargo nebulös, wie so viele Entwickler hat er panische Angst, aus Versehen zu spoilern. »Und dann bekommen deine Ranger ein seltsames Funk-Signal, und das setzt die ganze Geschichte in Gang.« Solche Funk-Übertragungen sollen im Laufe des Spiels die Handlung maßgeblich vorantreiben - eine clevere Idee, die frappierend an die Audio-Tagebücher von System Shock 2 oder Bioshock erinnert, denn auf diese Weise lässt sich eine Story gleichzeitig sehr effektiv und sehr kostengünstig inszenieren.

»Sagen wir mal, du begegnest einer Frau, die von einem Roboter angegriffen wird. Also erschießt du den Roboter. Aber wenn die Frau vorher fünf Minuten lang um Hilfe gefleht hat, und du dann genau die gleiche Szene erlebst, hat sie viel mehr emotionale Wucht«. Das Funkgerät soll dabei übrigens nicht als Einbahnstraße funktionieren, die uns bloß von einer Quest zur nächsten transportiert, sondern ähnlich wie etwa die Diskjockeys aus Fallout 3 und Fallout: New Vegas individuell auf unsere Aktionen reagieren.

So kann's passieren, dass unsere Ranger etwas aufrichtig Gutes tun, die bösen Jungs das im Äther aber auf eine Weise hinbiegen, die plötzlich uns als die bösen Jungs dastehen lässt. Denn Gebrauch von solchen Übertragungsmöglichkeiten machen nicht nur Frauen mit Roboterproblemen, sondern auch die zahlreichen Kulte und Fraktionen der postapokalyptischen Welt.

»Darf ich noch etwas Arm reichen?«

So also sieht das Jahr 2087 aus, wenn im Jahr 1998 ein globaler Nuklearkrieg die Erde verwüstet. So also sieht das Jahr 2087 aus, wenn im Jahr 1998 ein globaler Nuklearkrieg die Erde verwüstet.

Neben religiösen Fundamentalisten, die glauben, dass der Tag der Entrückung längst gekommen sei und irgendjemand (vorzugsweise sie selbst) den übrig gebliebenen Müll entsorgen müsse, gibt's zum Beispiel die »Children of the Citadel«, halb Mensch, halb Maschine und vollständig davon überzeugt, dass reine Menschen unter ihrer Würde seien.

Die »Red Scorpions« wiederum kann man sich vorstellen wie eine Bande von paranoiden, regierungskritischen Waffennarren, die tatsächlich denken, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bevor sich die Zivilisation in einem nuklearen Holocaust selbst vernichtet … was, wenn man mal darüber nachdenkt, auch ziemlich genau so passiert ist.

Unser aktueller Favorit aber sind die »Mannerites« (frei übersetzt: die Manierlichen), eine ausgesprochen vornehme und zivilisierte Gruppe, die auch im Angesicht des Weltenbrands nie ihre gute Kinderstube vergisst, und ganz nebenbei »die höflichsten Kannibalen sind, denen du je begegnet bist«.

Wie viele Kulte und Fraktionen es im Ödland der US-amerikanischen Westküste insgesamt gibt, will Fargo aktuell noch nicht verraten; mehr als die vier genannten sollen es aber auf jeden Fall sein. Teilweise haben sie auch ihre eigenen Sendungen, in denen sie sich im Stile einer klassischen Radio-Show um die Nöte der Anrufer »kümmern«. Geschrieben werden die Geschichten übrigens unter anderem von Colin McComb (Planescape: Torment) und Chris Avellone (Fallout 2), der parallel auch an Project Eternity mitarbeitet.

Besser als Bard's Tale?

Der Rangierbahnhof wirkt zunächst verlassen. Eine hohe Beobachtungsfähigkeit wäre jetzt nützlich. Der Rangierbahnhof wirkt zunächst verlassen. Eine hohe Beobachtungsfähigkeit wäre jetzt nützlich.

Apropos Planescape: Torment: Nachdem inExile vor wenigen Monaten mit Torment: Tides of Numenera einen geistigen Nachfolger ankündigte und bei Kickstarter mehr als vier Millionen Dollar sammelte, häuften sich besorgte Stimmen, dass die Entwicklung von Wasteland 2 unter dieser Doppelbelastung leiden könne - schließlich sei inExile ja kein großes Studio. Brian Fargo allerdings versichert uns durchaus glaubhaft, dass mit dem eigentlichen Spiel-Design von Torment, also dem Level-Aufbau oder dem Programmieren, erst begonnen werde, wenn die Arbeiten an Wasteland 2 vollständig abgeschlossen sind. Bis dahin entsteht von Torment nur die Geschichte.

Die entscheidende Frage lautet also: Steckt unter dem Endzeit-Setting und den wunderbar morbiden Kulten auch ein gutes Rollenspiel? Schließlich ging der erste Genre-Versuch von inExile ziemlich in die Hose, dem 2005 veröffentlichten The Bard's Tale fehlte es zwar auch nicht an originellen Ideen, wohl aber an einer runden Spielmechanik - und mit dem legendären Vorbild hatte es ohnehin bloß den Titel gemein.

CLASSIC

Wasteland 2 hingegen besinnt sich auf klassische Rollenspiel-Tugenden aus den Tagen von Fallout 2, Planescape: Torment oder Baldur's Gate. Vier Ranger dürfen wir zu Spielbeginn selbst erstellen, zum Einsatz kommt das treffend benannte CLASSIC-System, eine Ableitung aus den sieben Attributen Charisma, Luck (Glück), Awareness (Wahrnehmung), Strength (Stärke), Speed (Geschwindigkeit), Intelligence (Intelligenz) und Coordination (Koordination) - bis heute nutzt die Fallout-Reihe mit dem SPECIAL-System eine ganz ähnliche Mechanik.

Dazu gibt's 33 Fähigkeiten in den Kategorien »Kampf«, »Wissen« und »Allgemein«. Schon die Charaktererschaffung kann sich also zum abendfüllenden Unterfangen entwickeln, zumal es durchaus möglich ist, dass wir uns hoffnungslos »verskillen«, auch wenn man sich dazu laut Produzent Chris Keenan schon ziemlich dämlich anstellen müsse.

Überhaupt haben Fargo und sein Team keine Skrupel, sich beim Schwierigkeitsgrad an den Klassikern der 90er-Jahre zu orientieren - und eben nicht am inzwischen allgegenwärtigen Bloß-keine-Frustmomente-Trend. »Wenn du dir Dark Souls anschaust, dann ist das ein ziemlich guter Beweis dafür, dass man seine Spieler nicht wie Babys behandeln muss. Weißt du, was ich an den Herr der Ringe-Filme mochte? Dass Teil eins und zwei einfach angefangen haben. Die haben mir nicht erklärt, was im ersten passiert ist. Boom, und ich war drin. Wir glauben, dass unsere Spieler clever sind und eine Herausforderung wollen - und die geben wir ihnen.«

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