Absehbare Konsequenzen
Dass Wer ist Hanna? in den Action-Abschnitten nicht sonderlich gut funktioniert, ist auch ihren Gegenspielern geschuldet, die selten gefährlich genug wirken. Die meiste Zeit über werden Vater und Tochter separat von beauftragten Kriminellen gejagt, die sich unprofessionell anstellen und die trotz aufgezwungener Merkwürdigkeiten nie wirklich markant wirken. Selbst Cate Blanchett als weiblicher Oberbösewicht enttäuscht – wenn auch auf hohem Niveau. Mit roter Mopp-Frisur hält sie die Strippen ihrer Operation, bellt Befehle und versucht möglichst hart und gefühlskalt zu wirken, bleibt aber eintönig und austauschbar. Eine kaum verwertbare Rolle.
Ex-Hulk Eric Bana bekommt schlicht zu wenig zu tun, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Einziges Highlight ist eine solide gefilmte Kampfsequenz in einem deutschen U-Bahntunnel, in dem Bana mehrere Gegner fachmännisch abfertigt. Was als vermeintlich liebenswerte Vaterfigur beginnt, offenbart sich im Verlaufe einer absehbaren Verschwörungsgeschichte als fragwürdige Mentorengestalt, deren interessante Komponente der moralischen Fragwürdigkeit seiner Taten jedoch nie zum Thema gemacht wird. Ein verpasste Chance, die die Vater-Tochterbeziehung auf eine interessant Probe hätte stellen können.
Krachgewitter
Filmtechnisch wandelt Regisseur Joe Wright auf bekannten Pfaden. Charakterszenen inszeniert er mit derselben Sorgfalt seiner vorherigen Dramen (Abbitte, Stolz & Vorurteil) und fängt Hannas Geschichte in sehenswerten Bildern ein. Nicht ganz so überzeugend, ist die Sound-Untermalung, denn neben gelungenen ruhigen Tönen greift Wright mehrmals auf die Soundfabrik der Chemical Brothers zurück und lässt kratzende Elektro-Sounds gewittern. Was in Black Swan als Veranschaulichung von Ninas zerbrochenem Verstand funktionierte, wirkt hier jedoch deplatziert. So kann der gute Name der Krachmacher nur noch als Aushängeschild herhalten, ohne inhaltlich positiv beizusteuern.
Was Wright andererseits sehr gut gelingt, ist es Tempo zu schaffen. Schnitt und Kamera erzeugen einen treiben Puls, der Hannas dauerhafte Sprungbereitschaft auch in den ruhigen Abschnitten glaubhaft überträgt. Die junge Elite-Killerin hat ihre Sinne geschärft und ist immerzu fähig, jederzeit blitzschnell davon zu hasten oder plötzlich auftauchenden Gefahren bei Bedarf das Genick zu brechen. Eine Dynamik und Anspannung, die den Film maßgeblich voran treibt und ihn trotz charakterlicher und inhaltlicher Schwächen im Verbund mit der guten Hauptdarstellerin bis zum Ende unterhaltsam am Leben erhält.
Fazit
Christian Mester: Hanna ist eine interessante Charakterstudie mit einer sehr talentierten Jungdarstellerin in der Hauptrolle. Als Action-Thriller kann der Film weniger überzeugen. Schwach ausgearbeitete Abziehbilder-Gegner und ein einfallsloser Verschwörungsplot destabilisieren eine Spannung, die von einer ansonsten kompetenten Regie aufgebaut wird. Ein durchaus solider Film, aber kein Meisterwerk.
(Zusammen mit den Kollegen des Filmmagazins bereitsgesehen.de stellt GameStar wöchentlich einen neu im Kino angelaufenen Film vor.)
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