Wunderkiste PC (Teil 2) - Perfekte Steuerung, konkurrenzlos günstig

Teil 2 unserer Reportserie: Auf dem PC spielen weltweit nicht nur die meisten Menschen, auf ihm entstehen auch die meisten Spiele. Woran liegt das, und warum kann PC-Spielen konkurrenzlos günstig sein?

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Crytek-Chef Cevat Yerli grinst bis über beide Ohren, als wir ihn im März auf der weltgrößten Entwicklerkonferenz GDC in San Francisco treffen. Das Geschäft mit der CryEngine boomt, die Interessenten für eine Lizenzierung der Grafiktechnologie stehen am Crytek-Stand buchstäblich Schlange.

Crytek, ursprünglich ein klassischer PC-Entwickler, gilt inzwischen plattformübergreifend und weltweit als der Technologieführer für Spielegrafik. Aber auch bei anderen Engine-Entwicklern wie Epic (Unreal-Engine), Unity und Trinigy (Vision-Engine) brummt der Laden. »Bei rund einem Drittel aller Spiele-Entwicklungen wird inzwischen Fremdtechnologie eingesetzt«, erläutert der Trinigy-Geschäftsführer Dag Frommhold, dessen Vision-Engine unter anderem in Gothic 4, Die Siedler 7und Stronghold 3werkelt.

Dieser Trend – da sind sich Yerli und Frommhold einig – wird sich in den nächsten Jahren nochmals verstärken. Davon profitiert vor allem der PC. Der Trend zur Engine-Lizenzierung hängt eng mit der Explosion der Entwicklungskosten zusammen. Die Budgets qualitativ hochwertiger Spiele für Playstation 3 und Xbox 360 liegen in der Regel im zweistelligen Millionenbereich, Ausnahmetitel wie Red Dead Redemptionoder Modern Warfare 2durchbrechen sogar die 100-Millionen- Dollar-Schallmauer.

Crysis 2 wird nicht nur für PC, sondern auch für PlayStation 3 und Xbox 360 entwickelt. Crysis 2 wird nicht nur für PC, sondern auch für PlayStation 3 und Xbox 360 entwickelt.

Zweitgrößter Kostenfaktor ist nach dem Marketing die Technologie. Engines können diese Kosten senken, weil das technologische Grundgerüst bereits steht, was sowohl Zeit- als auch Personalaufwand spart. Selbst wer keine fremde Engine einkauft, entwickelt deshalb in der Regel eine hausinterne Technologie-Lösung, die in möglichst vielen Spielen zum Einsatz kommt, um die Kosten zu senken. So setzt Red Dead Redemption auf das gleiche Grafikgerüst wie GTA 4, die Ego-Engine von Codemasters werkelt sowohl in Dirt 2als auch in Operation Flashpoint 2.

Engines verringern jedoch nicht nur die Kosten, sie erleichtern auch die Multiplattform-Entwicklung. »Am besten ist es, von Anfang an auf mehreren Plattformen parallel zu entwickeln und nicht erst im Nachhinein zu portieren«, verdeutlicht Frommhold. Denn dann muss der Level-Designer von Gothic 4 nur einmal das Monster platzieren, und die Engine stellt automatisch sicher, dass das Vieh nicht nur auf dem PC, sondern auch auf der Xbox 360 und der PS3 den Spieler angreift. Den Entwicklern kommt dabei entgegen, dass die Unterschiede zwischen PC und Konsolen deutlich geringer sind als noch bei der letzten Generation. »Bei der Basis-Funktionalität gerade im Grafikbereich sind sich Xbox 360, Playstation 3 und PC recht ähnlich. Vor allem bei der Playstation 2 waren die Unterschiede viel größer«, so Frommhold.

Der Blockbuster Modern Warfare 2 erschien für alle Plattformen und setzte auf eine bewährte Engine. Der Blockbuster Modern Warfare 2 erschien für alle Plattformen und setzte auf eine bewährte Engine.

Und je geringer der Aufwand für eine PC-Version desto geringer ist auch das finanzielle Risiko. Die Folge: Selbst klassische Konsolentitel wie Dead Space, Street Fighter 4und Blurerscheinen inzwischen fast selbstverständlich auch auf dem PC. Der derzeit spannendste Markt für die Engine-Entwickler ist dabei aber weder Europa noch Nordamerika, sondern Asien. »Sobald in Ländern wie Indien oder China die Internet-Infrastruktur hergestellt ist, wird es dort gerade im MMO-Bereich richtig abgehen. Und das dauert nicht mehr lange«, prognostiziert Yerli.

Diese Gaming-Schwellenländer haben alle eine Sache gemeinsam: Sie sind extrem PC-lastig, Konsolen finden dort quasi nicht statt. Wer in diesen Wachstumsmärkten erfolgreich sein will, muss also ganz automatisch auf PC-Spiele setzen und seine Technologie entsprechend ausrichten. Und das gilt laut Yerli nicht nur für Engine-Entwickler wie Crytek und Trinigy, sondern vor allem auch für die großen Publisher wie Electronic Arts, Activision Blizzard und Ubisoft. Der Siegeszug der digitalen Distribution ist ein weiterer Grund dafür, dass der PC als Entwicklungsplattform weiter an Boden gewinnt. Denn dank Steam und Co. können kleinere Teams ihre Spiele inzwischen auch ohne die kostspielige Hilfe von Publishern erfolgreich veröffentlichen. Und da diese Studios zumindest anfangs keine Chance auf ein Konsolen-Entwicklungskit haben, programmieren sie ihre Spiele primär für den PC – prominente Beispiele sind etwa Audiosurf oder World of Goo.

Auch Ausbildungsinstitute und Hochschulen müssen ganz automatisch auf den PC setzen, wenn sie sich mit Spiele-Entwicklung und Forschung beschäftigen. Die Engine-Entwickler wie Crytek und Trinigy tragen dem Rechnung und stellen den Schulen spezielle Uni-Versionen ihrer Technologien zur Verfügung. Der PC ist aktuell die Speerspitze der technischen Innovation und wird seine Vormachtstellung mindestens noch zwei bis drei Jahre halten. Der Grund: Die Lebenszyklen von Xbox 360 und Playstation 3 werden deutlich länger anhalten als bei den Vorgängermodellen. Es ist natürlich erheblich günstiger, mit Eingabegeräten wie Playstation Move oder Kinect die Lebensdauer von alten Konsolen zu verlängern, als komplett neue Modelle zu entwickeln. Cevat Yerli rechnet erst 2012 oder 2013 mit der nächsten Generation von Sony und Microsoft. Auch Dag Frommhold meint: »Ich denke schon, dass der PC seinen Entwicklungsvorsprung weiter ausbauen kann. Es bleibt nur die Frage, ob die Entwickler diese Vorlage auch nutzen.«

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