Seite 4: Wunsch und Wirklichkeit - Den Mund zu voll genommen?

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Entfernt

Warcraft 3: Blizzard hatte die Brennende Legion als eines der spielbaren Völker geplant. Warcraft 3: Blizzard hatte die Brennende Legion als eines der spielbaren Völker geplant.

Auch Cevat Yerli von Crytek weiß um das Problem nicht funktionierender Konzepte, sieht das aber eher nüchtern: »Ein Spiel besteht aus Hunderten von Elementen und Systemen. Da ist es ganz normal, dass man etwas ändern, kürzen oder entfernen muss. Das ist Teil einer kreativen und guten Entwicklung, keine Krise.«

Das Crysis-Team verfuhr hierbei nach dem so genannten PQZ-Prinzip, dass das Verhältnis zwischen Priorität, Qualität und Zeitaufwand definiert. Fällt ein geplantes Element in einer der Kategorien durch, weil es etwa zu viel Zeit und damit Geld kostet, wird es entfernt. Das betraf beispielsweise die Klettereinlagen auf den haushohen Huntern, die laut Yerli zwar durchaus innerhalb des Budgets lagen, aber nicht den erwarteten Ansprüchen genügten und deshalb der Schere zum Opfer fielen. »Für uns ist letztlich die Qualität und nicht die Quantität das Wichtigste «, begründet er die Entscheidung.

Chris Rhinehart, Projektleiter bei Prey, pflichtet dem bei: »Die von uns geplanten Fertigkeiten für Tommy fühlten sich größtenteils überflüssig an. Also haben wir uns entschieden, die Anzahl der Spielelemente drastisch zu reduzieren und die verbliebenen dafür optimal einzubauen. « Tim Gerritsen, Chef von Human Head, gibt ein weiteres Beispiel: »Auf dem Papier hören sich zerstörbare Landschaften toll an. Aber wenn man das ernsthaft umsetzt, also nicht nur an ein paar ausgewählten Stellen im Level, dann wirft das schwere Probleme auf und ruiniert im schlimmsten Fall den Spielfluss. « Die logische Folge: raus damit!

Verschätzt

Nur der Spirit-Walk ist als Fähigkeit in Prey übrig geblieben. Nur der Spirit-Walk ist als Fähigkeit in Prey übrig geblieben.

Derart strukturiert läuft die Entwicklung eines Spiels beileibe nicht immer ab. Vor allem gegen Ende, wenn der Veröffentlichungstermin näher rückt, lassen sich geplante Elemente oft nicht mehr umsetzen. »Es benötigt 20 Prozent der Zeit, um 80 Prozent eines Spielinhalts umzusetzen, aber 80 Prozent der Zeit, um die restlichen 20 Prozent abzuschließen «, schildert Cevat Yerli das Problem. Laut dem Crytek-Chef mussten in Crysis deshalb ganze Spielabschnitte weichen, und auch das Finale war »nicht unbedingt unsere Glanzleistung«, weil die Zeit fehlte.

Ein weiteres prominentes Beispiel ist Stalker. Für den Ego-Shooter hatte GSC Gameworld zwar viel Zeit (das Team arbeitete über fünf Jahre an dem Spiel), aber massive Probleme während der Entwicklung. Der mehrmalige Wechsel des technischen Grundgerüsts und nicht zuletzt die Reibereien mit dem Publisher THQ warfen die Produktion immer wieder zurück. Das Resultat: Zahlreiche Spielelemente wurden gestrichen. So war zum Beispiel eine KI geplant, die auf SOS-Rufe reagieren und untereinander kommunizieren sollte. Das Konzept ging sogar so weit, dass entfernte Kollegen per Handzeichen zu verstehen geben sollten, ob sie den eben gegebenen Befehl verstanden hätten – oder eben nicht.

Außerdem hatte GSC einen Freeplay-Modus mit zufallsgenerierten Quests, kooperative Missionen und Fahrzeuge (vom Lada Riva bis zum Panzerwagen BTR-70) angekündigt. Letztere konnten wir bei zwei Entwicklerbesuchen zwar sogar ausprobieren (GameStar-Ausgaben 06/2003 und 06/2004), trotzdem fehlen sie im fertigen Spiel. »Das Leveldesign ist vor allem wegen der Anomalien auf das vorsichtige Vorantasten des Spielers ausgelegt«, erklärt Anton Bolshakov, Projektleiter bei Stalker. »Da haben Fahrzeuge einfach nicht hineingepasst.« Die Fans waren anderer Meinung: Sie bastelten kurzerhand Mods, die die Autos im Spiel freischalten.

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