Komplex, spannend, wunderschön

Hach ja... einmal auf einer karibischen Insel ohne Touristen die Sonne, den Strand und das himmelblaue Meer genießen. Wer von verträumten Blicken in...

von - Gast - am: 29.09.2010

Hach ja... einmal auf einer karibischen Insel ohne Touristen die Sonne, den Strand und das himmelblaue Meer genießen. Wer von verträumten Blicken in Reiseprospekte die Nase voll hat, der kann sich ja mal an „Far Cry“ versuchen, auch wenn dieses natürlich schon längst von „Crysis“ überholt worden ist. Aber Vorsicht! Die Inselidylle wird von Dr. Krieger, seinen grimmigen Söldnern und später sogar Mutanten jäh gestört.

Ins kalte Wasser geschmissen

Eigentlich wollte sich Jack Carver nur um sein Boot und den Job, der damit verbunden ist, kümmern, doch holt ihn eine Rakete prompt in die Realität zurück. Als er die CIA-Agentin Valerie mit der Nussschale auf eine tropische Insel bringen soll, stört er damit das Hoheitsgebiet des Dr. Krieger, der sich mit seiner Söldnerarmee auf dem abgelegenen Land niedergelassen hat. Als unfreundliche Begrüßung fliegt das Boot in die Luft, und Carver ist als ungebetener Gast auf der Insel gestrandet. Zum Glück ist der Bunte-Hemden-Narr ein Ex-Soldat, so dass er, und der Spieler, sich entsprechend wehren können.

Als Einzelkämpfer wider Willen dürfen wir dann das Eiland durchstreifen. Da wir unsere Passagierin vermissen, gibt es auch ein Ziel zu erreichen, und so schleichen wir durch das tropische Dickicht, gesäumt von etlichen Gegnern. Bevor es jedoch ins Getümmel geht, lernen wir in einem verlassenen Bunkergebäude die Steuerung. Diese ist, wie sich bald herausstellt, sehr direkt und recht komplex. Nicht nur die shootertypischen Tasten sind hier wichtig, sondern auch die Benutzung von Granaten oder dem Fernglas, das für die nächsten gut 15-20 Spielstunden ein sehr wichtiges Utensil ist. Damit lässt nicht nur in die Ferne gucken, sondern auch Gegner markieren, die dann auf unserem Kompass als Punkte erscheinen.

Wichtig ist das auch, weil die einzelnen Abschnitte keinen Schlauchcharakter haben. Man kann die einzelnen Bereiche als großen Spielplatz ansehen. Nach jedem Speicherpunkt ist es ratsam, die Lage des nächsten Inselabschnittes erst einmal zu erfassen. Also heißt es, Euch einen guten Aussichtspunkt zu suchen. Benutzt Euer Fernglas, um alle Gegner zu entdecken und legt dann los. Ob Ihr dann schleichend den dichten Bewuchs als Deckung benutzen wollt, oder wie einst Schwarzenegger den Urwald niedermähen wollt, bleibt Euch überlassen. Dennoch ist Umsichtigkeit höchstes Gebot, denn die Söldner sind hier kein stupides Kanonenfutter. Die KI ist recht intelligent, und ohne Markierung wird sie Euch ein ums andere Mal überraschen, denn sie läuft nicht blind in ihr Verderben oder bleibt wie angewurzelt stehen, sollte sie beschossen werden. Später dann braucht Ihr noch spezielle Ferngläser, mit denen getarnte Gegner besser zu sehen sind (die dazu noch im Batteriebetrieb funktionieren).

Spannung inside

Wer denkt, man würde nur stur über Inseln latschen, hat sich getäuscht. Regelmäßig darf sich Jack auch durch Innenlevels kämpfen, die einen schönen Kontrast zum weitläufigen Eiland darstellen. Dann gibt es enge und verschachtelte Gänge mit düsterer Ausleuchtung zu durchlaufen, und die sind genau richtig dosiert, um teils Herzkaspermomente auszulösen. Bald schon müssen wir uns nämlich auch noch mit genmanipulierten Trigenen rumschlagen, die auf das Konto des Wahnsinns von Dr. Krieger gehen. Natürlich wird dafür gesorgt, dass diese ausbrechen und die ganze Insel bevölkern, und schon bald haben wir eine ganze Rasse verstreut über das Eiland gegen uns.

Das garantiert in ihrer Masse nicht nur in den Innenlevels für Gänsehautmomente. Neben den affenähnlichen Mutanten, die besonders im Nahkampf übelst zuschlagen können, gibt es auch etliche verschiedenartige Exemplare, die uns mit Schnellfeuerwaffen oder gar per eingepflanztem Raketenwerfer das Leben schwer machen. Es ist schon heftig, wenn uns die Raketenfritzen in engen Gängen ohne großartige Rückzugs- und Deckungsmöglichkeiten beschießen oder die Affentiere aus dunklen Ecken anspringen. Das wirkt weniger schlauchig und berechenbar als z.B. bei „Doom“ und spielt sich auch selten in immer derselben Art und Weise.

Geben und nehmen

Was wir teilweise so einstecken müssen, können wir aber auch austeilen. Zwar haben wir nur vier Waffenslots, aber auch eine rege Auswahl an Knarren, die wir gegen unsere Feinde verwenden können. Von der einfachen Machete bis hin zum Raketenwerfer gibt es neben realistischen Waffen auch ein paar abgewandelte Fiktivknarren. Auch bei den Granaten haben wir die volle Bandbreite zur Auswahl. Und dass wir nicht nur per pedes unterwegs sind und mit Buggys, bewaffneten Kleintrucks oder Kanonenbooten noch wehrhaft sind, erhöht so zusätzlich die Möglichkeiten der Interaktionen sowie die Verwendung der Umgebung, wenn günstigerweise Gegner in der Nähe von explosiven Fässern oder Benzintanks stehen.

Anfangs ist das Niveau recht hoch gehalten, und schon die ersten Kilometer bedeuten anspruchsvolles Ballern. Doch hat Crytek nicht den Fehler gemacht, zu sehr nur auf Gegnermassen zu achten, sondern fordert den Spieler mehr und mehr durch die Gegnertypen und auch auffindbares Inventar sowie immer weiter gesetzte Speicherpunkte. Freies Speichern gibt es nicht, und die Checkpoints sind meist gut gesetzt, außer an wenigen Punkten, wo ein paar Eckchen etwas nervig werden können. Trotz dieses Mankos spielt sich das Spiel sehr flüssig, dynamisch und motivierend.

Prospektlook

Nimmt man mal die mittlerweile sechs Jahre Alter des Spiels beiseite, ist „Far Cry“ immer noch eine Augenweide. Zwar sehen die Inselareale in der Weitsicht nicht mehr so detailliert aus, aber von Nahem beschert uns das Spiel eine dichte, schöne Vegetation, passend ausgeleuchtete Bunker und Gebäude sowie effektvolle Technik mit überwiegend guter Texturenqualität. Im Soundbereich gibt es außer bei den Waffengeräuschen nichts zu bemäkeln, der exotische Touch wird durch Naturgeräuschkulisse schön eingefangen. Auch das Spektrum von Fahrzeugen oder Umgebungssounds ist gut gelungen, nur klingen die Knarren teils zu schwach. Darüber hinaus ist die deutsche Sprachausgabe gut hörbar, auch wenn man oft dieselben Stimmen vernimmt. Man dürfte Spaß daran haben, die Söldner bei ihren Gesprächen zu belauschen, denn die sind recht witzig ausgefallen und wiederholen sich selten.

Was die Story angeht, sollte man nicht allzu viel erwarten. Die Figuren sind stereotyp, und die Hintergründe überraschten auch schon im Jahre 2004 keinen Spieler mehr. So bleibt die typische Retterstory, in der wir die hübsche Val befreien müssen, und die später sich ergebenden Experimente, die sich verselbstständigen, hauen auch niemanden mehr vom Hocker. Das kann man aber glücklicherweise bei dem Umfang und der Abwechslung des Gesamtwerkes vernachlässigen.

Fazit

Das Erstlingswerk von Crytek entpuppte sich schnell als ein innovatives, erfreulich langlebiges Spiel, das den Spieler in unzählige, verschiedenartige Situationen wirft. Die Story kann man insofern vergessen, dass die Spielmechanik und der Mach-was-draus-Charakter der Abschnitte immer wieder neue Herangehensweisen kreierte, in denen wir unser Köpfchen erstaunlicherweise immer wieder mal anstrengen müssen. Für einen Shooter ist das das höchste Lob, das man einheimsen kann, und so macht es nach sechs Jahren seit Release immer noch Spaß, sich daran zu versuchen. Und dann pfeif ich auch gerne auf das faule Herumliegen am Strand – das ist Abenteuerurlaub pur.

Technische Info: Ich konnte 'Far Cry' nur in der ausgelieferten Version 1.1 spielen, da die Patches zu Startabstürzen geführt hatten. Das verursachte einige Bugs in bestimmten Abschnitten bei Gegneranimationen, und bei der Technik waren mir daher neue Effekte wie HDR verwehrt geblieben. Daher musste ich die Urversion für die Wertungspunkte verwenden, so dass der ein oder andere Wertungspunkt abgezogen wurde, als wundert Euch nicht über den ein oder anderen Negativpunkt. Danke für Euer Verständnis.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Inselwelt und Innenlevels, Effekte
  • Sound: Hintergründe, Sprecher, Musik
  • Balance: Stets fordernd, gute Lernkurve, Levelabwechslung
  • Atmosphäre: Inselfeeling, Innenlevels spannend
  • Bedienung: Tolle Shootersteuerung
  • Umfang: Mehr als 15 Stunden Spielzeit, Inventar
  • Leveldesign: Freiheiten außen, verschachtelt innen
  • KI / Teamwork: Überraschend, sucht Deckung
  • Waffe: Durchdachtes Arsenal, vielseitig
  • Handlung / Multiplayer-Modi: Witzige Dialoge, konsequent erzählte Story...
  • Grafik: Clippingfehler, Weitsichtdetails
  • Sound: Waffensounds etwas mau
  • Balance: Anspruchsvoll
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: -
  • Umfang: Insel trotz Weitläufigkeit nur linear
  • Leveldesign: Teils unglücklich gelöste Abschnitte
  • KI / Teamwork: Bleibt mal hängen, ab und zu Aussetzer
  • Waffe: teils schwammig in der Benutzung, Sounds
  • Handlung / Multiplayer-Modi: ...die schwach ausfällt, Charaktere

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
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