Shooter auf Rädern

Mit Rennspielen hab' ich's ja eigentlich nicht so. Pingeliges Ideallinie-Fahren, Aufmotzen, Punkteeinfahren, das ödet mich genauso an wie ein echtes...

von GROBI75 am: 23.05.2010

Mit Rennspielen hab' ich's ja eigentlich nicht so. Pingeliges Ideallinie-Fahren, Aufmotzen, Punkteeinfahren, das ödet mich genauso an wie ein echtes Formel1-Rennen. Bei zelebrierten Crashs und einem schnörkellosen Geschwindigkeitsrausch komme ich hingegen natürlich schnurstracks in die Puschen. So hat mich 'Burnout Paradise' geangelt, aber bei 'Split Second' reichte zum Anfixen alleine schon die Grundidee: Explosionen und schnelle Autos? Wo's das Popcorn?

Dieser Arcade-Racer ist im Grund ein Shooter auf Rädern. In einer fiktiven TV-Show werden Rennen in präparierten Umgebungen bestritten. Die Fahrer erhalten durch bestimmte Manöver Energie um 'Powerplays' auszulösen, wenn sich grade ein oder mehrere Konkurrenten in der Reichweite einer potentiellen Powerplay-Zone befindet, um diesen an der Weiterfahrt zu hindern. Oder einfacher: wenn der Gegner blinkt, schmeiss'n Haus auf ihn! Oder ein Flugzeug. Oder ein Schiff! Hier wird mehr vernichtet als in sämtlichen 'Call of Dutys'...

Mit 'Burnouts' Road Rage lässt sich das Zerlegen von Vehikeln bereits prima gestalten. Es diente allerdings der eigene Wagen als 'Waffe' und wer hinten lag, hatte nicht viel zu melden. SS kehrt diesen Umstand um, diesmal macht es sogar Spaß, vom Fahrerfeld abgehängt zu werden. Denn wer einmal das komplette Spitzenfeld unter einem gesprengten Staudamm begraben konnte, wird den Mitstreitern zuweilen gerne den Vortritt zu lassen.

Diese Powerplays haben es wahrlich in sich und die Kreativität der Macher steht ihnen in nichts nach. Das reicht von explodierenden Fässern bis hin zu so gewaltigen Detonationen wie in sich zusammensackende Aussichtstürme, die beim Aufprall den kompletten Streckenverlauf ändern. Der Grad der Zerstörung ist dabei Abhängig von der gesammelten Menge an Powerplay-Energie.
Natürlich nutzen sich diese beeindruckende Momente und deren Schauwert schnell ab, weil die abwechslungsreich gestalteten Strecken in der Anzahl überschaubar sind. Trotzdem braucht es ein Weilchen, bis man wirklich alle Raffinessen am Wegesrand intus hat - aber dann wird es taktisch!

Grade im Multiplayer ist es von Vorteil, sich allen Möglichkeiten bewusst zu sein. Torpediere ich die Mitstreiter bei sich jeder bietenden Gelegenheit oder halte ich mich zurück und sammle für einen Big Bang, den aber schon jemand vor mir auslösen könnte? Vollführe ich diverse und zeitintensive Drifts und Drafts um Energie für Powerplays zu einzusacken oder rase ich einfach so schnell wie möglich bis zum Ziel, den Mitstreitern vollkommen ausgeliefert? Da gilt es zu planen - und etwas Zeit im Singleplayer investieren. Nur die dort freigespielten Auto-Typen stehen dann auch im MP zur Verfügung, was ich persönlichen als einen netten Anreiz für die Kampagne empfinde, die neben den Einspielern im TV-Format ansonsten nicht viel zu bieten hat. Blackrock ist schon um verschiedene Disziplinen bemüht. Die fahren sich nett, wenn man z.B. Trucks überholen muss, die ständig gefährliche Fässer verlieren, oder den Rakten eines Heli ausweicht, aber das hat eher Goodie-Charakter.
Visuell gibt's bei allen Strecken überhaupt nichts zu meckern. Schöne Blend-Effekte, stylische sowie dynamische Farbgebungen während des Rennens und viel Unschärfen-Einsatz - es wird alles verwendet, was die Grafikkarte hergibt. Die Kamera wackelt in bester 'Bad Boys'-Carchase-Manier, wenn man von den Hintermännern auf Korn genommen wird und jeder Powerplay-Effekt sieht einfach klasse aus! Es rollenen brennende Busse auf die Straßen, die Druckwelle von zerberstenden Trucks drücken den Wagen an den Straßenrand, Häuser werden in mehreren Etappen gesprengt usw. - brachialer war noch kein Autorennen! Natürlich ist auch der Sound ebenbürtig. Während Motoren und Hintergrundmusik etwas dünn klingen, wütet der Rest in den Regionen eines 'Wartape' von 'Battlefield: Bad Company 2'. Einfach herrlich, wenn unter wütendem Gebrüll ein halber Berg detoniert und man selbst kurz etwas perplex ist, was man alles anrichten kann.

Der MP gefällt mir sogar um einiges besser als der von 'Burnout Paradise', der zwar um ein vielfaches umfangreicher, aber auch chaotischer ist. Die Rennen haben nicht die gleiche Dramatik, weil man sich auch noch um Routenfindung kümmern muss. Bei 'Split Second' heisst es Einsteigen, Losfahren und Spass haben - sonst nix. Diese Zerstörungsorgie ist also nicht grade ein Projekt. Wer in MPs ewig Zeit versenken möchte um irgendetwas aufzuleveln oder freizuspielen wird hier nicht glücklich. Fans von schnellen, lauten und krawalligen Snacks für Zwischendurch werden allerdings hervorragend bedient.

Im Grunde erinnert mich 'Split Second' mehr an 'Flatout - Ultimate Carnage' als an 'Burnout'. Viel Gerümpel säumt die Strecke, unkonventionelle Wegfindungen etc. Im direkten Vergleich zu den beiden Konkurrenten lässt 'Split Second' allerdings zwei eklatante Dinge vermissen.
Da wäre zum einen das Schadensmodell. Es ist offensichtlich, dass in 'Split Second' mehr Aufwand in die zerstörbare Kullisse geflossen ist, als in die Autos. Sicher, es sieht schon sehr cool aus, wenn ein Kollege zerfetzt mit Motion-Blur-Gedöns über einen hinweg wirbelt - dann zieht selbst Michael Bay den Kopf ein - aber der eigene Crash sieht bei 'Burnout' detaillierter und 'massiger' aus. Zu oft hüpft ein polygonarmes Autowrack wie ein Flummi über den Asphalt. Aber es hätte mich auch gewundert, wenn man da mit Codemasters Aufprall-Studien gleichziehen könnte.
Schmerzlicher vermisse ich aber eine Wiederholfunktion wie bei 'Flatout', 'Grid' oder 'Dirt'. Es gibt zwar spezielle Abriss-Situationen, die man per Knopfdruck für ein paar Sekunden während des Spiels in inszenierter Form bewundern darf, aber das ist nur ein schwacher Erstatz. Grade dieses Spielprinzip hätte sich wunderbar dazu geeignet, sich nach einem harten Match entspannt zurückzulehnen und den eignen Erfolg in ganzer Länger abermals in verschiedenen Blickwinkeln zu begutachten. Am besten mit einem kleinen Eimer Popcorn...


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(5)
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