Ein 5-Sterne General

Unsere Panzer IVD nähern sich Lüttich. Entgegen den historischen Befehlshabern konnte ich mich nicht für den Sichelschnittplan begeistern und habe vor die...

von Tsabotavoc am: 01.07.2012

Unsere Panzer IVD nähern sich Lüttich. Entgegen den historischen Befehlshabern konnte ich mich nicht für den Sichelschnittplan begeistern und habe vor die Maginot-Linie von Norden aus an zwei Punkten zu durchbrechen.
Erfahrene Grenadier-Infanterie versucht zeitgleich die Ardennenwälder zu durchqueren und Luxemburg einzunehmen. Da meine Infanterie auf keine Panzerunterstützung zählen kann stelle ich ihr den Großteil meiner Luftwaffe zur Verfügung um mit gegnerischen Geschützen fertig zu werden. Der Plan sieht vor das sich meine Infanterieverbände bis nach SaintQuentin durchschlagen während meine schweren Panzerverbände die Befestigungsanlagen der Franzosen wie einen Teppich aufrollen.

Ob mein Plan besser ist als der Plan von Guderian? Die nächsten Züge werden es zeigen!

Rundenstrategie für Anfänger und Profis

Wer von euch hat Panzer General gespielt und geliebt? Jeder der nun die Hand hebt darf nun zum nächsten Laden gehen und das Spiel kaufen. Es ist einfach eine rundum verbesserte Version des Klassikers und kann monatelang beschäftigen.

Sehr schön! Nun da im Raum nur noch die sind die Panzer General nicht kennen können wir ja mit dem Test anfangen.

PanzerCorps spielt im zweiten Weltkrieg. Böse Zungen meinen die Grafik sei historisch stimmig: 3D, Voxel, Polygone und Co. sucht man hier vergebens. Stattdessen gibst Pixel satt. Das einzige was sich vom Grau und Braun abhebt sind die Nationalfahnen die das Besitztum einer Stadt kennzeichnen. Die Grafik versprüht also einen Hauch von Nostalgie ohne dabei die Augen zu sehr zu schonen.

Gott sei Dank ist die Grafik aber auch schon das Einzige was antiquiert ist. Denn: Zugänglicher kann man Rundenstrategie wirklich kaum machen. Ein ausführliches Tutorial nimmt den Spieler an die Hand und erklärt ihm nach und nach alle wichtigen Einheitentypen.

Durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade die man zu Anfang einer Kampagne einstellen kann wird hier keiner überfordert. Zeitgleich kann natürlich jeder seinen Kobayashi Maru finden wenn er es möchte: Denn auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad ist das Spiel wirklich knüppelhart.

Im Laufe einer nicht linear verlaufenden Kampagne können erfolgreiche Generäle nicht nur Polen, Frankreich und Russland erobern sondern auch England und als Abschluss die vereinigten Staaten!

Wir sind Deutschland!

Insgesamt umfasst die Kampagne 23 verschiedene Szenarien. Von denen werdet ihr aber nur einen Bruchteil zu Gesicht bekommen da manche nur nach einem Sieg oder einer Niederlage gespielt werden können.

Beispiel gefällig? Wer in Polen keinen entscheidenden Sieg schafft - also das Erobern von Warschau weit vor dem Zuglimit - hat keine Chance Norwegen zu erobern sondern kommt direkt zu 'Fall Gelb' - dem Sturm auf die Ardennen.

Und nur wer Frankreich im Eilzugstempo erobert hat eine Chance die 'Operation Seelöwe' zu spielen - ein nie durchgeführter Plan der deutschen Armee England mit einer Bodeninvasion zu beglücken.

Wo wir gerade von Deutschland sprechen: Auf Seiten der Allierten dürft ihr nur im Koop spielen. Die Kampagne in PanzerCorps widmet sich ganz und gar dem Deutschen Reich.

Eine unglaubliche Fünf-Sterne-Maus!

Einheiten sammeln im Laufe der Kampagne auch an Erfahrung und ihr könnt eure Kerntruppen von Mission zu Mission mitnehmen. Jedes Mal wenn ihr eine Stadt einnehmt oder eine Mission beendet erhaltet ihr Prestige.

Prestige ist die Währung in PanzerCorps: Hiermit könnt ihr Nachschub anfordern oder euren Jungs neue Spielzeuge spendieren. Wenn ihr zum Beispiel eine hochgradig erfahrene Panzerbesatzung habt die aber in einem gammeligen PanzerIII sitzt könnt ihr, ausreichend Prestige vorausgesetzt, dieser einen wesentlich stärkeren Tiger-Panzer kaufen.

Die Balance bleibt dabei gewahrt: Die Übereinheit gibt es nicht - mit Ausnahme des Panzerkraftwagens Maus.

Historisch betrachtet wurden vom Maus nur zwei Stück produziert - bei ausreichendem Kampagnenerfolg könnt ihr diesen aber in PanzerCorps regulär kaufen.

Fassen wir mal die Fakten zusammen: 240 mm Panzerung zu Zeiten als 80 mm üblich waren. Eine 128 mm Kanone - und damit 40 mm mehr als die gefürchtete 88mm Flak.

Dieses Teil bricht die Balance schon derbe. Denn für die Leistungsdaten dieses Panzers ist er eigentlich fast schon zu günstig. Das sind aber nur Kratzer im Lack denn wer Amerika erobern will wird diese Babys ohnehin dringend nötig haben.

An der Nordseeküste...

schwimmen die Schiffe im Wasser - und nur selten an Land. Es sei denn es handelt sich um Patrolien-, Fluss- oder Schnellboote.

Diese Schiffe haben auch die Möglichkeit Flüsse zu befahren. Kluge Generäle sollten das bei der Planung ihrer Bewegungen im Auge behalten wenn die Marine mit im Spiel ist.

Neben ausgewachsenen Seeschlachten bietet das Spiel aber auch alles was den Logistiker glücklich macht:

Einheiten können nicht nur querfeldein marschieren sondern auch per Zug fahren wenn man einen Bahnhof erobert hat oder per Flugzeug transportiert werden. Wer auf Nummer sicher gehen will kann aber auch einfach LKWs in mehreren Qualitätsstufen kaufen um seine Truppen von A nach B zu bringen.

Überhaupt ist Logistik das A und O: Ganze Schlachten sind in der Historie gescheitert weil Truppen nicht rechtzeitig am zugewiesenen Platz waren. PanzerCorps spiegelt das wieder. Abgerundet wird dies durch Treibstoff- und Munitionsbedarf.

Daher muss die stärkste Einheit nicht unbedingt die beste sein:
Der taktische Bomber Fw190G hat z.B deutlich weniger Flugzeit als eine schwächere Me410A und die Do335A ist zwar beiden überlegen aber gegen Seeziele ungeeignet bewaffnet...

Ein wenig Komfort muss sein!

Für Panzer mag es noch nicht so schlimm sein wenn der Treibstoff ausgeht. Die bleiben einfach stehen. Flugzeuge aber schlagen auf dem Boden auf.

Um das zu Verhindern sieht man neben jeder Einheit Symbole: Gelbe Symbole zeigen an wenn Treibstoff und Munition zur Neige gehen. Rote Symbole zeigen an das der Panzer maximal noch mit den Dosenbohnen nach dem Gegner werfen kann.

Apropos Dosenbohnen: Das Spiel scheut sich zwar nicht davor die SS ins Spiel zu bringen - vor Giftgas macht es aber Halt.

Generell geht die Bedienung locker und angenehm von der Hand. Einzig die Unterscheidung mancher Einheiten fällt schwer. Denn: Die taktischen Bomber sehen den Jagdfliegern teils zum Verwechseln ähnlich. Nur krümelige Symbole am rechten Bildschirmrand - die leider auch sehr ähnlich sind - geben auf Anhieb Information über die Klassifizierung der Einheit.

Zudem sehen die französischen Infanteristen genauso aus wie die deutschen. Nur das Einheitenstärkeschildchen ist bei den Deutscheinheit dunkelgrau. Bei den gegnerischen grasgrün... Bei den Einheitenmassen kann da durchaus mal die Übersicht flöten gehen.

Die Einheitenmassen gehen flöten!

Im Laufe des Spiels habt ihr die Chance über 400 verschiedene Einheiten zu kommandieren. Die teilen sich auf in Aufklärer, Panzer, Infanterie, Artillerie, Luftabwehr, Jäger, taktische Bomber, strategische Bomber, Leichte Kreuzer, Schlachtschiffe...

Ihr seht: Es ist wirklich alles dabei was das Feldherrnherz nur wünschen kann. Und ein Spiel das alles hat, hat natürlich auch Editor und Multiplayermodus.

Der Mehrspielermodus bietet übrigens eine ziemlich geniale Email-Variante. Damit ist quasi eine Art Fernschach möglich!

Und beim Editor? Hier könnt ihr z.B ein Bild aus Google Maps importieren und darauf eure eigene Karte zeichnen. Schon habt ihr eure eigene nachgestellte Weltkriegsschlacht wo immer ihr sie haben wollt.

Ein einseitiges Allgemeinlexikon

Abgerundet wird das Spiel durch das Kompendium.

Hier erfährt man nicht nur das Wichtigste über den möglichen Verlauf der Kampagne, der Bedienung und dem Gelände sondern bekommt auch historische Fakten zu den wichtigsten Panzern im zweiten Weltkrieg.

Allerdings ist das Kompendium unvollständig: Jagdpanzer, Flugzeuge, Schiffe und historische Informationen sucht man darin vergeblich. Ebenso sind die Informationen nicht komplett erläutert: Warum z.B eine geneigte Panzerung Vorteile gegenüber einer ungeneigten hat wird dem Laien verborgen bleiben. (Durch die Neigung hat ein Projektil bei gleicher Panzerungsstärke mehr Material zu durchschlagen als bei ungeneigter. Zudem kann es eher abprallen)

Das sind natürlich alles Infos die man auch aus Wikipedia und guten Geschichtsbüchern bekommen kann. Schade: Denn der zweite Weltkrieg war nicht nur eine furchtbare sondern auch extrem interessante Zeit aus geschichtlichem Standpunkt betrachtet.

Wusstet ihr z.B das Deutschland niemals ganz Frankreich besetzt gehalten hat sondern nur Bereiche die in einem gemeinsamen Friedensabkommen vereinbart wurden? Und das die britische Marine französische Schlachtschiffe angegriffen und versenkt hat um zu verhindern das diese in die Hände der Deutschen fallen woraufhin Frankreich die diplomatischen Beziehungen zu England abbrach?

Hier hätte das Spiel wirklich historisches Wissen präsentieren können. So ist das Kompendium einfach nur eine nette Dreingabe.

Fazit: Alte Rundenstrategie ganz neu

Dreist geklaut ist halb gewonnen!

Die Grafik ist von vorgestern. Die Präsentation der Handlung beschränkt sich auf vorgelesene Texttafeln. Und alternative Missionsziele? Pustekuchen.

Und trotzdem haben wir hier einen der faszinierendsten Titel des Jahres. Die antiquierte Grafik wird fast kokett als Stilmittel verwendet und irgendwie kommt einfach wirklich die Stimmung rüber eine Armee zu kommandieren.

Die KI betrügt auch auf den höheren Schwierigkeitsgraden nicht und auch wenn sie ihre Aussetzer hat gehört sie doch zu den klar besseren ihrer Zunft.

Egal ob ihr alte Hasen seid oder einfach nur ins Genre reinschnuppern wollt: Dieses Spiel ist genau das richtige für euch!


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: So nostalgisch: Fast schon ein Stilmittel
  • Sound: Ins Ohr gehende Marschmusik, Guter Sound
  • Balance: Wird nie zu leicht oder zu schwer!
  • Atmosphäre: Ein stimmiges Intro und Belobigungen
  • Bedienung: Rundum sinnvoll überarbeitete PG-Steuerung
  • Umfang: Kompendium, Editor, 4 Kampagnen, etc...
  • Startpositionen: Erlauben taktische Variationen, glaubwürdig
  • KI: Greift geschickt an, Beherrscht Rückzüge
  • Einheiten: Alles was Räder, Ketten und Flügel hat!
  • Kampagne: Es kommt echte Feldherrenstimmung auf! Unlinear!
  • Grafik: Aber letzten Endes doch knallhart veraltet
  • Sound: Nicht alle Texte vertont, Nur eine Musik
  • Balance: Das Prestigesystem kann zur Abwärtsspirale werden
  • Atmosphäre: Kampagne ohne Zwischensequenzen
  • Bedienung: Manche Einheiten schwer zu unterscheiden
  • Umfang: Keine Alliertenkampagne
  • Startpositionen: Unrealistische Versorgungslage des PKW Maus
  • KI: Verteidigt teils ungeschickt, schickt LKWs vor...
  • Einheiten: Man kann keine zusätzlichen Schiffe kaufen
  • Kampagne: Kennt nur Erobern-Szenarios

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(2)
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