Ist Endless Space auch endloser Spaß?

Mit diesen Horatios kann man aber auch nicht richtig reden. Einer vernagelt wie der andere.Was vielleicht daran liegt weil das Volk der Horatios nur aus Klonen...

von Tsabotavoc am: 16.08.2012

Mit diesen Horatios kann man aber auch nicht richtig reden. Einer vernagelt wie der andere.

Was vielleicht daran liegt weil das Volk der Horatios nur aus Klonen von Horatio besteht. Die Craver im oberen Spiralarm sind auch nicht viel kommunikativer - dafür haben wir mit dem Amöbenkollektiv regen Handel und Austausch von Forschung.

Mögen sie auch nur Einzeller sein: Sie sind unsere dicksten Freunde. Ob die Entwickler dieses Spiels auch das Potential haben den Weg ins Spielerherz zu finden? Dazu mehr im Test.

Viermal X: Sicher nicht nix.

Endless Space ist ein klassisches 4X Strategiespiel. 4X steht zu Deutsch für Erkunden, Expandieren, Ausbeuten und nicht zuletzt Auslöschen.

Das Genre wurde begründet von Klassikern wie Ascendancy und Master of Orion. Die Jungs von Amplitude treten ein schweres Erbe an: Denn beide Spiele sind nach wie vor absolute Schwergewichte im selbst begründeten Genre und bis jetzt unangefochtene Meister.

Wie schlägt sich also Amplitude Games Neuling gegen den seit 16 Jahren unbesiegten Meister im Superschwergewicht der Globalstrategie?

Wie jedes 4X-Spiel beginnt auch dieses mit der Erstellung eines neuen Spiels. Klingt für Nicht-Genre-Kenner banal: Für Eingeweihte aber ein wichtiger Punkt.

Das erste X: Spielerstellung

Wie jedes gute 4X Spiel erlaubt auch dieses eine sehr großzügige Anpassung des Spiels an die eigenen Bedürfnisse.

Das beginnt bei der Galaxie: Von handelsüblichen Spiralarm-Galaxien bis zur kollidierenden Zwillingsgalaxie in allen erdenklichen Größen ist alles vorhanden. Natürlich kann man auch das Alter einstellen. Bevorzugt man mineralienreiche Planeten und meint das Steinsuppe ideale Nahrung für Kolonisten ist? Dann immer her mit den jungen Galaxien! In ihnen befinden sich die lebensfeindlichsten, aber mineralienreichsten Planeten.

Der besondere Gag: Die Karten werden so generiert das sie an die Spieleranzahl angepasst werden. Dazu aber später mehr.

Natürlich darf man hier auch alles dem Zufall überlassen.

Nichts dem Zufall überlassen wurde bei den Schwierigkeitsgraden und den Siegbedingungen: Man kann zwischen sieben verschiedenen Schwierigkeitsgraden wählen und zahlreichen an- und abschaltbaren Siegbedingungen wählen.

Vom klassischen Eroberungssieg, über den Diplomatiesieg ist alles dabei. Und dann natürlich der wohl schwierigste Sieg: Die Nachfolge der Endless und der Aufstieg zu den Göttern selbst.

Die Reise ins All tritt man mit einem von neun vorgefertigten Völkern an. Oder einem selbst gebastelten. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei: Vom bösen, wirtschaftlich starkem Imperium über die wissenschaftlichen Sophons bis zu den raubvögelartigen Hisshos wird sicher jeder etwas für sich finden.

Einziger Wermutstropfen: Von den 9 Rassen sind 3 im Prinzip Menschen. Das Imperium und die Sheredyn sind sowieso praktisch das gleiche Volk. Schade. Hier wäre mehr drin gewesen.

Das selbe auch bei der Erstellung der eigenen Rasse: Prinzipiell ist hier alles vorhanden was man sich nur wünschen kann. Aber warum kann man Porträt, Rassenaffinität und Raumschiffdesign nicht frei mischen?

Wer z.B unbedingt das Craver-Bild haben möchte muss die Craver-Affinität wählen. Wer das nicht möchte guckt durch die Röhre. Ebenso bei den Schiffen: Wer gern den Forschungsrassenbonus der Sophons einstreichen will muss auch mit deren Schiffen leben.

Ansonsten ist man aber wirklich vollkommen ungebunden und allein der Rasseneditor kann einen schon stundenlang beschäftigen. Wie wärs z.B mit einer dekadenten, dust-süchtigen Rasse deren Schlachtschiffe eher fliegende Paläste sind als Kampfschiffe? Die aber dafür darauf spezialisiert sind aus jedem Planeten auch noch das letzte bisschen Dust zu holen?

Oder wie wärs mit einer verrückt geworden KI deren Feinderkennung Amok läuft und daher nur eine diplomatische Option kennt: Den ewigen Krieg?

Oder ein hochspirituelles Vogelvolk die dank ihrer fortschrittlichen Technologien und gut ausgebildeten Diplomaten der Handelspartner der Wahl für andere Völker sind?

Ihr seht: Endless Space gibt einem bei der Spielerstellung vielleicht nicht endlos viele Möglichkeiten: Gegenüber den Klassikern muss es sich aber nicht verstecken.

Der Weltraum... endliche Weiten...

Sobald wir unser Spiel zusammengezimmert haben kann es auch schon losgehen. Genretypisch starten wir irgendwo im Nirgendwo mit einem System unter unserer Konrolle und einem Kolonie sowie einem Aufklärungsschiffchen.

Das erste das einem hier ins Auge sticht ist das klinisch saubere Interface.

Und das ist in diesem Fall positiv gemeint: Die Karte ist ansehnlich, übersichtlich und erlaubt den Zugang zu allen Infos und Untermenüs mit maximal zwei Klicks. Alle wichtigen Infos sind mit allerhöchstens einem Klick erreichbar sofern sie nicht ohnehin als Icon erkennbar sind.

Dadurch behaltet ihr auch dann wenn euer Imperium einmal über euren Spiralarm hinausgewachsen ist tadellos die Übersicht.

Für den Anfang aber gilt es, genretypisch, dieses Imperium erst einmal zu gründen. Dafür schickt man seine Flotten bequem per Rechtsklick durch sogenannte 'Warp-Linien'. Zusätzlich zu diesen Warplinien die wir vom Start weg durchfliegen können gibt es auch noch Wurmlöcher die erst nach einiger Forschung durchquert werden kann.

Der Weltraum ist also zumindest zu Beginn sehr begrenzt.

Diese Wurmlöcher dienen aber auch gleichzeitig als Welpenschutz. Wenn z.B 5 Spieler sich eine Karte teilen hat jeder Spieler sein eigenes abgetrenntes Startgebiet in dem er vorerst sicher vor potentiell schießwütigen Nachbarn ist. Wer das nicht mag kann sie natürlich auch komplett abschalten.

Wir haben sie aber angestellt und unser selbsterstelltes Volk hat richtig Glück! Direkt in unserem System befindet sich ein Planet der über den seltenen Rohstoff Titanium-70 verfügt. Da die Advent - der Name des Volks - extrem fortschrittliche Schürftechnologien haben können wir dieses von Anfang an nutzen. Von Anfang an? Nein. Nicht ganz. Denn der Planet hat die Eigenschaft 'Trocken' und das können wir nicht besiedeln.

Fortschritt durch Forschung

Was also tun? Wenn alle Stricke reissen probieren wirs doch mit Forschung. Der Forschungsbaum ist im ersten Moment erdrückend. Daher hat er eine sinnvolle Suchfunktion eingebaut:

Ähnlich wie in Google geben wir also 'Trocken' ein und die SuFu gibt uns sofort alle Suchergebnisse die sie damit in Kontext bringt.

Wunderbar! Mit 'Epigenetik der Trockengebiete' können wir den Planeten also kolonisieren. Und dann das Titanium-70 nutzen. Aber wozu brauchen wir das eigentlich?

Wir tippen Titanium-70 in die Suchfunktion und werden enttäuscht: Wir erfahren zwar WIE wir Titanium-70 abbauen können. Das wir das aber für manche Schiffe und die erste gute Rakete brauchen - darüber schweigt sich die Suchfunktion aus.

Generell ist der Forschungsbaum eine trügerische Sache: Zwar ist er grob in 4 Sparten aufgeteilt. Dennoch sind wichtige militärische und zivile Erfindungen munter in allen Teilen verstreut.

Das an und für sich sehr benutzerfreundliche Endless Space hat hier doch deutliche Schwächen und kann einen Einsteiger schon abschrecken.

Wer sich aber erstmal eingearbeitet hat wird mit Dutzenden Waffensystemen, Abwehreinrichtungen, Planetenverbesserungen, Terraformings und ähnlichem entlohnt.

Hätte man das übersichtlicher hingekriegt? Ja. Aber der Inhalt stimmt auf jeden Fall.

Expansion für Fortgeschrittene

Langsam aber sicher breiten sich unsere Advent über ihren Teil der Galaxie aus. Und schließlich kommt es wie es kommen muss: Unser Teil wird uns zu klein.

Zwar hätten wir noch Planeten die kolonisierbar sind: Allerdings haben diese schwere Anomalien. Anomalien kann praktisch jeder Planet haben und sie haben unterschiedliche Auswirkungen. Die, die wir haben würden aber das Leben auf den Planeten zur Hölle machen und da wir keine Streiks brauchen wegen zu geringer Zustimmung bereiten wir uns darauf vor den Nachbarn einen Besuch abzustatten.

Für den Ernstfall haben wir natürlich vorgesorgt und uns ein paar Schlachtschiffe zusammengeschraubt die unsere Kolonisten sicher auf die andere Seite bringen sollen.

Das geht sehr einfach: In einem vordefinierten Rumpf knallen wir Waffen sowie Abwehr- und Unterstützungsmodule hinein bis wir der Meinung sind dass das Schiff seine ihm zugedachte Rolle erfüllen kann. Oder bis es eben voll ist.

So sind unsere Scouts mit starken Sensoren und Hochleistungstriebwerken ausgestattet. Abgesehen davon sind sie jedoch unbewaffnet.

Während unsere Exploratoren auf der einen Seite gute Fortschritte machen verläuft der erste Kontakt mit unseren neuen Nachbarn wenig erfreulich. Es sind die Craver. Eine alles hassende Insektenrasse die unsere Flotte ruck zuck angreift.

Sink the Bismarck mit Magic!

Die Schlacht verläuft in mehreren einzelnen Phasen auf die man mit Taktikkarten Einfluß nehmen kann.

Ein Blick auf die Flottenaufstellung des Gegners offenbart, dass er sehr viele Laserwaffen einsetzt und seine Schiffe kaum gegen Raketen geschützt sind.

Gut für uns: Dank unserem Helden - wir können bis zu drei haben wobei das durch Forschung erweiterbar ist - der ein Flottenkommandant ist verfügen wir über die Taktikkarte 'Dust-Rakete'

Die Fähigkeiten von Helden werden ähnlich wie in Rollenspielen in kleinen Talentbäumen weitergeskillt. Dabei muss man beachten dass es Helden gibt die gut für die Verwaltung von Planeten sind. Oder wie in unserem Fall für die Schlacht.

Die hübsch gezeichneten Schiffe nähern sich einander in filmreif inszinierten Kamerafahrten und unsere Raketen reissen mehrere Schiffe auseinander. Doch auch die Laser richten Schaden an...

Da Laser in der zweiten Phase besonders stark sind spielen wir nun eine Karte die unsere Schutzschilde verstärkt und werden prompt von einer Kontertaktik betroffen die unsere schöne Taktik zunichte macht.

Wir ärgern uns über das Glücksspiel. Doch eigentlich war die Schlacht schon verloren bevor sie begonnen hat: Hätten wir unseren Schiffen stärkere Schutzschilde verpasst und die Nahkampfbewaffnung durch Laser ersetzt wäre uns dieses Debakel erspart geblieben.

Sofort zurück ans Reißbrett...

Zurück ans Reissbrett...

muss leider auch die Diplomatie.

Prinzipiell ist sie nett designed: Vor allem der kalte Krieg ist ein interessanter Status. Handelsverträge, Allianzen, Austausch von Forschung: Alles drin, alles dran.

Nur: Warum muss das so steril präsentiert sein? Wie alles in Endless Space ist auch das Diplomatie-Menü sehr übersichtlich und edel. Man hat aber nie das Gefühl wirklich mit anderen Spezies zu verhandeln.

Wo ist z.B der Abgeordnete der Amöben der sich für die Einhaltung des Handelsvertrags bedankt? Wo der Craver der mir und meinem Volk mit der Auslöschung droht?

Warum kann ich keine Spionage betreiben oder meine Gegner bedrohen? Gerade das macht doch gute Diplomatie aus ;)

Kurz und gut: Hier muss noch ordentlich nachgebessert werden!

GNN: Kein Drache in Sicht

In Master of Orion 2 gab es Weltraummonster. Man kann über Sinn und Unsinn dieser Biester streiten.

Endless Space hat zum Ausgleich Piraten. Aber warum gibt es z.B kein 'Orion-System' hinter dem alle her sind? Warum werden besonders gute Systeme nicht von Piraten bewacht?

Und warum gibt es eigentlich kein GNN? Wer sich erinnert: GNN stand für Galactic News Network und informierte uns über allerlei lustige Dinge die in der Galaxie so vorgefallen sind. Z.B das irgendein Irrer den Gnolams 1000 MC gespendet hat oder das die Sakkra mal wieder ihren Heimatplaneten gegen die Wand gefahren haben.

Zufallsereignisse gibts auch hier. Die sind aber deutlich allgemeiner und machen oft den Eindruck als wären sie erst ganz zum Schluss dazugemacht worden. Präsentiert wird das ganze in einfachen Texttafeln. Das hat man auch schon besser gesehen.

Schön steril hier...

Generell kommt man sich in Endless Space oft vor wie in einem Krankenhaus: Alles ist sauber und klinisch rein.

Man kann Planeten ausbauen. Man sieht aber das Gebäude das man da in Auftrag gegeben hat nie auf der Planetenoberfläche.

Von wenigen Milestones abgesehen wird keine Technologie genauer vorgestellt. Wer sich noch an den Chefwissenschaftler aus Master of Orion 2 erinnert weiß was ich meine.

Das alles ändert natürlich nichts an den spielerischen Werten denn all diese Dinge sind ja vorhanden. Sie werden nur nicht immer mitreißend präsentiert.

Advent rising

Mitreißend oder nicht: Unsere Advent-Flotten bomben die Craver gerade zurück in die Steinzeit.

Ihre Kolonien sind nun unsere. Meine Administratoren sorgen dafür das dort wo die Moral am niedrigsten ist ordentlich Propaganda gemacht wird.

Die ganze Galaxie beugt sich vor unserem Knie. Nächstes Mal werde ich auf Forschungssieg spielen. Und übernächstes Mal versuch ichs mit Handel. Und danach?

Vielleicht treten meine Advent dann das Erbe der Endless an...

Als Fazit bleibt zu sagen: Endless Space ist kein neues Master of Orion 2. Dafür unterscheidet es sich bewusst in zuvielen Punkten. Aber Galactic Civilization hat es restlos ersetzt. Ich persönlich hatte bereits sehr viel Spaß mit dem Spiel und werde sicher auch in Zukunft noch viel Spaß damit haben!


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Sehr schöne Raumschlachten, hübsche Planetenmenüs
  • Sound: Angenehme, atmosphärische Hintergrundmusik
  • Balance: Gut ausgearbeitetes Waffenbalancing
  • Atmosphäre: Die Flottenkämpfe sind stimmungsvoll
  • Bedienung: Sehr übersichtlich! Intuitiv bedienbar.
  • Umfang: Endlosmodus mit jede Menge Einstellmöglichkeiten
  • Startpositionen: Wurmlöcher als Welpenschutz
  • KI: Sehr viele verschiedene Schwierigkeitsgrade
  • Einheiten: Eigener Raumschiffbau!
  • Endlosspiel: Sehr frei anpassbar, easy to learn, hard to master
  • Grafik: Ansonsten teils sehr steril
  • Sound: Keine Sprecher
  • Atmosphäre: Dafür wirkt Diplomatie und Forschung steril
  • Bedienung: SuFu im Techtree, Kein Feedback bei Leerlauf
  • Umfang: Keine Kampagne
  • Startpositionen: Dennoch kann man sehr viel Pech haben
  • KI: KI cheatet auf allen Schwierigkeitsgraden
  • Einheiten: Aber keine Jäger oder ausgefallene Systeme
  • Endlosspiel: eventuell sogar zu hard to master ;)

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(1)
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