Du kriegst die Krise

Cryteks neuer Shooter macht den Sprung vom Technik-Dschungel des PCs in die geordnete Welt der Konsolen- und macht dabei gravierende Abstriche bei der alten...

von - Gast - am: 01.04.2011

Cryteks neuer Shooter macht den Sprung vom Technik-Dschungel des PCs in die geordnete Welt der Konsolen- und macht dabei gravierende Abstriche bei der alten PC-Klientel. Schnell wird klar: Mit seinem Vorgänger hat Crysis 2 nur noch relativ wenig zu tun.

Crysis 2!!!


Hanauer Landstraße. Eigentlich wohne ich gar nicht weit weg von den Crytek Studios, gerade mal zwei Straßenbahn-Stationen. Trotzdem kein Elektrogeschäft in der Nähe, also fahr ich auf die Zeil um mir endlich Crysis 2 zu holen, worauf ich mich schon so lange freue. Die Wände in den U-Bahn-Stationen sind schon seit ein paar Tagen mit riesigen Crysis 2-Plakaten geschmückt, die mit dem Schriftzug 'Made in Frankfurt' den regionalen Spieler locken. Schon wenig später steht das Spiel im Regal neben der Crysis 1-Schachtel, während aus den PC-Boxen bereits Hans Zimmer-Musik ertönt.
Ob das Spiel die hohen Erwartungen erfüllen würde?

Crytek und die Technik

Zumindest in den ersten Spielminuten zeigt das Spiel sofort, was es grafisch draufhat. Die effektvolle Fluchtszene aus dem sinkenden U-Boot sollte aber nur ein Vorgeschmack bleiben. Entgegen mancher Erwartungen hat Crytek durchaus einen grafischen Sprung hingelegt, auch wenn der mit den Revolutionen von Far Cry und Crysis nicht mithalten kann. Trotzdem täuschen die beeindruckenden Beleuchtungs- und Shadereffekte nicht über einige Mängel hinweg.Denn Crysis 2 überzeugt technisch nicht ganz. Die meisten Mängel sind wohl zurückzuführen auf die Konsolenoptimierung, als schlimmster Punkt wäre hier die Physik erwähnt, die die Zerstörbarkeit der Levels stark einschränkt(Panzer kapituliert vor Laternenpfahl!!), was sich massiv und negativ auf das Spielerlebnis auswirkt. Das ist sehr traurig, den es war vor allem diese Physik, die Crysis 1 so spektakulär machte. Wenig zu bemängeln gibt es dagegen beim Sound. Die Effekte sind knackig, der Soundtrack ist Bombe, und sogar die deutschen Sprecher gefallen fast durchweg. Teilweise wurden sogar Soundfiles aus Crysis 1 wiederverwendet, etwa bei Explosionen. Auf diese wurden allerdings Compression-Effekte gelegt, die man vor allem aus Radio- und TV-Werbespots kennt. Die Sounds wirken dadurch wummiger, büßen aber auch an Dynamik ein. So haben die Handgranaten in Crysis 2 deutlich weniger 'punch' als noch im Vorgänger. Das ist aber nicht sonderlich schlimm und stört höchstens Audiophile =) ->Gute Arbeit in der Soundabteilung!

Ich bin doch gar nicht der Prophet!

Die Story zu beschreiben ist schwierig, denn sie ist- so blöd das klingt- so gut wie nicht vorhanden. Zwar hat sich Crytek um ein umfangreiches Szenario bemüht mit Aliens, Seuche und allem drum und dran, die Charaktere im Spiel haben mit der Handlung eigentlich nur wenig zu tun. Die ist nämlich auch die größte Schwäche des Einzelspieler-Parts von Crysis 2. Als stummer Held Alcatraz(der zu Beginn immer Prophet genannt wird, weil er dessen Nanosuit trägt) erfüllt man widerspruchslos Aufträge im zerstörten New York. Allzuoft fragt man sich dabei, was man hier eigentlich tut und wozu. Egal, die Ziele sind ja markiert, also einfach mal hinlaufen. Abgesehen davon, dass die Handlung also keinen roten Faden besitzt, bleiben auch die Charaktere farblos(nicht unbedingt uninteressant, aber farblos!). Da hätte man mehr draus machen können. Ich frage mich an dieser Stelle wirklich, was die Schreiberlinge von Crytek die ganze Zeit getrieben haben. Wo ist die Spannung, wo stecken die Rückbezüge zu Crysis 1?? Die Rolle des alten Bekannten Prophet ist zu klein, und die Beziehung des Helden zu seinem Umfeld wird nicht klar. Es gibt zwar einen Aha- Effekt am Ende, der kann die große Story-Baustelle bei Crytek jedoch nicht vertuschen.

In freier Wildbahn ist anders

Die Dschungellevels in Crysis 1 waren fast vollständig frei begehbar. Das Leveldesign von Crysis 2 hat hingegen einen gewaltigen Ruck von 'Elder Scrolls' in Richtung 'Call of Duty' gemacht. Der Schauplatz des zerstörten New York, bei dem sich mögliche alternative Wege wunderbar durch Barrikaden oder umgestürzte Häuser versperren lassen, kommt der Verschlauchung dabei gut zu pass. Dadurch lässt sich die Linearität tatsächlich gut kaschieren, spätestens aber beim Versuch, in einem Gebäude mal eine andere Tür als die vorgegebene zu öffnen, lässt sich das Einweg- Prinzip einfach nicht mehr leugnen. Wer allerdings kein Problem damit hat, an die Hand genommen zu werden, denn erwarten schöne, detaillierte Levels, die sowohl durch Atmossphäre, als auch durch toll inszenierte Skriptsequenzen begeistern. Die Gegner dagegen gehören nicht immer zu den allerklügsten. Neben kleineren Aussetzern fällt vor allem auf, dass sie ihr Vorgehen scheinbar schon vorher auswändig gelernt haben. Überraschende Manöver sind leider nicht zu bemerken. Auch an der Vielfalt an Gegnern mangelt es. Die menschlichen Soldaten haben zwar oft unterschiedliche Ausrüstung, sind aber im Großen und Ganzen alles diesselben Typen. Die außerirdischen Ceph-Rasse umfasst genau vier Arten, die aber eigentlich immer nur größer und stärker werden und sonst nichts besonderes draufhaben. Das war in Crysis 1 zwar nicht anders, hätte man aber trotzdem verbessern können.

Wie eine zweite Haut

Besonders gepunktet hat Crytek mit der Steuerung. Die ist unglaublich intuitiv und leicht beherrschbar. Das Radialmenü des NAnosuits aus dem ersten Teil hat mich zwar nicht gestört, der Umstieg auf die Tasten Q und E für Panzerung und Tarnung ist dann aber doch angenehmer. Nur...das Blöde dabei: Diese Tasten waren früher für das Lehnen nach links und rechts benutzt, was die Entwickler im Rahmen der Konsolisierung wohl gestrichen haben ->Meiner Ansicht nach unnötig. Trotzdem ist das Gameplay rundum gelungen. Es macht einfach unglaublichen Spaß, unter einem halboffenen Gargentor durchzusliden, und dabei das MG durchzudrücken. Mit zerstörbaren Levels würden solche Aktionen natürlich noch viel mehr Spaß machen. Echt Schade!

be strong, be invisible...BE FAST!!!

Der Multiplayer ist ganz klar auf Action und schnelles Tempo getrimmt. Das liegt mir nicht, ich spiel lieber taktische Shooter wie Battlefield oder SWAT 4^^. Trotzdem kommt man mit dem Multiplayer auf seine Kosten und man sieht auch ganz klar, dass Crytek hier einen Schwerpunkt gesetzt hat. Es gibt ein Ränge- und Klassensystem sowie umfangreiche upgrade- und Freischaltungsmöglichkeiten. Für mich persönlich sind nur die KArten ein Kritikpunkt, besonders die Demo-Map 'Skyline'. Die haben im Gegensatz zu den Singleplayerlevels nämlich warlich mehr als nur einen Weg und und gleichen im Aufbau einem Schweizer Käse. Jeder Punkt ist von überall aus quasi per Luflinie zu erreichen, es gibt keinen klaren 'Frontverlauf'. DAs führt dazu, das meist alle mit aktiviertem Tarnfeld rumrennen, was...mich persönlich irritiert =)

Im Großen und Ganzen blieb Crysis 2 leider unter meinen Erwartungen. Die aalglatte Produktion, das Spiel lobenswerterweise auch flüssiger laufen lässt, kann über die starken Abstriche in Sachen Story, Freiheit und Technik nicht trösten.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Beleuchtung, Reflexionen, Partikeleffekte
  • Sound: satte Sounds, toller Soundtrack, gute Sprecher
  • Balance: vier Schwierigkeitsgrade
  • Atmosphäre: tolle Skriptsequenzen
  • Bedienung: intuitiv, leicht erlernbar
  • Umfang: relativ lange Kampagne, freischaltbarer Inhalt
  • Leveldesign: abwechslungsreich, atmossphärisch
  • KI: sucht nach unsichtbarem Spieler
  • Waffen & Extras: Waffenerweiterungen, Nanosuit-Upgrades
  • Story: Verrat
  • Grafik: manchmal unscharfe Texturen, mangelnde Physik
  • Sound: manchmal matschig, Sprecher reden durcheinander
  • Balance: Gegner halten zu viel aus(besonders die Aliens)
  • Atmosphäre: sinnfreie Zivilbevölkerung
  • Bedienung: lehnen nicht möglich
  • Umfang: Einstellungsmöglichkeiten unausreichend
  • Leveldesign: stark linear, immer die gleichen Gegner
  • KI: choreographiert
  • Waffen & Extras: relativ wenig Waffen, nur noch Tarnung und Panz.

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(8)
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