Gelungener Kompromiß aus Fast-Arcade-Racer und Bei­nahe-Simulation.

Viel Zeit ist vergangen, seit überhaupt ein Formel 1-Spiel für den PC veröf­fentlicht wurde. Jetzt hat Codemasters Nägel mit Köpfen gemacht und mit F1 2010 ein...

von Moldmaker am: 23.10.2010

Viel Zeit ist vergangen, seit überhaupt ein Formel 1-Spiel für den PC veröf­fentlicht wurde. Jetzt hat Codemasters Nägel mit Köpfen gemacht und mit F1 2010 ein voll lizenziertes Spiel an den Start gebracht, das sich wirklich sehen lassen kann.

Der Einstieg ist interessant gestaltet; man wird mit seiner Managerin be­kanntgemacht, die einem die wesentlichen Sachen in Kürze erklärt. Dann darf man ein Helmdesign auswählen und auch, in welchem Team man den Karrie­remodus beginnen will; zur Wahl stehen jedoch nur drei Hinterbänklerteams. Dann gibt es sogar noch ein Interview und am Schluß findet man sich allein in seinem Motorhome wieder. Man kann dann rausgehen und in der Luft schwe­ben – typisch für Codemasters – die einzelnen Menüpunkte.

Als er­stes sollte man sich mit den Optionen beschäftigen. Viel gibt es bei der Grafik nicht einzustellen, die gewählten Optionen waren sinnvoll gewählt. Die Steue­rung verdient natürlich Beachtung. Am besten läßt sich ein Formel 1 natürlich mit einem Lenkrad fahren, deshalb sollte ein Force-Feedback-Lenkrad mitsamt Pedalen zur Verfügung stehen. Ich habe weder Tastatur noch Game­pad getestet. Obwohl in der Anleitung vollmundig geschrieben steht, daß Lo­gitech-Lenkräder automatisch erkannt werden, gilt das für mein Formula EX anscheinend nicht. Egal, man kann es auch manuell problemlos einrichten. Zu dem ständigen Hin- und Herbewegen des Lenkrades verweise ich auf meinen Kurztip dazu.

Nun kann man sich mit den verschiedenen Spielmodi auseinandersetzen. Da ist natürlich zunächst einmal der Karrieremodus. Hier können sich die Perfek­tionisten richtig austoben. Jedes Wochenende kann man mit sämtlichen Trai­ningssitzungen und dem eigentlichen Qualifying bis hin zum Rennen über die Originaldistanz zu epischer Breite auswalzen.

Dann gibt es unter dem Menü „Grand Prix“ einen Zeitfahrmodus, bei dem man gegen ein Ghostcar fährt, und auch eine eigene Kurzmeisterschaft, bei der man beliebige Strecken zu einem eigenen Rennkalender zusammenstellen kann. Die Rennlänge läßt sich dabei wählen von einer Runde, drei Runden bis zu 10% des Originalrennens, das sind dann je nach Strecke 5 bis 8 Runden, die zu absolvieren sind.

Ich persönlich habe den Karrieremodus zuerst einmal zu den Akten gelegt – das war mir alles zu lang und zu ausführlich. Ich wollte schnell im Auto sitzen und fahren – wozu sollte ich mir sonst ein F1-Spiel kaufen? Später kann man sich ja immer noch um die Karriere kümmern. Deshalb empfehle ich folgen­des: Den Zeitfahrmodus kann man ganz bequem dazu mißbrauchen, um sich mit den einzelnen Strecken vertraut machen. Möchte man, sagen wir, in Hockenheim fahren, dann kann man im Zeitfahrmodus mit dem Auto seiner Wahl (man schlüpft dann in die Rolle des Originalfahrers) so viele Runden dre­hen, wie man will, man kann auch Unfälle bauen, neben die Strecke rutschen, sich drehen – völlig egal. Wenn man die Strecke einigermaßen gelernt hat, wechselt man in den Grand-Prix-Modus und wählt wieder dieselbe Fahrer/Au­to-Kombination und als Strecke wieder Hockenheim. Nun kann man anhand des Wetters eine Reifen- und Abstimmungswahl treffen (man kann aber auch das Wetter fest vorgeben) und schon geht es los. Das Spiel plaziert einen ir­gendwo zwischen Startplatz 5 und 10. Und schon kann es losgehen. Mir per­sönlich macht das Spiel auf diese Weise viel mehr Spaß als das bierernste Abarbeiten der Rennwochenenden – vielleicht fange ich damit aber auch noch an.

Die Autos sind alles andere als einfach zu fahren. Schneller als man „Pole“ sa­gen kann, überholt einen das eigene Heck, wenn man zu früh wieder voll aufs Gas steigt. Und wenn man alle Fahrhilfen deaktiviert, ist es schon eine Her­ausforderung, schnell genug zu schalten, den richtigen Brems- und Einlenk­punkt zu treffen und gleichzeitig noch einen Gegner zu überholen. Vor allem das manuelle Schalten verlangt viel Konzentration. Ein reiner Arcade-Racer ist F1 2010 sicherlich nicht. Näher dran an einen solchen kommt man, wenn man alle Fahrhilfen aktiviert. Hilfreich finde ich die einblendbare Ideallinie, die entweder immer oder nur in den Kurven sichtbar sein kann. Letzteres finde ich sehr angenehm, da man dann doch eine bessere Vorstellung über den rich­tigen Bremspunkt hat. Die Linie zeigt mithilfe von Farben an, wo man über einen Ankerwurf nachdenken sollte (rot) und wo sich das Akzelerieren wieder aufdrängt (grün). Dabei wirkt diese Linie niemals störend.

Weniger gelungen ist das Schadensmodell – genaugenommen gibt es gar kein richtiges. Selbst wenn man den Wagen mit der Nase in den Reifenstapel bohrt, ist der Frontflügel noch intakt. Das ist enttäuschend und sollte auch per Update nachgebessert werden, ebenso wie das fehlende Safety Car. Der Sound hingegen ist ausgezeichnet. Als nervtötend empfinde ich allerdings das Gerede des Renningenieurs am Funk. Wenn man auf Platz 10 rumfährt, inter­essiert es nicht, wer gerade führt – der soll dann lieber sagen, wer vor und hinter einem liegt und wie groß der Abstand ist. Man muß auch nicht jedes­mal, wenn man einem Konkurrenten hinterherfährt, einen Vortrag darüber hö­ren, daß man jetzt weniger Downforce auf dem Frontflügel hat. Und dann sagt er regelmäßig, das jetzt der Motor zu heiß ist und daß man Drehzahl reduzie­ren soll (mache ich nie), und kurze Zeit später sagt er dann, daß alle Tempera­turen im optimalen Bereich liegen. Aber das sind alles keine Showstopper, sondern läßt sich verschmerzen. Der Funksprechverkehr an sich ist schon ein gutes Feature des Spiels und trägt zur Atmosphäre bei.

Die Grafik ist exzellent und läuft (auf meinem System) absolut flüssig und ohne Ruckler; die einzelnen Rennstrecken sind gut gelungen und wirken reali­stisch, wenn auch sehr leblos. In der Boxengasse herrscht zum Beispiel fast immer Totenstille, kein Betrieb, keine anderen Autos, keine Hektik. Sehr gut hingegen die Rennwiederholung, bei der sich verschiedene Kameraperspekti­ven einstellen lassen. Allerdings erkennt man hier, daß einige Texturen an den Rennwagen aus der Nähe etwas matschig wirken. Daß mittlerweile einige Fahrer ausgetauscht wurden (z.B. De la Rosa gegen Heidfeld) oder die in die Luftleitbleche integrierten Rückspiegel verboten wurden, kann man dem Spiel nicht zum Vorwurf machen.

Mein Fazit: F1 2010 ist ein gelungener Kompromiß aus Fast-Arcade-Racer und Bei­nahe-Simulation, je nachdem, welchen Realismusgrad man einstellt und wel­chen Spielmodus man wählt. Damit sollte ein Großteil der angepeilten Ziel­gruppe zufriedengestellt werden können. Mag sein, daß Hardcore-Simulati­ons-Möchtegern-Rennfahrer, die sich mit feuerfestem Overall, Balaclava und Helm in den Rennsitz klemmen, an fast allem noch etwas auszusetzen finden, aber die sollten von F1 2010 vielleicht doch lieber die Finger lassen. Für alle anderen bietet F1 2010 jede Menge Langzeitspielspaß.

Mm.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(4)
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