Seite 2: Gefahren der VR - Kann die virtuelle Realität dem Menschen schaden?

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Inception?

In der VR lassen sich Traumwelten erstellen, die an den Film Inception erinnern. Es bedarf noch einiger Forschung, wie sehr sich der Verstand an eine vorgegaukelte Realität klammert, wenn er ihr nur lange genug ausgesetzt wurde. Angelica B. Ortiz de Gortari, die bereits an den Forschungen zum GTP beteiligt war, beschäftigt sich intensiv mit diesen potenziellen Gefahren.

Die sogenannte neuronale Adaption findet nachweislich bereits bei klassischen Videospielen statt, bei immersiven VR-Spielen erinnert sich der Verstand noch intensiver an die Spielumgebung. VR-Hersteller geben den Hinweis, nicht zu lange am Stück in der virtuellen Realität abzutauchen, eine Pause von 15 Minuten bei einer Stunde Spiel sei sinnvoll - noch wichtiger ist laut Angelica B. Ortiz de Gortari aber eine Pause nach dem Spiel, um wieder in der Realität anzukommen.

Also: Nicht direkt aus Project Cars in das eigene Auto steigen, um nicht versehentlich den ganz persönlichen Fahndungslevel zu erhöhen.

»Ihr seid so blöde Säcke!« - Drei Redakteure testen die HTC Vive inklusive Bewegungs-Controller Video starten 9:54 »Ihr seid so blöde Säcke!« - Drei Redakteure testen die HTC Vive inklusive Bewegungs-Controller

Achtung: Gehirn in der Entwicklung

Auf den Packungen der Oculus Rift und der Gear VR findet sich der Hinweis »geeignet ab 13 Jahren«. Doch warum hat sich Oculus für diese Altersangabe entschieden? Oculus selbst sagt dazu, dass sie, solange kein Nachweis für fehlende Gefahren vorhanden ist, lieber die Altersgrenze für VR anheben.

Inkonsequent wirkt die Altersangabe jedoch schon, befindet sich das Gehirn doch gerade in der Jugend in einer entscheidenden Reifephase. Oculus schützt mit der reichlich willkürlichen Angabe also nur Kinder, aber keine Jugendlichen, bei denen der Schutz vielleicht besonders wichtig wäre.

Tatsächlich sind die Auswirkungen von VR auf die neuronale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen so gut wie nicht erforscht. Eltern können also bislang nur den Weg des kompletten Verbots gehen, wenn sie alle Risiken ausschließen wollen. Das Internet beweist: Auch die unvorstellbarsten Dinge werden fotografiert und veröffentlicht, Snuff-Videos und andere nicht jugendfreie Dinge inklusive.

Dazu kommt eventuell auch eine stärkere Suchtgefahr als bei herkömmlichen Spielen. Wer jetzt schon am Monitor spielend anfällig für Suchtverhalten ist, sollte sich bei VR-Anwendungen vielleicht besser zurückhalten. Problematisch wird es spätestens bei virtuellen Umgebungen, die der Realität quasi überlegen sind und das eigene Leben stark verblassen lassen.

Mit Sonys Rush of Blood und Playstation VR soll es gruselig werden, Kinder sollten vor solchen VR-Titeln noch besser geschützt werden als bei klassischen Spielen. Mit Sonys Rush of Blood und Playstation VR soll es gruselig werden, Kinder sollten vor solchen VR-Titeln noch besser geschützt werden als bei klassischen Spielen.

Langfristige Forschungen stehen zwar noch aus, in der Fantasie von Science-Fiction-Autoren allerdings sind VR-Dauernutzer keine Seltenheit. Von Tad Williams »Otherland« bis zu Ernest Clines »Ready Player One« bietet die VR (zumindest in der Fiktion) einen der Realität überlegenen Lebensentwurf.

Die Universität Stanford arbeitet seit einiger Zeit an VR-Studien. Im Virtual Human Interaction Lab durften Kinder im Grundschulalter einen Freizeitpark besuchen - allerdings nur in der virtuellen Realität. Eine Woche später erinnerten sich 50 Prozent der Kinder an den Freizeitpark als wäre es ein realer und kein virtueller Ausflug gewesen.

Wenn schon Erwachsene in der VR echte Furcht erleben, sind die Auswirkungen auf Kinder deutlich größer. Vor allem, da die Erfahrungen nicht als abstrakt, sondern als real wahrgenommen werden.

Killerspiele reloaded

Nicht erst seit Doom beschäftigen sich Medien, Politik und Wissenschaft mit den Auswirkungen von Computerspielen auf die Psyche der Spieler. Dass ein meisterlicher Counter-Strike-Spieler nicht auch ein guter Schütze an realen Waffen ist, hat sich inzwischen herumgesprochen.

Es wird aber weiterhin diskutiert, ob gewalthaltige Spiele den Spieler gegenüber der Brutalität abstumpfen lassen, sie anfällig für gewalttätige Handlungen machen. Nun kommt es angesichts der unzähligen Spieler von Call of Duty, Battlefield und anderen Shootern jedoch zu erstaunlich wenig Amokläufen von Gamern - vielleicht hat sich der Shooter-Fan doch besser im Griff als Frontal21 behauptet?

Die Debatte dürfte aber spätestens bei einem Erfolg von VR wieder aufkommen. In der virtuellen Realität wird ein Ingame-Massaker ungleich realistischer wahrgenommen als beim Spielen auf einem Bildschirm. Dieser zeigt letzten Endes nur die Darstellung der blutigen Handlung, in der VR ist der Spieler hingegen viel stärker involviert.

Mit einer Spielzeugwaffe auf einen Bildschirm ballern, das gab es schon auf dem NES. In der VR allerdings haben wir das Gefühl, tatsächlich eine Waffe zu tragen und auf einen Gegner zu schießen statt auf einen Fernseher oder Monitor – Stoff für eine erneute Killerspieldebatte?. Mit einer Spielzeugwaffe auf einen Bildschirm ballern, das gab es schon auf dem NES. In der VR allerdings haben wir das Gefühl, tatsächlich eine Waffe zu tragen und auf einen Gegner zu schießen statt auf einen Fernseher oder Monitor – Stoff für eine erneute Killerspieldebatte?.

Dazu kommen immersive Controller wie sie HTC bei der Vive bereits serienmäßig mitliefert. Diese verwandeln sich im Spiel in Pistolen und Gewehre, es entsteht das Gefühl, tatsächlich eine Waffe zu tragen und damit auf echte Personen zu schießen, wenngleich auch das eine Ausbildung an einer echten Waffe nicht annähernd ersetzt.

Bislang spaltete sich die Debatte nach Amokläufen Jugendlicher auf: Einerseits wurden oft vemeintliche »Killerspiele« verantwortlich gemacht. Andererseits aber auch der Umgang mit echten Waffen, beispielsweise im Verein. Die realistischere Waffenhandhabung in VR-Spielen könnte beide Vorwürfe in einer Technologie vereinen. Die Debatte wird sich aber wohl nicht mehr um die Spiele selbst, sondern eher um die (bislang unbekannte, dafür einfach zu verteufelnde) VR-Technologie drehen.

Wissenschaftliche Studien zur Auswirkung von VR-Gewalt auf den Spieler werden erst in Zukunft das wahre Gefahrenpotenzial aufzeigen. Spieldesigner sollten aber bereits jetzt darauf achten, keine allzu verstörenden Szenarien zu nutzen: Einen virtuellen Massenmörder durch virtuelle Schulflure zu schicken, dürfte aus mehreren Gründen keine gute Idee sein.

HTC Vive - Video-Fazit: Tolle Hardware, aber noch fehlt etwas. Video starten 13:24 HTC Vive - Video-Fazit: Tolle Hardware, aber noch fehlt etwas.

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