Die ECA behauptet, dass Spiele teurer würden, sollte der Supreme Court in Sinne Kaliforniens entscheiden. Ist das glaubwürdig? Wo sollten diese Extrakosten herkommen?
Josh Sawyer: Die Hersteller müssten ihre Verpackungen und die Händler ihren Regalraum ändern, um die rechtlichen Auflagen von AB 1179 zu erfüllen. Diese Kosten würden sie selbstverständlich an den Kunden weiterreichen.
Matt MacLean: Die Einschätzung der ECA dürfte stimmen. Ein guter Vergleich ist das Einstufungssystem bei Filmen. Das Kontrollsystem dort ist ziemlich undurchsichtig und herrisch. Filmschaffende müssen viel Zeit damit verbringen, um seine Prozesse und Reglementierungen herumzutanzen, wenn sie eine Alterseinstufung haben wollen, die nicht gleich die Hälfte aller Kinos dazu bringt, den Film aus dem Programm zu nehmen.
Das System stammt aus der Privatwirtschaft, um ein Eingreifen der Regierung zu verhindern, und hat deshalb keine wirkliche gesetzliche Grundlage, aber die Urteile des Kontrollgremiums sind de facto Gesetz im Kinoland. Es ist ein klassischer Fall von »Geld schlägt Können«: Große Studios haben es in der Regel leichter als kleine, die länger warten und strengere Alterseinstufungen in Kauf nehmen müssen. Ich bin sicher, dass vieles davon auch bei Videospiele passieren wird. Die Kosten steigen, die Entwicklung dauert länger, Indie-Studios leiden, während große Publisher durch das System segeln.
Macht ihr euch Sorgen darüber, was bei dem Fall herauskommt?
Matt MacLean: Wenn man anschaut, was in der Welt so alles im Argen liegt, fällt es mich schwer, zu sagen, dass dieser Fall eine große Sache ist. Aber er könnte sicher Einfluss auf meinen Broterwerb und mein liebstes Hobby haben.
Josh Sawyer: Die Welt dreht sich nicht um Videospiele. Es gibt viele Dinge, die es sehr viel mehr wert sind, sich darum Sorgen zu machen.
Trotzdem halte ich das kalifornische Gesetz für schlecht gemacht, weil es letztendlich persönliche Verantwortungslosigkeit fördert. Und das trotz den bedeutenden Bemühungen der Spieleindustrie, Händlern und Kunden alles an die Hand zu geben, was sie brauchen, um qualifizierten Entscheidungen darüber zu treffen, was sie kaufen, verkaufen und an wen.
Matt MacLean: Diese ganze Diskussion dürfte überhaupt nicht stattfinden. Der Supreme Court hat schon vor langer Zeit gegen den ersten Verfassungszusatz entschieden, und niemand hat diesen Fehler je korrigiert. Deshalb leben wir nun mit der Auffassung der »gerechtfertigten Zensur« als Teil des Status Quo.
Das ist in etwa so, als ob deine Großeltern die Familientradition begründet hätten, Cthulhu süße Hundewelpen zu opfern, aber anstatt sich zu fragen, warum man das eigentlich macht, verwickelt man sich lieber in eine lange Diskussion darüber, wie »süß« zu definieren ist und ob man die Altersgrenze der Welpen anheben sollte.
Josh Sawyer: Vielleicht landen wir irgendwann auf der gleichen Stufe wie die Tabakindustrie mit riesigen Warnstickern auf den Packungen, für Eltern, die nicht in der Lage sind zu erkennen, dass »Turbo-Köpfer 4« ein gewalthaltiges Spiel ist.
Wie wird das Gericht entscheiden?
Josh Sawyer: Ich kann nicht ansatzweise nachvollziehen, wie die kalifornischen Gesetzgeber und die Justiz zu ihren Schlussfolgerungen kommen, deswegen enthalte ich mich in dieser Angelegenheit der Weissagerei.
Matt MacLean: Partisanen haben Jahre damit verbracht, die Bundesgerichte mit Konservativen vollzustopfen. Die logische Konsequenz davon ist eine allgemeine Geringschätzung von Freiheitsrechten.
Dennoch halte ich Kaliforniens Standpunkt für ziemlich schwach. In vergangenen Urteilsbegründungen hat der Supreme Court explizit Dinge wie die Grimm’schen Märchen als gewalthaltiges Material benannt, das trotzdem für Minderjährige geeignet sei.
Wir haben so eine lange Tradition darin, in uns nicht sonderlich um die Zensur von Gewaltdarstellung zu scheren, und so viele offensichtlich gewalthaltige Teile unserer Unterhaltungskultur, dass ich davon ausgehe, dass die kalifornischen Kläger einen sehr schweren Stand haben werden.
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