Seite 2: Interview mit Christoph Waltz zum Film Django Unchained - Ungewollt das Drehbuch von Django Unchained beeinflusst

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Unbewusste Anspielungen, Tarantinos Kultur

Quentin Tarantino (links) und Christoph Waltz sind mittlerweile dicke Freunde. Quentin Tarantino (links) und Christoph Waltz sind mittlerweile dicke Freunde.

Haben Sie also das Drehbuch doch beeinflusst?
Christoph Waltz: Nein, bedanken Sie sich bei Richard [Wagner]. Das Lustige dabei war aber, dass der weibliche Charakter schon vorher Broomhilda hieß. Quentin muss also schon mal was von der Walküre gehört haben. Aber so arbeitet er: Viele Analogien und Bezüge kennt er einfach nicht bewusst. Die kommen einfach so dabei heraus. Vielleicht weiß er es, denkt aber nicht daran.

Hatten Sie also doch ein paar Hintergedanken dabei, als Sie Quentin in die Oper mitgenommen hatten?
Christoph Waltz: Nun, wenn ich Sie länger kennen würde und eine Karte für Walküre hätte, würde ich Sie auch mitnehmen. Das mache ich einfach so, ohne didaktische Absichten.

Trailer zu Django Unchained Video starten 2:20 Trailer zu Django Unchained

Inglourious Basterds hat auf seine eigene Weise mit den Mitteln der Populärkultur Schranken durchbrochen und Leute zum Nachdenken angeregt. Meinen Sie, dass es Django Unchained beim Thema Sklaverei genauso gelingen wird, ein gesellschaftliches Gedächtnis zu beeinflussen?
Christoph Waltz: Mir wird immer klarer, dass Unterhaltung in Amerika etwas ganz anderes bedeutet als bei uns. Wir haben ja die Trennung zwischen Unterhaltung und dem Seriösen. Die habe ich immer verachtet, ich habe sie lächerlich gemacht. Das entspricht so gar nicht meinem Dafürhalten. Ich würde aber niemals dem, was ich als Unterhaltung bezeichne, dieses Maß an Ernsthaftigkeit und Seriosität zuordnen, das es in Amerika hat. Ich war einmal bei einem Abendessen, bei dem sehr wichtige Persönlichkeiten der Unterhaltungsindustrie zugegen waren. Da ging es um Roman Polanski und Tiger Woods. Plötzlich fiel mir auf, dass diese Unterhaltungsbosse richtig Macht und politischen Einfluss haben. Die sitzen mit Barack Obama beim Mittagessen und diskutieren die Probleme. Entertainment hat dort also einen völlig anderen Stellenwert in der Kultur und man müsste sogar behaupten, dass dem Entertainment dort eine Verantwortung anheim liegt. Ob diese Verantwortung dann auch in diesem Ausmaß wahrgenommen wird, wie sie unserer Meinung sein müsste, glaube ich nicht.

Und im Fall von Tarantino?
Christoph Waltz: Im Fall von Tarantino ist es so eindeutig ein Kunstwerk, so eindeutig ein ästhetischer Ansatz, so eindeutig Grand Opéra und Grand Guignol. Es ist nie mit irgendeiner vermeintlichen Realität zu verwechseln. Es bleibt immer ein Film. Ich habe einmal beim [österreichischen Experimentalfilmer] Peter Kubelka einen Vortrag gehört. Das war vor Geschäftsleuten in Altbach. Er hat damals ein Stück Kreide von der Tafel genommen und hat gefragt, was das ist. Erst hat keiner geantwortet und endlich sagte jemand, es sei ein Stück Kreide. Kubelka antwortete, es sei ein Flugzeug, und hat dabei Flugzeuggeräusche nachgemacht und die Kreide ein wenig durch die Luft bewegt. Wenn Sie auf der Leinwand ein Flugzeug sehen, nehmen Sie ja auch nicht an, es sei ein echtes Flugzeug, sondern Sie übersetzen es sich als Flugzeug. Das ist Licht auf Fläche. Ich finde, dass das bei Tarantino-Filmen deutlich sichtbar ist. Es ist nie Realität, sondern ein Kunstwerk.

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