Rush - Interview mit Niki Lauda - »Ich wusste nicht, was das für ein Film wird.«

Wir sprachen mit Niki Lauda über den Formel-1-Film Rush, der seinen tragischen Unfall und die Konkurrenz zu James Hunt behandelt. Natürlich ging es aber auch um die Arbeit mit Schauspieler Daniel Brühl und Autor Peter Morgan.

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Wussten Sie von Anfang an, dass Rush ein guter Film werden würde?

Niki Lauda: Nein. Ich hatte schon öfter Anfragen wegen Filmen oder Dokumentationen, habe mich aber nie dafür interessiert. Das ist Arbeit, mit der ich kein Geld verdiene und für mich somit langweilig. Als mich Drehbuchautor Peter Morgan jedoch ansprach, musste ich nicht lange nachdenken. Schließlich hat er schon den Oscar für seine Arbeit gewonnen. Also dachte ich mir "wenn sich so jemand für dein Leben interessiert, hörst du dir das mal an". Wir haben uns dann öfter getroffen und uns viel unterhalten. Allerdings hat er immer wieder betont, dass ich keinen Einfluss auf das Endresultat des Films haben würde.

Er sagte, er sei der Chef und würde das Drehbuch schreiben. Er meinte, er könnte aus mir einen Loser oder einen Idioten machen und ich könnte nichts dagegen sagen. Das war nicht so schön, aber ich dachte mir, dass der schon weiß, was er tut, wenn er Oscars gewinnt. Damit war das für mich erstmal erledigt. Allerdings hat Peter dann so Sachen geschrieben wie "als ich den Wagen mit meinem Schlüssel startete". "Du Depp," hab ich gesagt "Formel 1 Wagen haben keinen Schlüssel, die haben einen Knopf!" Da wurde er dann etwas vorsichtiger und ich hatte etwas Mitspracherecht. Dennoch wusste ich bis zum Schluss nicht, was das nun für ein Film wird.

Wie war dann ihr Gefühl, als Sie das fertige Werk zum ersten Mal zu sehen bekamen?

Niki Lauda: Das war komisch. Denn beim ersten Mal dachte ich "Das kann doch nicht sein Ernst sein, mich so negativ hinzustellen!" Das war mein erster Eindruck. Dann habe ich den Film beim Nürburgring zum zweiten Mal gesehen und meine Reaktion war schon eine andere. Besonders die Krankenhausszenen haben mich selber sehr erschreckt. Ich hatte ja nun einen ganz anderen Blickwinkel auf das Ganze. Dann sah ich die Reaktionen der Leute, die weitestgehend positiv waren. In London sah ich den Film dann zum dritten Mal und dann fand ich ihn doch wirklich gut. Es war also ein etwas längerer Prozess, aber mittlerweile fühle ich mich nicht mehr falsch dargestellt und der Film gefällt mir sehr gut.

Am Schluss des Films ist Ihr letzter Satz, dass James Hunt der einzige Fahrer war, den Sie auf eine gewisse Art beneidet haben. Können Sie das so unterschreiben?

Niki Lauda: Ja, absolut. Es gibt bei der Formel 1 immer nur zwei bis drei Fahrer, die wirklich erfolgreich sind. In dem Jahr 76 hatte ich bis zu dem Unfall fast alle Rennen gewonnen. Dann kam ich zurück und plötzlich geht der Hunt im McLaren viel schneller als ich. Dadurch war er ein Gegner mit Schnelligkeit und Geschick, der für mich unerwartet war. Ich war eigentlich immer der Beste. Durch ihn wurde es zum Kampf. Daher hab ich ihn immer sehr respektiert, er war einfach wirklich gut. Da musste ich wirklich etwas dazu lernen, um ihn zu schlagen. Das war für mich neu.

Unsere Kinoautorin Anne Facompre traf Niki Lauda zum Interview. Unsere Kinoautorin Anne Facompre traf Niki Lauda zum Interview.

In dem Film wird es so dargestellt, als wären Sie eher der ernstere Fahrer gewesen, der sich auf die Rennen konzentriert hat, während Hunt immer ganz schön am Feiern war. Haben Sie auch mal zusammen gefeiert?

Niki Lauda: Ja, selbstverständlich. Ich habe vielleicht 20% von dem Feiern gemacht, das der James immer tat. Nur ich habe es vielleicht an den Sonn- und Montagabenden gemacht, aber nicht vor dem Rennen. James war immer am Feiern. Wie er das durchgestanden hat, weiß ich nicht. Er hatte kein geregeltes Programm, ich schon.

Was würde James Hunt von dem Film halten?

Niki Lauda: Der wär happy. Wenn er jetzt hier wäre, das wäre das Größte. Es tut mir sehr leid, dass er verstorben ist. James würde sich den Film sicherlich jeden Tag dreimal ansehen und sich darüber freuen (lacht).

Welche Rolle spielte die Konzentration in Ihrem Job?

Niki Lauda: Die Konzentration war alles. Eine Sekunde nicht aufgepasst und du warst tot. Heute ist das anders, es gibt keine Leitschiene mehr und die Fahrzeuge sind sicherer. Zu meiner Zeit war es immer ein Spiel auf Leben und tot und jedes Jahr ist mindestens ein Fahrer gestorben. Die jungen Herren, die heute fahren, sind gar nicht mehr gefordert charakterlich starke Persönlichkeiten zu sein. Das Problem gibt es heute nicht mehr. Heute können sie Hunde, Kinder und Frauen mit zu Rennen nehmen, weil die Gefahren geringer sind. Zu meiner Zeit hätte man das nie gemacht. Man war sich immer bewusst, dass jedes Rennen dein letztes sein konnte.

Ihre Prioritäten waren aber immer ganz klar: Das Fahren war Ihre Leidenschaft, es war wichtig, aber das Leben ging vor. Ist das so richtig?

Niki Lauda: Ja, es ging darum, eine Messerschneide breit am Leben zu bleiben. Ich war bereit, ein gewisses Risiko einzugehen, aber kein unnötig großes. Bei jedem Unfall, den es gab, bin ich hingefahren, um zu gucken, warum derjenige verunglückt war. Daraus habe ich gelernt, dass ich, wenn ich genau diesen Fehler nicht mache, am leben bleibe.

Was sagen Sie denn zu Daniel Brühl?

Niki Lauda: Unglaublich. Ich habe ihn in Wien kennengelernt. Ich fand ihn so nett, dass ich wesentlich mehr Zeit mit ihm verbrachte, als das, was unbedingt nötig gewesen wäre. Ich habe ihn zum Beispiel auch nach Brasilien zum Autorennen mitgenommen, um ihm das alles zu zeigen. Das war auch gut so, denn vom Rennen hat er keine Ahnung gehabt (lacht). Er war aber sehr ehrgeizig und hat mir viele Fragen gestellt. Ich bin sehr beeindruckt von seiner Leistung.

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Sie haben einmal gesagt, dass Ihre Frau Ihre einzige Freundin wäre. Kommt Daniel auch langsam in diese Riege, haben Sie ihn gern?

Niki Lauda: Ja, ich hab ihn gern, gar keine Frage. Aber ich kenne ihn zu wenig, um ihn als Freund zu bezeichnen. Ich sage immer, dass ich wirklich keine Freunde habe und dazu stehe ich auch. Gerade seit dem Unfall musste ich mich immer um alles selber kümmern. Ich glaube, dass es nur wenige Menschen gibt, die das Problem eines anderen objektiv beurteilen können. Die meisten interpretieren ihre eigenen Erfahrungen mit hinzu. Das habe ich relativ schnell gelernt und dadurch selten um Hilfe gebeten.

Außerdem ist es klar, dass man mehr und mehr "Freunde" bekommt, je berühmter man wird. Und die kann man wirklich vergessen, das sind dann keine wirklichen Freunde. Es gibt Menschen, für die ich mich interessiere und aus deren Erfahrungen und Aussagen nehme ich mir das heraus, was für mich persönlich relevant ist, um mich weiter zu bilden. Ich würde aber wirklich nicht sagen, dass es jemanden gibt, den ich Tag und Nacht anrufen könnte. So gehe ich durch mein Leben.

Was für ein Auto fahren Sie heute selber?

Niki Lauda: Einen Mercedes CLS Shooting Brake. AMG natürlich. Eigentlich ein ganz normales Auto.

Wie dankbar sind Sie heute noch, dass Sie den Unfall überlebt haben?

Niki Lauda: Irrsinnig dankbar. Von drei verschiedenen Fahrern, die um mich herum standen, ist Merzario als einziger ins Feuer und hat mich rausgezogen. Wenn er den Mut dazu nicht gehabt hätte, wäre ich heute nicht mehr hier. Er sagte mir danach, dass ich leicht wie eine Feder gewesen wäre. Er muss solche Kraft entwickelt haben, dass er mich einfach herausziehen konnte.

Er könnte aber doch so etwas wie ein Freund sein?

Niki Lauda: Das stimmt. Aber ich sehe ihn viel zu selten. Trotzdem ist Arturo Merzario jemand, den ich im höchsten Maße respektiere.

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