Kolumne zu Genre-Hitlisten - Die GameStar-DNA

Chefredakteur Heiko Klinge über die Zeit als GameStar-Leser und seine besondere Beziehung zu Genre-Hitlisten.

Als ich im September 1997 meine erste GameStar las, war das für mich ein echtes Erweckungserlebnis: ebenso ausführliche wie kritische Tests, ein nachvollziehbares Wertungssystem und eine klar sichtbare Redaktion mit Profil. Die größte Innovation war für mich seinerzeit aber die übersichtliche Unterteilung in Spiele-Genres samt entsprechender Hitlisten. Vor den Tests der Rubriken Action, Strategie, Sport, Simulation und Adventures gab's auf einer Anlaufseite nicht nur die Charts der jeweils 20 besten Titel, sondern auch eine kurze Kolumne des entsprechenden Experten, in der dieser aktuelle Entwicklungen im Genre kommentierte.

Mein Vor-Vor-Vor-Vorgänger als GameStar-Chefredakteur Jörg Langer schrieb etwa seinerzeit auf der Strategieseite:

"»Laut Terminankündigungen erscheinen bis Ende des Jahres nicht weniger als 13 Echtzeit-Strategiespiele. Viele davon sehen äußerst interessant aus, und alle wollen verkauft werden. Nur, an wen? Ich persönlich mag die Hektikdinger wirklich, aber die Vorstellung, 13 davon in knapp vier Monaten spielen zu sollen, lässt mich fast meinem Lieblingsgenre abschwören.« "

Ja, liebe Strategen: 13 RTS-Releases in vier Monaten - das waren noch Zeiten!

So sah 2001 mein allererster Genre-Anlauf als Sport- und Rennspielexperte der GameStar aus. Und ja, die Frisur war damals voll gesellschaftsfähig. Ähem. So sah 2001 mein allererster Genre-Anlauf als Sport- und Rennspielexperte der GameStar aus. Und ja, die Frisur war damals voll gesellschaftsfähig. Ähem.

Der Autor
GameStar-Chefredakteur Heiko Klinge zitiert gern den Jazzmusiker Miles Davis: »Es gibt genau zwei Arten von Musik: gute und schlechte.« Das gleiche gilt für ihn auch für Spiele. Trotzdem oder gerade deswegen ist er ein großer Freund von Wertungen und Genre-Hitlisten. Denn es gibt für ihn kaum etwas Schöneres, als mit Kollegen und Lesern darüber zu diskutieren, welches Spiel in welchen Bereichen warum besser ist.

Damit er überall seinen Senf dazugeben kann, spielt nach er wie vor jeden halbwegs relevanten Titel zumindest an. Aktuell drückt er zum Beispiel jedem rein, dass Skyshine's Bedlam seiner Meinung nach von GameStar zu niedrig bewertet wurde. Und bekommt dafür vom Kollegen Graf reingedrückt, dass bei Anno 2205 auch eine hohe 70 gereicht hätte.

AoE 2 vs. C&C 3

Diese Genre-Anläufe habe ich in meiner Lieblings-Zeitschrift immer als erstes gelesen. Weil mich die persönliche Meinung der Experten interessierte. Und weil ich wissen wollte, ob es ein neues Spiel diesen Monat in die Charts geschafft hat. Ich liebte diesen Wettstreit der Spitzenspiele. Und ich genoss die Diskussionen mit meinen Kumpels in der Uni-Mensa, ob nun Age of Empires 2 oder Command & Conquer 3 das bessere RTS ist (Unter uns: AoE 2 natürlich!).

Nein, ich war nicht immer der gleichen Meinung wie GameStar. Und ja, natürlich wurden auch immer ein Stückweit Äpfel mit Birnen verglichen - denn ein C&C 3 hat zwar eine schlechtere GameStar-Wertung als Age of Empires 2 bekommen (Ha!), wer aber mehr auf Science Fiction als auf Mittelalter stand, dürfte trotzdem mehr Spaß mit Ersterem gehabt haben. Dennoch: Diese Charts waren für mich der wahrscheinlich wichtigste Qualitätskompass in meinem Gamer-Leben.

Spiele zu vergleichen wie hier anno 1999 ist selten zu 100% fair, aber für den Leser immer spannend und auch durchaus hilfreich. Es gehört seit jeher zur GameStar-DNA. Spiele zu vergleichen wie hier anno 1999 ist selten zu 100% fair, aber für den Leser immer spannend und auch durchaus hilfreich. Es gehört seit jeher zur GameStar-DNA.

Warum ich so in der Vergangenheit schwelge? Weil ich in den Weihnachtsferien gemeinsam mit den Kollegen viel über Listen, Wertungen und Vergleiche nachgedacht habe. Denn wie es sich zum Jahresende gehört, haben natürlich auch wir jede Menge Rückblicke und Listen veröffentlicht, unter anderem auch Die besten Action-/Strategie-/Rollenspiele 2015 als alphabetisch sortierte Sammlung von empfehlenswerten Spielen, die wir 2015 getestet haben.

Ein klassischer Jahresrückblick: Die Geheimtipps 2015 der GameStar-Redakteure

Die Idee war grundsätzlich gut, und wir haben es ziemlich genauso gemacht wie alle anderen Games-Websites dort draußen. Aber genau das war der Fehler! Denn GameStar ist nun mal nicht wie alle anderen Games-Websites dort draußen. GameStar ist persönlich, GameStar hat klare Regeln, GameStar bewertet und GameStar vergleicht! Das haben wir in diesem Fall vernachlässigt und dafür gab's zurecht Kritik, die wir uns sehr genau durchgelesen haben und die mich so viel über meine Anfänge als GameStar-Leser nachdenken ließ.

Die Mensa von 2016

Die Spiele-Artworks mit reingeklebten Redakteursfotos sind eine Reminiszenz an die ersten GameStar-Jahre. Die Spiele-Artworks mit reingeklebten Redakteursfotos sind eine Reminiszenz an die ersten GameStar-Jahre.

Die Ergebnisse dieses Nachdenkens finden Sie ab sofort auf GameStar.de. Genau, die guten alten Genre-Anläufe kehren zurück - mit allem, was sie schon 1997 ausgezeichnet hat! Also die 20 besten Spiele des jeweiligen Genres der letzten zwei Jahre. Weder willkürlich noch alphabetisch sortiert, sondern knallhart nach GameStar-Wertung. Dazu gibt's jeden Monat eine Kolumne unserer Genre-Experten (jüngere wie ältere), die aktuellen Geschehnisse und Entwicklungen kommentiert, Geheimtipps empfiehlt oder einfach nur mal Persönliches preisgibt.

Und weil uns dieses moderne Internetz ganz andere Möglichkeiten spendiert als die gedruckten Seiten anno 1997, gelangen Sie nicht nur blitzschnell zu jedem Test unserer Toptitel, sondern können auch direkt mit uns in Kontakt treten und mit gleichgesinnten Genre-Freunden diskutieren. Welche Wertung finden sie zu hoch, welche zu niedrig und welchen Geheimtipp sollen wir unbedingt noch testen?

Der alte neue Genre-Anlauf: Die Top 20 der Actionspiele für Februar 2016

Ja, mir ist bewusst, dass ich hier quasi gerade um einen Shitstorm gebettelt habe. Aber ich glaube fest daran, dass nicht nur GameStar ein besonderes Magazin ist, sondern dass wir auch besondere Leser haben. Leser, die Core Gamer sind, sich auskennen und ihr Genre lieben. Leser, die kritisch hinterfragen, aber auch die Meinung anderer respektieren. Ich hätte gern, dass die Kommentarfunktion unter den Genre-Hitlisten zu dem werden, was meine Uni-Mensa Ende der 90er war: eine harte, aber herzliche Diskussionsplattform für alle, die Games lieben (und vielleicht auch ein bisschen die GameStar).

Für mich persönlich schließt sich mit der Rückkehr der Genre-Hitlisten ein wenig der Kreis vom Leser und Fan 1997 bis zum Chefredakteur 2016 (ja, ich muss mich nach wie vor regelmäßig kneifen.). Denn es ist für mich die Quintessenz meines Jobs, einerseits immer wieder Neues auszuprobieren und gemeinsam mit einem großartigen Team die bestmögliche Berichterstattung über Spiele auf die Beine zu stellen, dabei andererseits aber auch nie zu vergessen, wofür GameStar seit 1997 steht: kritische Tests, ein nachvollziehbares Wertungssystem und eine klar sichtbare Redaktion mit Profil. Gestern wie heute.

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