Oculus Rift angespielt - Auf dem Weg zum persönlichen Holodeck

So viel Mühe sich Entwickler auch geben, das Sichtfeld eines Monitors ist begrenzt. Die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift hingegen katapuliert uns mitten in die Spielwelt hinein – wir haben ausführlich probegespielt.

Oculus Rift - Kickstarter-Video zur VR-Brille Video starten 4:52 Oculus Rift - Kickstarter-Video zur VR-Brille

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Videobrillen gibt es schon seit geraumer Zeit. In den 1990er Jahren entstand der seinerzeit vollkommen zu Recht schlechte Ruf der sogenannten Virtual-Reality-Helme durch schwere, unhandliche Gerätschaften. In der jüngeren Vergangenheit erschienen mit der HMZ-T2 von Sony und der Cinemizer OLED von Carl Zeiss moderne, neue Videobrillen-Brillen (nicht zu verwechseln mit 3D-Brillen wie Nvidia 3D Vision). Wirklich überzeugen konnten jedoch auch diese wegen ihres begrenzten Sichtfelds nicht. Beim Blick durch eine Cinemizer OLED beispielsweise entsteht lediglich der Eindruck, einen Fernseher mit einer Bilddiagonale von 40 Zoll aus mindestens zwei Metern Entfernung zu betrachten, wobei alles um den virtuellen Bildschirm herum schwarz ist. Wieder befinden wir uns nicht mitten im Spiel, sondern betrachten es durch den kleinen Zauberspiegel namens Monitor oder Fernseher.

Diese technischen Einschränkungen wollte Entwickler-Legende John Carmack (Doom, Quake) nicht länger hinnehmen. Carmack bastelte daraufhin zusammen mit Palmer Luckey von Oculus VR aus einer Skibrille, einem kleinen Display, etwas Elektronik und viel Gaffa-Tape einen funktionierenden Prototypen einer neuartigen Videobrille.

Zugegeben, Carmack kümmerte sich eher um die Software und die Messe-Präsentation des Prototypen. Die Besonderheit der Kooperation: Neben einer sehr geringen Latenz bot bereits der Protoytop ein vergleichsweise riesiges Sichtfeld von 110 Grad in alle Richtungen – statt dass wir zwei Meter vor einem 40-Zöller sitzen, stehen wir nun unmittelbar vor einer Kinoleinwand. Das sorgt für ein bislang nicht gekanntes Mittendrin-Gefühl und für freudiges Grinsen auf den Gesichtern. Eine überaus erfolgreiche Kickstarter-Kampagne mit einem Gesamtvolumen von 2,4 Millionen US-Dollar später (gesammelt werden sollten ursprünglich nur 250.000 US-Dollar), entledigte sich die nun Oculus Rift genannte Brille des Klebebandes und ist als Entwicklerversion für 300 Dollar (zuzüglich Steuern) verfügbar.

Um uns selbst davon zu überzeugen, wie es um den Tragekomfort und das Spielgefühl der Oculus Rift bestellt ist, machten wir uns auf den Weg nach Bremen in die Räume von Animation Labs. Eigentümer Ralf Ostertag klebte sich schon kurz nach der ersten Berichterstattung über Carmacks Skibrillen-Experimente eine eigene Videobrille nach dem Vorbild des id-Software-Chefentwicklers zusammen und sammelte so zahlreiche praktische Erfahrungen mit der Technologie. Diese führten zur Entwicklung eines Treibers, mit dem sich zahlreiche aktuelle PC-Spiele mit der Entwicklerversion der Rift spielen lassen. Doch nicht nur eine selbstgebaute Videobrille wartet hier auf uns, Animation Labs besitzt auch ein Entwicklermuster von Oculus Rift.

Auf der E3 konnte Daniel Matschijewsky bei Id Software (im Hintergrund Technologiechef John Carmack) einen Prototypen der Rift testen. Auf der E3 konnte Daniel Matschijewsky bei Id Software (im Hintergrund Technologiechef John Carmack) einen Prototypen der Rift testen.

Selbstversuch

Auf dem Bildschirm des Demonstrationsrechners sind zwei verzerrte linsenförmige Bilder zu sehen, die den Innenraum eines Landhauses zeigen, wo ein Kamin flackerndes Licht auf die Umgebung wirft. Es handelt sich um die Tuscany-Demo von Oculus VR. Diese soll die Fähigkeiten der Rift zeigen, setzt dabei aber auf eher zweckmäßige Grafik. Gespannt setzen wir die Brille auf: Auf den ersten Blick wirkt die Rift-Brille beinahe unscheinbar. Mit nur etwa 378 Gramm ist sie zwar schwerer als die Videobrillen-Konkurrenz von Zeiss, der Tragekomfort leidet aber nicht unter dem Gewicht. Einmal auf den Kopf gesetzt, bemerken wir die Rift kaum noch – und tauchen in eine andere Welt ein. Wo das Landhaus eben noch zweidimensional auf einem Monitor klebte, befinden wir uns nun mitten in der Szene. Doch halt, so recht perfekt erscheint der Eindruck noch nicht zu sein, das Bild ist unscharf.

Der Oculus Rift liegen insgesamt drei Paar Linsen für verschiedene Sehstärken bei Der Oculus Rift liegen insgesamt drei Paar Linsen für verschiedene Sehstärken bei

»Je nach Sehstärke musst du andere Linsen einsetzen. Unter Umständen haben wir nicht die gleiche Sehstärke« klärt uns Ralf Ostertag auf und beginnt, die Linsen aus der Videobrille gegen andere Modelle zu tauschen. Der Rift liegen insgesamt drei Sätze dieser Linsen bei – eines für normal- und leicht weitsichtige Personen, eines für leicht kurzsichtige und eines für stärker kurzsichtige Menschen. Oculus VR deckt damit ungefähr den Rahmen zwischen +2 und -5 Dioptrin ab- Allerdings ist es auch möglich, eine Brille unter der Rift zu tragen.

Die Linsen sind mit wenig Aufwand gewechselt, der zweite Versuch beginnt. Jetzt wirkt die Landhaus-Umgebung wesentlich schärfer und beeindruckt mit einem sehr guten Tiefeneindruck. Wir schauen uns um – und jede Kopfbewegung wird ohne spürbare Verzögerung umgesetzt. Ohne dass es sich verhindern lässt, setzt sich ein Lächeln auf unseren Lippen fest. Etwas hilflos greifen wir zur Tastatur und bewegen uns mit gewohnter WASD-Steuerung in der virtuellen Umgebung. Auch die Maus können wir benutzen, alternativ ein Gamepad. Praktisch: Auch wenn die Oculus Rift fast komplett geschlossen ist und damit kein Umgebungslicht stört, können wir an der Nase vorbei auf die Tastatur zu schielen, um die richtigen Tasten für die Bewegung zu finden.

Mit solchen Renderbildern und dem vorgelegten Konzept konnte Oculus VR mehr als 2,5 Millionen Dollar per Kickstarter einnehmen Mit solchen Renderbildern und dem vorgelegten Konzept konnte Oculus VR mehr als 2,5 Millionen Dollar per Kickstarter einnehmen

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