Risen 3: Titan Lords im Test - Das Insel-Paradoxon

Im Test gelingt dem Rollenspiel Risen 3: Titan Lords ein nicht ganz alltägliches Kunststück: besser zu sein als der Vorgänger und trotzdem eine niedrigere Wertung zu bekommen.

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Falls Sie zu jenen Menschen gehören, die grundsätzlich zuerst die Wertung lesen, dann könnten Sie jetzt denken: Hoppla, Risen 3 ist ja schlechter als sein Vorgänger Risen 2. Der nämlich erhielt von uns vor fast genau zwei Jahren einen Gold-Award und 85 Wertungspunkte, nach einem umfangreichen Patch werteten wir das Rollenspiel sogar noch um einen Punkt auf. Nun also sind's 83, obwohl Risen 3 insgesamt das bessere Spiel ist und so manche Fehler des kontroversen zweiten Teils glattbügelt. Reine Willkür? Kein Herz für deutsche Entwickler?

Die Wahrheit ist viel banaler: Risen 3 hat uns im Test zwar Spaß gemacht, für einen Gold-Award und eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ist das Gebotene inzwischen aber zu routiniert, folgt zu offensichtlich dem Schema F, überrascht nicht, traut sich wenig - und lässt deshalb umso schmerzhafter eine gehaltvolle Geschichte vermissen. Es erinnert an jenen schrulligen Onkel, der auf jedem Familienfest den gleichen Witz erzählt: hat Charme, gehört irgendwie dazu, aber man kennt die Pointe halt schon.

Kopierschutzhinweis
Die im Handel erhältliche First-Edition sowie die Collector's Edition von Risen 3 kommen beide ohne Kopierschutz aus und umfassen die sonst separat erhältlichen DLCs mit zusätzlichen Items und Quests. Diese Inhalte sind im Spiel bereits aktiviert, eine Online-Aktivierung ist nicht erforderlich. Darüber hinaus gibt es eine Steam-Version, die einmalig über die Online-Plattform Steam aktiviert werden muss. Anschließend lässt sich das Spiel auch offline starten, kann aber nicht mehr weiterverkauft werden.

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Seelenraub

Als namenloser Piratenkapitän befinden wir uns nach einem kurzen Tutorial zusammen mit Schwester Patty auf Schatzsuche an der Krabbenküste. Statt Gold finden wir allerdings eine Höhle und ein mysteriöses Kristallportal. Unser Held berührt das Portal, ein Schattenlord erscheint und saugt dem armen Kapitän die Seele aus dem Leib.

Eine Beerdigung und drei Wochen später wirkt ein gewisser Bones - Serienveteranen kennen den Kerl noch aus Risen 2 - seinen Voodoo über unserem Grab und stellt den Helden wieder auf die Beine. Zwar haben wir immer noch keine Seele (im Spiel übrigens Geist genannt, was die regelmäßige Bezugnahme auf die »Geistlosigkeit« des Helden unfreiwillig komisch macht), aber immerhin eine sehr persönliche Aufgabe: Während sich unsere Seele im Schattenreich befindet, müssen wir nämlich Angst haben, zu einem Schergen dieses Schattenreichs zu werden.

Zumindest sagt Bones, dass wir davor Angst haben sollen. Spürbar wird das leider zu keinem Zeitpunkt, unser Held nimmt sein Schicksal mit der Teilnahmslosigkeit einer Parkuhr hin. Nach dem mäßigen Start präsentiert sich Risen 3 aber auch gereift: Die vergleichsweise lineare Spielführung des zweiten Teils weicht der spielerischen Freiheit eines Gothic.

Die Inseln: Antigua Das Hauptquartier der Piraten wurde von Schergen des Schattenreichs überrannt, am Hafen wimmelt es von Höllenhunden. Erst wenn wir die beseitigt haben, gehen die Bewohner wieder einem geregelten Tagwerk nach und treiben mit uns Handel. (Spielzeit: circa 4 Stunden)

Calador An diesem weitläufigen Küstenabschnitt haben es sich die Dämonenjäger in einer Zitadelle gemütlich gemacht. Beherrscht wird Calador von hohen, zerklüfteten Bergen, ein (unüberwindlicher?) Lavastrom zieht sich durch die Mitte. (Spielzeit: circa 15 Stunden)

Insel der Diebe Heimat der niedlichen Gnome und deshalb ein Paradies für Langfinger, denn bei den kleinen Kerlen ist die Klauerei eine Tugend. Die Insel der Diebe ist ein exklusiver Vorbesteller-Inhalt. (Spielzeit: circa 3 Stunden)

Kila Auf dieser weitläufigen Insel können wir uns den Eingeborenen anschließen und Voodoo-Magie lernen. Erinnert ebenfalls an Risen 2, dafür ist die Lichtstimmung in der üppigen Dschungelvegetation sehr hübsch. (Spielzeit: circa 12 Stunden)

Krabbenküste Der Ausgangspunkt des Spiels erinnert frappierend an den von vielen Serienfans ungeliebten Vorgänger. Palmen, azurblaues Meer, kleine Äffchen, bunte Papageien und Seeteufel: fühlt sich an wie Risen 2. (Spielzeit: circa 3 Stunden)

Nebelinsel Ein geheimnisvolles Eiland, von dem Ihnen Bones schon zu Spielbeginn erzählt. Allerdings nur, wenn Sie Risen 3 vorbestellt haben, alle anderen gucken wie bei der Insel der Diebe in die Röhre. Ärgerlich. (Spielzeit: circa 3 Stunden)

Takarigua Die aus den Vorgängern bekannte Inquisition hat ihren Sitz auf Takarigua, sie spielt für die Handlung aber so gut wie keine Rolle. Serienveteranen kennen die Insel schon aus dem Vorgänger. (Spielzeit: circa 5 Stunden)

Taranis Auf der sogenannten Donnerinsel haben die Magier ihr Hauptquartier, beschützt werden sie von der Fraktion der Wächter. Die mitteleuropäische Landschaft der Insel erinnert an die Gothic-Spiele, Palmenflair gibt’s hier nicht. (Spielzeit: circa 12 Stunden)

Totenkopfinsel Die mysteriöse Totenkopfinsel wird erst zum Finale des Spiels freigeschaltet. Der Endkampf geht im Gegensatz zum Vorgänger völlig in Ordnung, der folgende Abspann leider nicht. Enttäuschend. (Spielzeit: circa 5 Stunden)

Keine Zeit für Schlaf

Die gesamte Südsee steht uns offen, sobald wir das erste Gespräch mit Bones beendet haben. Das schließt übrigens die Insel der Diebe sowie die Nebelinsel ein, zwei Gebiete, die zum Release ausschließlich für Vorbesteller verfügbar sind. Um unseren Geist wiederzuerlangen brauchen, wir mächtige Magie. Suchen wir die zuerst bei den Eingeborenen auf Kila? Oder doch lieber bei den Magiern auf Taranis? Oder schauen wir mal bei den Dämonenjägern auf Calador vorbei?

Die Freiheit ist groß, die Welt wunderbar einladend. Allerdings beißt sich dieser Ansatz mit dem vermeintlich dringenden Dilemma des Helden. Während wir über malerische Inseln streifen und eine im Grunde nebensächliche Aufgabe nach der anderen erledigen, könnte ihm das eigene Schicksal kaum gleichgültiger sein.

Die Autoren versuchen zwar, durch regelmäßige Alptraumsequenzen im Schattenreich einen Spannungsbogen aufzubauen, bloß funktioniert das bestenfalls leidlich. Legen wir uns nicht ins Bett, dann sind wir auch nie im Schattenreich unterwegs, können nicht mit bestimmten Geistern sprechen und ihnen magere Informationen oder die Position von Schätzen entlocken.

Im Laufe des Spiels gewinnen wir immer mehr Begleiter dazu. Bevor wir eine Insel betreten, können wir auf unserem Schiff einen dieser Helden auswählen. Im Laufe des Spiels gewinnen wir immer mehr Begleiter dazu. Bevor wir eine Insel betreten, können wir auf unserem Schiff einen dieser Helden auswählen.

Legen wir uns doch ins Bett (was aufgrund eines schier unerschöpflichen Proviantvorrats nur zur gezielten Zeitbeschleunigung notwendig ist), dann empfinden wir die Alpträume meist eher als lästige Unterbrechung. Diese Inkonsequenz zieht sich durch die gesamte Geschichte, und einige Handlungselemente werden mit ganz heißer Nadel gestrickt.

Warum etwa weiß Margoloth, das angeblich älteste (und vielleicht auch ekligste) Wesen der Welt, nichts über die Anwesenheit eines Schattenlords in der Höhle direkt nebenan? Andere Handlungsansätze wiederum verschenken viel Potenzial. So hätte der Konflikt zwischen Magiern und Inquisition genug Nährstoff für eine eigene kleine Geschichte geboten, bleibt stattdessen aber völlig belanglos.

Von Kotzbrocken und Weicheiern

War es im Ur-Gothic noch sehr erfrischend, dass Figuren in einem Computerspiel plötzlich ungeniert »scheiße« oder »Arschloch« sagten und damit den typischen High-Fantasy-Duktus des Genres konterkarierten, wirkt das beim sechsten Mal längst nicht mehr so originell. Zumal die zahlreichen Kraftausdrücke nicht kaschieren können, dass (fast) keine Figur - am wenigsten der namenlose Held selbst - eine Persönlichkeit entwickelt.

Man könnte nahezu sämtliche Charaktere des Spiels in eine der folgenden drei Kategorien stecken: Kotzbrocken, Weicheier und Kotzbrocken, die in Wirklichkeit Weicheier sind. »Hast du es schon mal mit ehrlicher Arbeit versucht?«, fragt der Held an einer Stelle einen solchen Kotzbrocken. Seine Antwort (»Wo ich herkomme, ist es ehrliche Arbeit, Leuten aufs Maul zu hauen.«) fasst das Dilemma von Risen 3 wunderbar zusammen: Hinter dem auf Krawall gebürsteten Humor steckt keine Tiefe, entweder mag man den derben Charme oder nicht.

Auf das Dialogsystem wurde zudem noch ein unnötiges Moralsystem gesetzt. Sind wir lieb und nett, gibt's Pluspunkte aufs Seelenkonto, halten wir's mit boshafter Frechheit, purzeln die Punkte. Mit eingesammeltem Seelenstaub können wir uns die Menschlichkeit bei einem späteren Begleiter aber unkompliziert wieder zurückkaufen - was das System ad absurdum führt.

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