Pandemic und Bioware bei EA - Kommentar: »E(A)inkaufspolitik«

Ein Kommentar von GameStar-Chefredakteur Gunnar Lott:

»In jeder Branche gibt es einen Marktführer. Und das ist nicht immer die Firma, die sich durch die größte Innovation oder die besten Produkte auszeichnet, sondern oft eine Firma, die die Marktmechanismen am besten verstanden hat und ihr Geld sowie ihre Größe effizient einsetzt. In der Spielebranche spielt Electronic Arts diese Rolle -- die Kalifornier haben viele einträchtige Serien (etwa Fifa oder Need for Speed), setzen ihre Marke im Handel gut ein, produzieren wenig Flops. Aber viele Analysten kritisieren, dass der Riese immer wieder aktuelle Entwicklungen verschläft und generell zu wenig neue Spielemarken aufbaut. Beispiele dafür gibt es viele: Der Aufbruch bei den Handy-Spielen vor ein paar Jahren -- EA war nicht dabei und erwarb 2005 für 680 Millionen Dollar die Firma Jamdat, um den Rückstand aufzuholen. Der Boom der Online-Rollenspiele -- EA reagierte lange nicht, stellte sogar das hoffnungsvolle Ultima Online 2 ein und musste dann 2006 das Washingtoner Studio Mythic (Warhammer Online, Dark Age of Camelot) kaufen, um überhaupt ein Standbein in diesem Feld zu haben. Auch in den wachsenden Bereich der Casual-Spiele (also Titel für spiele-unerfahrene Zielgruppen) stieg EA spät ein, obwohl man viel Erfahrung mit der Webseite pogo.com hatte, die seit 2001 zum Konzern gehört. Zudem unterschätzte die Firma den Erfolg von Nintendos Konsolen DS und Wii sträflich und setzte zunächst voll auf PSP sowie Xbox 360.

Aber so ist das, wenn man Marktführer ist und einen Keller voller Geld hat -- was einem fehlt, das schnappt man sich. Der jüngste Coup ist der Kauf von Bioware (Knights of the Old Republic) und Pandemic (Full Spectrum Warrior) für satte 860 Millionen Dollar. Das ist allerdings auch für Electronic Arts viel Geld, mehr als das Dreifache des Jahresgewinns von 2006. Dieser Kauf bringt sechs neue Spieleserien in die Firma, schließt die Lücke bei Rollenspielen (Bioware macht ja gerade neben dem Xbox-360-Titel Mass Effect auch ein bislang unbenanntes Online-Rollenspiel) und gibt EA Zugriff auf gut 800 erfahrene Entwickler in Edmonton (Kanada), Austin, Los Angeles und Brisbane (Australien).

Die Frage ist nur, was fängt EA mit den Studios an? Die bisherige Geschichte zeichnet kein allzu vorteilhaftes Bild: EA hat schon oft externe Studios gekauft, die dortige Innovationskraft dann aber nicht genutzt -- Origins Ultima-Serie ist tot, Westwoods Lands of Lore-Reihe gibt es nicht mehr, von Bullfrogs Dungeon Keeper, Populous und Magic Carpet ward nie wieder etwas gehört. Zudem schließen die Kalifornier unrentable Standorte relativ schnell: DICE Canada, Kesmai, EA Japan, Bullfrog, Origin -- alle aufgelöst. Gerade Bioware ist eine sehr spezielle Firma mit vielen langjährigen Mitarbeitern (unüblich in der Branche) und einer starken kreativen Firmenkultur, da wäre es besonders schade, wenn das Studio sang- und klanglos in EA aufgehen würde. Aber wir werden es sehen, eigentlich rechnen wir damit, dass EA die jüngsten Einkäufe mit all ihren Projekten relativ unangetastet lässt -- schließlich hat EA-Chef Riccitiello (dem Anteile von Bioware und Pandemic im Wert von fast fünf Millionen Dollar gehören) erst im Juli die fehlende Innovation in der Spieleindustrie beklagt. Da würde es ja nicht passen, wenn man all die neuen Kreativen gleich wieder zur Produktion von Massenware zwingt...«

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