Vivendi/Activision: Wer kauft wen? - Gunnar Lott fasst die Ereignisse zusammen

Hossa: Vivendi kauft Activision? Vivendi und Activision fusionieren? In den Meldungen zum Thema geht's ein bisschen durcheinander. Also nochmal, ganz langsam: Vivendi ist ein französischer Mischkonzern, der sein Geld zumeist mit TV, Mobilfunk und Musik (mit der Tochter Universal Music) verdient. Die Spielesparte, Vivendi Games, ist zwar einer der fünf größten Publisher, im Vivendikonzern aber nur ein kleines Licht. Und zudem nicht besonders erfolgreich - wenn da nicht die Tochter der Tochter wäre: Zu Vivendi Games gehört die Gelddruckmaschine Blizzard. Aber irgendwie war Vivendi mit der ganze Spiele-Klamotte nicht so recht zufrieden, so um 2003 herum haben die Franzosen sogar mal eine Weile lang versucht, die ganze Sparte zu verkaufen.

Aber das ist lange her - jetzt geht Vivendi die Sache anders an. Also: Vivendi übergibt seine gesamte Spielesparte im Wert von gut 8 Milliarden Dollar an Activision und erhält dafür massenhaft Activision-Aktien. Zusätzlich kauft Vivendi für 1,7 Mrd. weitere Activision-Aktien (da hilft der starke Euro!) und erhält so die Mehrheit an Activision. Activision baut derweil die Vivendi-Spiele in das eigene Portfolio ein und benennt sich in Activision Blizzard um. Danach gibt es noch ein Aktienrückkaufprogramm, das Vivendis Anteil theoretisch auf 68 Prozent Besitz am neuen Publishing-Rübezahl steigern kann, aber das sind Buchhalterdetails, die uns an dieser Stelle nicht interessieren müssen. Jedenfalls kontrolliert Vivendi das neue Unternehmen mit sechs von elf Mitgliedern im Bord of Directors. Der Chef (CEO) wird allerdings Bobby Kotick, bislang Chef von Activision, was sozusagen bedeutet, dass Vivendi zugibt, dass Activision der bessere Publisher ist.

Bezeichnend ist übrigens auch, wie der Laden aufgeteilt ist: Unter dem Label Activision erscheinen alle Titel von Activision und Vivendi, unter dem Label Blizzard erscheinen, nun ja, WoW-Addons und Starcraft 2. Dass Blizzard trotz seiner geringeren Größe gleichwertig im Firmennamen aufscheint, zeigt, wie wichtig (und wie unglaublich profitabel) der kalifornische Vorzeigeentwickler ist.

Jedenfalls ist Activision Blizzard jetzt "gut aufgestellt", wie man im Analystendeutsch sagt: Activision ist stark in den USA, im Action-Genre und bei den Konsolen, aber schwach in Asien, bei Strategie, auf dem PC und bei Online-Rollenspielen. Asien, PC, Online, Strategie -- das sind zufällig genau die Stärken von Blizzard und Vivendi Games. Passt also. Activisions Umsatzbringer Guitar Hero (gerade ist Teil 3 erschienen) könnte zudem davon profitieren, dass der neue Mutterkonzern Vivendi einen der weltgrößten Musikverlage im Haus hat...

Aber weiter im Text: Interessant ist es, dass Activision allein einen Gesamtumsatz (für das laufende Fiskaljahr) von 2,3 Mrd. Dollar prognostiziert. Zählt man da den angenommenen Umsatz von Vivendi hinzu, kommt man auf ungefähr 3,8 Milliarden US-Dollar, was die aufgebohrte Activision auf Platz 1 der Publisher-Rangliste katapultieren würde, vor Electronic Arts, die zuletzt bei 3,1 Mrd. lagen und auch nach dem Kauf der Entwicklerstudios Pandemic und Bioware wohl nicht über 3,5 Mrd. wachsen werden. Wie sich das auf den Markt auswirkt, ist derzeit kaum abzusehen: Es liegt nahe, dass EA die Gespräche mit Ubisoft noch einmal aufnimmt (EA hält bereits jetzt 20 % an Ubi), um selber wieder die Nummer 1 zu werden. Ob EA sich einen derartigen Kraftakt überhaupt leisten könnte, ist nicht klar, immerhin hat der Konzern erst kürzlich fast 900 Millionen in Bioware/Pandemic gesteckt. Auf jeden Fall gerät EA damit unter Druck -- und Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Vielleicht besinnt sich EA, das eine ganze Weile ziemlich dahingedämmert ist und beispielsweise den Aufstieg der Nintendokonsolen großflächig verschlafen hat, auf alte Kernwerte und investiert wieder in Innovation und gutes Spieldesign. Activision Blizzard kann sich jedenfalls nicht auf den Lorbeeren ausruhen - das Unternehmen wird seinen neuen Besitzern erst einmal beweisen müssen, dass das ganze Geld nicht umsonst angelegt ist.

Wir sind gespannt, wie sich der Markt weiter entwickeln wird. Und was der Umbau für die deutschen Dependence der beiden Publisher bedeutet.

Die Auswirkungen der Transaktion auf Entwickler Blizzard haben wir hier für Sie zusammengefasst.

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