Laien vs. PR
Nach eigener Aussage der beiden Clanspieler, war das gesamte Interview jedoch rund fünf Stunden lang, während im Beitrag nur wenige Sätze verwendet wurden. Die gezeigten Szenen, wo auf am Boden liegende Spielfiguren noch weiter geschossen wurde, sollen zudem nicht von den beiden Spielern stammen. Medien-Laien vor der Kamera vorzuführen ist ein beliebtes Mittel von TV-Journalisten und widerspricht dem Grundsatz der fairen Berichterstattung. Dass das gezeigte Call of Duty 2 in Deutschland nur an Personen über 18 Jahre verkauft werden darf, wird nicht gesagt. Genauso wenig werden zusammenhängende Spielszenen gezeigt, die deutliche machen würden, dass die Darstellung der Gewalt sich nicht von den im Fernsehen für alle Altersgruppen empfänglichen Weltkriegs-Filmen (Soldat James Ryan, Band of Brothers) unterscheidet. Dass es im Multiplayer eben nicht nur um das »Töten von Menschen« geht, sondern dort Teams auf internationaler Ebene gegen- und miteinander spielen ist dem Bericht auch keine Erwähnung wert. Vielmehr wird der Dreisatz aufgemacht: »Familienväter, Schüler, Nazis«. Wer in Deutschland einer Gruppe ein Stigma anheften möchte, bezeichnet sie als Nazis oder vergleicht sie, wie in früheren Interviews von Bayerns Innenminister Günther Beckstein geschehen, mit Kinderpornographie. Weitere Diskussionen werden so praktisch unmöglich.
Statt Experten zu Wort kommen zu lassen, bereitet Panorama einer Firma für Filter- und Sicherheitsprogramme im Internet die Bühne. Bert Weingartner, Vorstand von PanAmp, hatte sich in den vergangen Wochen bereits mehrfach mit der Forderung für ein Verbot von »Killerspielen« zu Wort gemeldet. Auch in der Sendung beschwört er die Gefahr von Computerspielen als Fortsetzung des Zweiten Weltkriegs mit anderen Mitteln. Dass die Firma massiv von solch einem Verbot profitieren würde, wird nicht gesagt. Um die Gefährlichkeit von Call of Duty 2 zu demonstrieren, wird eine in Deutschland per Strafgesetzbuch illegale Modifikation mit Nazi-Symbolen gezeigt. »Das kann jeder machen«, sagt Weingartner. Das kann zwar jeder machen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es seit jeher verboten ist.
Es ist auch richtig, dass es diese Inhalte frei im Internet gibt. Genauso richtig ist aber auch, dass jedes Medium nachträglich verändert werden kann. Jedes Buch kann beispielsweise durch Illustrationen ergänzt werden, jeder Film umgeschnitten und jede Software umprogrammiert werden. Der Staat hat vielfältige Möglichkeiten, um gegen die Verbreitung von Nazi-Propaganda vorzugehen. Die Unterstellung, dass Computerspieler besonders empfänglich für braune Ideen sein, ist falsch und diffamierend. Einmal mehr hätte ein Blick in die E-Sport-Szene gezeigt, wie viele Jugendliche sich grenzüberschreitend austauschen und offen gegen rechte Gewalt einstehen. Alleine der Umstand, dass im Mehrspieler-Modus jeder Spieler sowohl in die Rolle der Alliierten als auch der Deutschen schlüpft, zeigt die Unsinnigkeit des Arguments der neuen Frontenbildung am Computer.
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