Über die Sims
Auch andere Vorträge brachten bedenkenswerte Erkenntnisse, selbst wenn man sie manchmal aus breit ausgewälzter Theorie herausfiltern musste. Der Wiener Pädagoge Konstantin Mitgutsch überraschte im Vortrag über österreichischen Jugendschutz beispielsweise mit der These, es gebe »entwicklungspsychologisch gesehen keinen Grund, warum ein Mensch mit 14 Jahren nicht bereits vollständig entwickelt sein sollte«.
Die Professorin Maria von Salisch untersucht in einer Langzeitstudie, wie gewalthaltige Spiele Kinder beeinflussen. Das vorläufige Ergebnis bestätigt: Nicht die Spiele machen Kinder aggressiv, sondern aggressive Kinder bevorzugen brutale Spiele. Claus Pias, Philosophieprofessor in Wien, schnitt das wissenschaftliche Potenzial von Online-Spielen an, um etwa in World of Warcraft eine Epidemie zu simulieren und das Verhalten der Spieler zu beobachten.
Jörg Müller- Lietzkow prognostizierte in seinen fünf Tendenzen für die Zukunft der Spieleindustrie unter anderen eine stark steigende Anzahl ideenarmer »Klone, Serien und Lizenzen - mehr vom Gleichen.« Und natürlich gab's auch wieder von dem Spiel zu berichten, das die Forschung mit Abstand am meisten fasziniert: von Die Sims. Elizabeth Hayes von der Arizona State University begeistert Unterschichts- Mädchen für Computertechnologie, indem sie sie in Die Sims und Teen Second Life eigene Klamotten und Häuser erstellen lässt. »Junge Frauen, die mit Computern nichts am Hut haben, sind auf einmal hochgradig motiviert und lernwillig«, staunt Hayes.
Übereinkunft
Die meisten der Kongressteilnehmer kennen diese Verwunderung; sie haben selbst erfahren, wie mächtig die Faszinationskraft von Computerspielen sein kann. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass in der durch die Bank wohlwollenden Diskussion über Computerspiele wie gewohnt ein gemeinsamer Feind ausgemacht wird: das deutsche Schulsystem.
Ahnungslosigkeit der Eltern, fehlende Informationsangebote, keine Medienerziehung in den Schulen - es sind vor allem die anwesenden Pädagogen, die angesichts solcher Versäumnisse immer wieder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Es wäre nun an ihnen, eine neue Art der Kooperation mit der Industrie auf die Beine zu stellen und gemeinsam Spiele zu erschaffen, die das ungeheure Lernpotenzial von Spielen sinnvoll nutzen. Spiele wie Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging oder Wii Fit gehen die ersten Schritte in diese Richtung. Wie lange mag es dauern, bis sie in den Schulen ankommen?
Nicht umsonst fährt Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung seinen enthusiastischen Vorrednern am Eröffnungstag in die Parade: »Eine Normalität im Umgang mit Computerspielen scheint mir noch lange nicht erreicht zu sein.« Und an den EA-Chef gewandt: »Da werden Sie noch lange dran zu knabbern haben, Herr Zeitner.«
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