Auch in Shootern spielt man zumeist den »Guten«. Den Soldaten oder den Wissenschaftler, der beauftragt wurde, die Welt zu retten, finden wir oft in diesen Spielen, genau wie im Kino. Dort wiederum treten sogar noch ganz andere Typen auf. Figuren nämlich, die aus Eigennutz und aus moralisch unlauteren Motiven wie Selbstjustiz oder Selbstbereicherung agieren, werden uns im Kino weit häufiger als Identifikationsfiguren präsentiert, als das im Spiel der Fall ist. Die Heldin aus Kill Bill, die eine Mutter vor den Augen ihres Kindes umbringt? Motiv: Rache. Die gnadenlos hinrichtenden Helden aus Pulp Fiction? Motiv: Das ist eben der Job, und der macht Spaß. Mitleidlosigkeit als Identifikationspotenzial! Auf solche Szenarien trifft man im Spiel äußerst selten. Zwar gibt es durchaus Figuren, die aufgrund unethischer, also eigennütziger Motive handeln, beispielsweise in Max Payne. Dort übernimmt der Spieler einen Helden, der von Rachegefühlen angetrieben wird. Doch fast immer werden Angriffe oder Übergriffe auf so genannte Unschuldige im Spiel bestraft, selbst in umstrittenen Spielen wie Hitman. Hitman ist zwar ein gefühlloser Klon, dennoch sollte er möglichst keine Unbeteiligten töten. Die Bestrafungen sind Punktabzug oder das Scheitern der Mission.
Vor der Wahl
Peter Molyneux (Populous, Black & White, Fable u.a.) ist von der Idee ergriffen, dem Spieler selbst zu überlassen, ob er gut oder böse sein möchte. Er stellt es frei, in einer »dunklen« oder einer »hellen« Variante der Spielwelt zu interagieren. Er verbindet bewusst keine moralische Bestrafung mit der Entscheidung des Spielers, auf der dunklen Seite zu stehen. Doch er lässt die anderen Figuren logisch auf die Entscheidung des Spielers reagieren. Der Verräter wird gemieden, aber belohnt; der Gnadenlose gehasst, aber gefürchtet; der Helfer geehrt, aber hintergangen.
Ist das nicht eigentliche Aufklärung? Wir können uns frei entscheiden - wie im wirklichen Leben auch. Denn auch dort verliert man nicht unbedingt, wenn man egoistisch und eigennützig handelt; man könnte fast sagen: eher das Gegenteil ist der Fall. Warum sollte man im Spiel nicht einfach ausprobieren können, was passiert, wenn man jemand anderer wäre? Und das alles, ohne dass man in der Realität tatsächlich ein anderer sein möchte. Ein Spiel kann das »Was wäre wenn« in unserem Leben abbilden und lehrt uns möglicherweise, dass wir eigentlich schon alles richtig machen; dass unser Kulturkreis und unsere Lebensart durchaus lebbare Werte bietet.
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