Seite 2: Spiel vs. Wirklichkeit - Wie viel haben Spiele mit der Realität zu tun?

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Was sagen Spieler?

Das Geschwindigkeitsempfinden aus Spielen wie Need for Speed: Shift ist nah am realen Erleben in der wirklichen Welt. Das Geschwindigkeitsempfinden aus Spielen wie Need for Speed: Shift ist nah am realen Erleben in der wirklichen Welt.

Die Vertreter von Rahmungs- und Übertragungstheorien arbeiten mit einem komplexen Arsenal wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden, die von ausgeklügelten Fragebögen über Langzeitstudien bis hin zur neuronalen Scans in Kernspintomographen reichen. Zur Ergänzung dieser oft abstrakten Versuchsanordnungen kann es nützlich sein, in direkten, individuellen Austausch mit denen zu treten, die da analysiert werden: den Spielern.

Um herauszufinden, warum Menschen spielen und welche Auswirkungen das Spielen auf ihr reales Leben hat, interviewte ich im Rahmen meiner Doktorarbeit 27 Personen intensiv zu ihrem Computerspielverhalten. Einige Spielerinnen und Spieler gingen von allein auf das Thema »Verwechslung von Spiel und Realität« oder auch »Folgen des Spiels im wirklichen Leben« ein, andere fragte ich gezielt danach. Die Interviews waren nicht fest strukturiert, sondern unterlagen nur einem groben Raster, um die wichtigsten Bereiche abzudecken. Somit kamen oft Themen auf, die nicht vorgesehen waren.

Ich selbst spiele hauptsächlich Aufbau- und Strategiespiele, wo ein Transfer in das wirkliche Leben nur bedingt bemerkbar ist. Doch viele meiner Freunde verbringen Zeit in Ego-Shootern. Keiner davon hat je die Gewalt auf sichtbare Weise in das wirkliche Leben übertragen. So hatte ich nicht damit gerechnet, dass meine Interviewpartner von direkten Übertragungen von Spielinhalten in das wirkliche Leben berichten würden. Ich war überrascht, dass das Thema in verschiedenen Gesprächen auftauchte.

Microsofts Bewegungssteuerung Project Natal will den Controller als Bedienungsgerät ersetzen und das Spielerlebnis dadurch unmittelbarer machen. Microsofts Bewegungssteuerung Project Natal will den Controller als Bedienungsgerät ersetzen und das Spielerlebnis dadurch unmittelbarer machen.

Stanley

Stanley selbst (der nur in meiner Arbeit so heißt, aber eine reale Person darstellt, wie auch die übrigen Interviewpartner) berichtet, wie er schon mal den Eindruck hatte, dass sein Auto (in der Realität) »gar nicht zieht«, um erst an der Kurve festzustellen, dass er schon 100 km/h schnell fuhr. Er war im Anschluss an ein Computerspiel losgefahren und noch so vom Erlebnis eingenommen, dass es die Realität überlagerte. Seitdem ihm dies widerfahren ist, legt er grundsätzlich eine Pause ein, bevor er nach dem Spielen einer Rennsimulation wieder ins Auto steigt und selbst fährt. Ein Einzelfall? Auch andere Interviewpartner berichteten von Problemen nach Rennspielen. Einer zog den Vergleich mit dem realen Fahren auf der Autobahn: Wenn man einige Zeit sehr schnell über die Autobahn fährt, dann kommt einem das Fahren in der geschlossenen Ortschaft sehr viel langsamer vor. Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich das Gehirn an die neue Realität angepasst hat.

Bei Rennspielen – insbesondere bei solchen, die mit realitätsnahen Controllern gelenkt werden (Lenkrad, Fußpedale) – kann man sich das noch leicht vorstellen. Doch wie ist es bei anderen Spielen oder Verhaltensweisen?

Erik

Erik (ein anderer meiner Interviewpartner) hat beispielsweise schon mal versucht, eine Fliege, die auf dem Bildschirm gelandet war, mit einem Mausklick zu verscheuchen. Er hat auch schon versucht, wirkliche Gegenstände mit der Maus anzuklicken, da sie in der Nähe des Bildschirms lagen.

Ich kenne allerdings auch einen Nicht-Spieler, der in einer Powerpoint-Vorlesung versuchte, eine Formel an der Tafel neben der Leinwand anzuklicken. Mehrere Personen berichteten, dass sie gelegentlich dazu neigen, Gegenstände der wirklichen Welt als »anklickbar« zu behandeln, was nach einem kurzen Moment der Verwirrung immer für Belustigung sorgt.

Solche Impulse oder Wünsche werden auch von 19 Interviewpartnern in einer Studie von Tanja Witting geschildert. Dabei sollen in Abläufen der realen Welt durch Anklicken, Tastendrücken oder ähnliche Handlungsschemata eingegriffen werden.

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