Seite 4: Spiel vs. Wirklichkeit - Wie viel haben Spiele mit der Realität zu tun?

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Wann wirken Spiele?

Obwohl die Rahmung der Spiele in diesen Beispielen durchlässig geworden ist, beweisen sie natürlich nicht, dass das Gehirn alles assimiliert und unabhängig von den Umständen gleich reagiert. Aber sie geben Indizien darauf, dass das Erleben und Lernen im virtuellen Raum im realen Leben auf unterschwellige Weise wirken kann, vor allem wenn die Übertragung nicht bewusst reflektiert wird. Wenn man die Situationen meiner Stichproben genauer betrachtet, stellt sich heraus:

1. Verwechslungen passieren in Situationen, die automatisiert ablaufen. Weder beim Auto- noch beim Radfahren denkt man groß drüber nach, was man gerade tut. Dazu ist das Automatisieren im Grund genommen auch da: Man muss nicht darüber nachdenken und hat dementsprechend Kapazitäten für andere Dinge frei. In dem Moment, wo das Gehirn wieder »eingeschaltet wird«, man also von einem automatisierten also zu einem bewussten Handeln wechselt, ist die Verwechslungsgefahr gebannt.

Monster gibt es in Spielen wie Dragon Age, in der Realität nicht – wer das weiß, hat eine grundlegende Rahmungsleistung vollbracht. Monster gibt es in Spielen wie Dragon Age, in der Realität nicht – wer das weiß, hat eine grundlegende Rahmungsleistung vollbracht.

2. Am Computer bewegt man seine Charaktere meist mit Maus und Tastatur, an der Konsole durch das Gamepad. Diese Aktionen sind physisch anders als konkretes Herumlaufen, Springen oder Schießen im echten Leben. Einige Konsolen wie Nintendos Wii greifen körperliche Bewegung selbst auf, doch auch dort ist die Gestik stark stilisiert. Allerdings geht der Trend zu Kontrollmethoden, die der realen Welt nachempfunden sind, etwa bei Musikspielen wie Guitar Hero oder Microsofts angekündigter Bewegungssteuerung Project Natal, die einen zwischengeschalteten Controller überflüssig machen soll. Dabei wird sich die Frage neu stellen, inwieweit diese unmittelbare Interaktion unbewusste Übertragungen wahrscheinlicher macht.

Aus beiden Beobachtungen schließt sich, dass unbewusste Transferleistungen dann eintreten können, wenn automatisierte Handlungen auch physisch durchgeführt werden können, wie es der Fall beim Radfahren ist. Selbst dann treten sie nur mit einer sehr geringen Häufigkeit ein und sorgen im Allgemeinen eher für Erheiterung als für Unheil.

Fünf Ebenen

Tanja Witting unterscheidet fünf Abstraktionsebenen:

• die Faktebene (mit einem geringen Abstraktion- und Transformationsgrad),
• die Skriptebene (in der es um verallgemeinertes Wissen geht),
• die Printebene (in der Schemata vom inhaltlichen und sozialen Bezug gelöst werden),
• die metaphorische Ebene (in der Inhalte nach den strukturellen Gemeinsamkeiten gefasst werden)
• die dynamische Ebene (mit dem höchsten Abstraktionsniveau).

In meinen Interviews wurde von ungewollten Verwechselungen lediglich bei den automatisierten Verhalten auf der Faktenebene berichtet. Komplexere Transfers passierten bei meinen Interviewpartnern nur gewollt, zum Beispiel indem sie im Spiel angewandte Verhalten abstrahierten und sie im wirklichen Leben anzuwenden versuchten (etwa marktwirtschaftliche Zusammenhänge aus der virtuellen Welt von Sim City).

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