Seite 2: Der DLC-Boom - Was verbirgt sich hinter dem Trend?

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Aus Herstellersicht

Die meisten DLCs gibt es nur als Download über Internet-Plattformen mit Registrierungspflicht wie Steam. Die meisten DLCs gibt es nur als Download über Internet-Plattformen mit Registrierungspflicht wie Steam.

Aus der Perspektive der Spielehersteller ist der allmähliche Siegeszug von herunterladbaren Inhalten eine ausgesprochen erfreuliche Entwicklung, helfen diese doch gleich auf mehreren Ebenen bei der Lösung teils altbekannter Probleme (die aus Spielersicht nicht unbedingt welche sind). Um Spitzenspiele zu produzieren, fallen üppige Anfangsinvestitionen in oft zweistelliger Millionenhöhe an. Publisher müssen dieses Geld nicht nur wieder einspielen, sondern den Ertrag idealerweise vervielfachen, den sogenannten Return of Investment (ROI) maximieren. Pete Hines erklärt dazu: »Wir ermutigen die Leute, mit unseren Spielen mehr Zeit zu verbringen. Das verlängert den Lebenszyklus eines Produkts.« Es stärkt die Marke, bindet Kunden und erhöht nicht nur die Gesamtverkäufe, sondern vor allem den Ertrag pro abgesetztem Exemplar. Der Analyst Ben Schachter schätzte kürzlich das Potenzial für DLCs bei Call of Duty: Modern Warfare 2 auf 140 Millionen US-Dollar. Sicher ein kleiner Excel- Balken neben den Einnahmen von weit über einer Milliarde Dollar durch das Hauptspiel, aber definitiv genügend, um industrieweit die Ohren und Bleistifte zu spitzen. Beim Vorgänger Call of Duty: World at War verkaufte Activision Blizzard über sieben Millionen Karten-DLCs an Konsolenbesitzer (PC-Spieler erhielten sie später, dafür gratis als Patch). Ein weiteres Beispiel: In der ersten Woche nach Veröffentlichung von Dragon Age: Origins brachte das Rollenspiel seinem Publisher Electronic Arts eine Million US-Dollar an DLC-Einnahmen, was etwa siebzigtausend Kunden des ersten voll zahlungspflichtigen Zusatzinhalte-Päckchens Wächterfestung entspricht. Auch diese Summe spielt absolut gesehen in einer wesentlich niedrigeren Liga als der Kontostandsbonus, den das Drachenzeitalter selbst brachte. Aber in Relation zu den Entwicklungskosten und den damit verbundenen Risiken sind DLCs deutlich profitabler.

Randy Pitchford lobt dementsprechend die Möglichkeiten, die sich für Entwickler ergeben: »Wir haben mit unseren DLCs zu Borderlands Dinge angestellt, die wir im Hauptspiel nicht riskieren könnten. Außerdem: Wenn wir 400.000 DLC-Pakete verkaufen, ist das wirklich großartig – im Gegensatz zu den großen Spielen, wo wir unsere Anfangsinvestition nicht unter zwei Millionen Einheiten drin haben.«

Die Kundensicht

Auch aus Spielersicht könnte die neue Fülle an Erweiterungen für populäre Titel erfreulich sein: Weil man nur DLC für solche Spiele kauft, die ohnehin gefallen, weil die Preispunkte vergleichsweise moderat liegen und weil Entwickler von vornherein darauf achten müssen, dass ihr Spielprinzip auch langfristig ausreichend Freude bereitet. »Kunden schätzen es, wenn ihr Lieblingsspiel durch Erweiterungen länger interessant bleibt«, fasst der Microsoft-Mann Frank Halgasch zusammen. Also mehr vom Guten, noch dazu genügend Auswahl und deutlich schnellerer Nachschub als bei klassischen Addons oder Episoden: Dagegen kann doch keiner etwas haben? Natürlich kann man. Denn an die DLCs sind einige Fallstricke geknüpft, und längst nicht alle der Download-Pakete halten, was sie versprechen.

Sorge 1: Qualität

Die wichtigste Investition, die einem jedes Spiel abverlangt, ist Zeit. Damit sich diese Anlage rentiert, erwartet der Spieler ein vergnügliches Erlebnis. Den Spaß des Hauptspiels zu verlängern, klingt eigentlich nach einer trivialen Anforderung, doch viele DLCs scheitern daran. Im GameStar-DLC-Check erhielt lediglich eines von sechs Oblivion-Plugins eine echte Empfehlung, alle anderen waren nutzlos (Sie ahnen es: die Pferderüstung!) oder nur durchschnittlich faszinierend. Auch beim Folgeprojekt Fallout 3 griff der Entwickler Bethesda ähnlich oft daneben. Trauriges Negativbeispiel ist Operation Anchorage, das GameStar-Redakteur Fabian Siegismund als »freche Geldmacherei« abstempelte. Auch beim Überraschungshit Borderlands war das uninspirierte Arena-Dauermetzeln in Mad Moxxi’s Underdome Riot bestenfalls umstritten. Selbst die scheinbar vor Misserfolgen gefeiten Kanadier von Bioware lieferten mit Firewalker für Mass Effect 2 einen (immerhin: kostenlosen) Rohrkrepierer. Genauso enttäuschte The Warpath Campaign für Segas sonst so begeisterndes Empire: Total War.

Wie kommt es zu diesen Qualitätseinbrüchen? Neben der Experimentierfreudigkeit, zu der das DLC-Konzept einlädt, sind es vor allem Zeitdruck und Planungsschwierigkeiten, also bekannte Stolpersteine auch der Hauptspielproduktion. Denn damit sich die Zusatzinhalte für den Spieler lohnen, muss er möglichst aktiv mit dem Produkt beschäftigt sein oder es zumindest noch in warmer Erinnerung haben. »Man sollte mit der Veröffentlichung von DLCs nicht zu lange warten, sonst sind die Kunden vielleicht schon wieder woanders «, führt Pete Hines aus. Randy Pitchford rechtfertigt die schwankende Qualität der Borderlands-Zugaben mit ungenügendem Projektmanagement: »Leider begannen wir mit unseren DLC-Plänen erst, als das Spiel so gut wie fertig war. Wir hatten keine Gelegenheit, Überlegungen zu DLCs schon im Entwicklungsprozess zu berücksichtigen.«

Die Sorge, dass Spieler ihr Geld für qualitativ minderwertige Produkte ausgeben, teilt der Microsoft-Produktmanager Halgasch nicht: »In Zeiten des Internets tauschen sich Tausende von Usern zum Umfang von Zusatzinhalten aus. Minderwertige Inhalte werden durch schlechte Verkaufsergebnisse automatisch vom Markt bestraft.« Tatsächlich enthalten Vertriebsplattformen wie Steam im Regelfall auch eine Bewertungsfunktion, und weil die Anfangsinvestition keine große Hürde darstellt, sammeln sich meist schnell genügend Meinungen. Generell zeigt sich: DLC ist pauschal weder grundsätzlich schlecht noch immer gut, aber die Bandbreite und damit auch die potenzielle Ausfallrate nach unten ist größer als bei klassischen Addons.

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