Seite 5: Der DLC-Boom - Was verbirgt sich hinter dem Trend?

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Sorge 4: Kontenbindung

Selbst wenn die Zusatzinhalte alle formalen Kriterien erfüllen, also fair bepreist und qualitativ ansprechend sind, bleibt eine Schwierigkeit: Die Kundenbindung bei DLCs ist keineswegs nur freiwillig. Nahezu immer erfolgt eine Kopplung an die jeweiligen Benutzerkonten bei Steam oder EA.com. DLCs lassen sich deshalb nicht weiterverkaufen. Dahinter steckt geschäftliches Kalkül. Vor allem Electronic Arts setzt Zusatzinhalte im Rahmen einer »Project Ten Dollar« genannten Strategie dazu ein, gebrauchte Spiele gezielt zu entwerten und gleichzeitig aus dem Gebrauchtspielemarkt Kapital zu schlagen. Seit Die Sims 3 liegen jedem EA-Spiel Freischaltcodes für Zusatzinhalte bei. Die lassen sich aber nur ein einziges Mal benutzen und sind dann an das Konto des Spielers gebunden. Wer eine gebrauchte Fassung von zum Beispiel Dragon Age erwirbt, deren Keys bereits verbraucht wurden, der muss den an sich kostenlosen Zusatzinhalt In Stein gefangen für zehn Dollar nachkaufen (sofern er ihn haben will, für das Spiel ist er nicht notwendig). Käufer der Originalversion erhalten also einen Mehrwert, Gebrauchtkäufer bekommen die Bonusinhalte nur gegen Aufpreis. Dan DeMatteo, Vorstandschef der Einzelhandelskette GameStop, glaubt jedoch nicht daran, dass die DLC-Strategie Gebrauchtkäufer abgeschreckt: »Durch unsere jahrelange Erfahrung im Gebrauchtmarkt haben wir festgestellt, dass der Secondhand- Spieler ein sehr preissensitiver Kunde ist. Wir glauben nicht, dass ihn ein 10-Dollar-DLC-Paket dazu bringt, ein neues Spiel statt eines gebrauchten zu kaufen.« Dazu passt, dass Gebrauchtkäufer offenbar auch bei DLC knausern: Laut Electronic Arts liegt der Anteil der Kunden, die einen Code für ein gebrauchtes Spiel nachkaufen, bei unter fünf Prozent.

Ein weiterer Zusatznutzen für Electronic Arts &Co: Mit der Kontenbindung lassen sich lukrative Kundendaten gewinnen, von den anderen Spielen des Konsumenten bis hin zu dessen Hardware-Ausstattung. Dass die Hersteller vorgeben, DLCs auch als Maßnahme gegen Raubkopien einzusetzen, fällt dagegen weniger ins Gewicht. Zwar erhöhen die oben genannten Maßnahmen formal die Schwierigkeit, illegal beschafften DLC und Hauptspiel zu paaren, faktisch tauchte aber fast jeder Zusatzinhalt kurz nach Veröffentlichung im Online-Äquivalent schlecht beleuchteter Hinterhöfe auf.

Sorge 5: Kompatibilität

Dass es die DLC-Pakete in der Regel nur als Download gibt, sorgt gerade in Deutschland für ein Problem, das eng mit der Kontenbindung verknüpft ist: Distributionssysteme wie Steam überprüfen die IP-Adresse der Nutzer und bieten entsprechend lokale (lies: deutsche) Inhalte an. Wer aber eine Importversion eines Spiels gekauft hat, dem kann es passieren, dass Hauptprogramm und Download- Addon nicht zusammengehen. Im günstigsten Fall führt das zu einem atmosphärisch suboptimalen Sprachmischmasch (etwa in Fallout 3: Operation Anchorage), im ungünstigsten sind die Zusatzinhalte gar nicht verfügbar (Aliens vs. Predator: The Swarm Pack).

Preisexperimente, Kontenbindung und die Sorge um gekürzte Hauptfassungen: Kein Wunder, dass in den Kommentaren zu allen DLC-News bei Gamestar.de ein negativer Ton vorherrscht. Auch die Ergebnisse einer Game- Star-Umfrage passen in dieses Bild. Für die Spieler steht nicht unbedingt das einzelne Paket zur Debatte, sondern allgemein der empfundene wie reale Kontrollverlust durch DLCs. Auch wenn die am Anfang jeder Installation eingeblendete Lizenzvereinbarung seit Jahren nur von Nutzung, nicht von Besitz spricht, erwartet man eben selbst eine Art Aktionshoheit über ein teuer erworbenes Produkt. Als Electronic Arts 2008 Mass Effect, Spore und Alarmstufe Rot 3 mit rigideren Kopierschutzmechanismen versah, entbrannte eine wütende Diskussion um die Zwangsaktivierung. Schließlich schwenkte das Unternehmen um, das verhasste DRM (Digital Rights Management) wich offiziell – und zwar den DLCs, harmlos präsentiert in Form von Freischaltcodes. Wer diese Zusatzinhalte nutzen will, muss dafür letztendlich das Gleiche tun wie bei einem Kopierschutz mit Online-Aktivierung: ins Internet gehen, ein Konto anlegen, einen Codeschlüssel registrieren. Nur eben freiwillig statt aus Zwang. Herunterladbare Inhalte sind für die Hersteller also eine willkommene Chance, die Vorteile eines Online-Kopierschutzes mit einer zusätzlichen Einnahmequelle zu verknüpfen und das Ganze durch den neuen Namen auch noch positiv aufzuladen.

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