Seite 6: Der DLC-Boom - Was verbirgt sich hinter dem Trend?

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Wer profitiert?

Eulen nach Athen trägt, wer DLC eine rosige Zukunft vorhersagt in einer Zeit, da physische Verbreitungsformen an Bedeutung verlieren, Flatrates und onlinefähige Hardware zur Grundausstattung gehören. Ist das ein weiterer Nachteil für die Spieleplattform PC, auf der Download-Services wie Steam zwar verbreitet, aber naturgemäß eben nicht allgegenwärtig sind wie bei den Konsolen? James Brightman von Industrygamer.biz teilt diese Sorge nicht: »Die PC-Szene ist schon weitestgehend auf Online-Services wie Steam oder andere Plattformen umgestiegen. Der PC-Markt floriert, nur eben nicht aus der Sicht des Einzelhandels.« Brightman sieht darüber hinaus große Studios im Vorteil: »Digitaler Vertrieb allgemein hilft definitiv den kleineren Studios. Große Unternehmen wie Electronic Arts oder Acitivision Blizzard haben aber einen spezifischen Vorteil bei DLC, denn wenn man seine Produkte schnell mit hochwertigen Zusatzinhalten unterstützen möchte, braucht man die dafür nötigen Ressourcen.« Auch Markus Windelen, Vorstandsmitglied des deutschen Publishers Dtp Entertainment (Drakensang, Divinity 2), erkennt bei kleineren Unternehmen einen Nachteil: »In kreativer Hinsicht unterscheidet sich unsere Lage nicht von der anderer Publisher, organisatorisch stellen DLCs für kleinere Unternehmen wie uns allerdings größere Herausforderungen dar. Wir haben weniger Risikokapital, wir können uns keine Experimente leisten. DLCs müssen ankommen, sonst tut’s sehr weh.« Anfang März hat Dtp die Erweiterung Phileassons Geheimnis für Drakensang: Am Fluss der Zeit angekündigt, die aber ein klassisches Addon wird.

Die Zukunft von DLC

Die Kennzahlen zu DLC-Verkäufen deuten vor allem auf eines hin: das gewaltige Potenzial im Markt, das Publisher und Entwickler definitiv anzapfen wollen. Aus Herstellersicht liegen hier noch immense Reserven nach oben. Auch für stark auf einzelne Titel ausgerichtete Publisher wie Take 2, die bisher in fast jedem Quartal ohne ein Grand Theft Auto Verlust machten, lässt sich damit eine stabilere Geschäftsgrundlage legen. Es wundert kaum, wenn das Marktforschungsinstitut DFC Intelligence es für möglich hält, aus der Marke GTA jährlich eine Milliarde Dollar Umsatz zu erzielen – so viel wie derzeit World of Warcraft.

Stabile Umsatzflüsse mit höheren Margen bei geringerem Risiko: Jedes gewinnorientierte Unternehmen mit den entsprechenden Möglichkeiten wird versuchen, ebenfalls DLC anzubieten, das bereits in der Produktentwicklung berücksichtigen und Anküpfungspunkte im Hauptspiel hinterlegen. Dabei entscheidet allein der Absatz darüber, ob wir mittelfristig primär Kartenpakete und Items oder opulente mehrstündige Questreihen angeboten bekommen. Oder beides. DerWeiterentwicklung der Vertriebsinfrastruktur kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. »Die Übersichtlichkeit bei der Suche nach Inhalten war eine große Herausforderung. Zum Start von Xbox Live war das Dashboard, also die Benutzeroberfläche des Marktplatzes, für wenige hundert Inhalte entworfen«, erinnert sich Microsoft-Produktmanager Halgasch. Der Dashboard-Relaunch 2007 habe »dem Erfolg des Xbox Live Marktplatzes einen gewaltigen Schub gegeben. « Randy Pitchford sieht bei den Vertriebsplattformen Optimierungsbedarf: »Ein Gebiet, wo DLC noch verbessert werden kann, sind die Möglichkeiten, ihn den Kunden zu präsentieren und zu bewerben. Wir haben sehr wenig Platz, um Spielern klarzumachen, was wir ihnen anbieten. Wenn wir leichter mehr Informationen über unsere Zusatzinhalte verbreiten könnten, wäre das für alle ein Gewinn.«

Freude und Skepsis

Für Spieler ist DLC keineswegs das Ende aller Glückseligkeit: Die Möglichkeit, sich länger an Borderlands zu erfreuen, neue Quests in Ferelden zu lösen und dabei wenig Geld für Unterhaltung zwischen Serien- und Spielfilmlänge auszugeben, hat eindeutige Reize. DLC-Planungen, die bereits in die Entwicklung einfließen, sichern baldigen Nachschub. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit verbuggter Pakete gering, die Kompatibilität mit der eigenen Hardware sicher. Hersteller wissen, dass kaum jemand ein noch so günstiges DLC kaufen wird, wenn das Hauptspiel keinen Spaß gemacht hat, was einen weiteren wirtschaftlichen Anreiz zu Qualität schafft. Wohl aber gibt man mit den Kleinsterweiterungen ein Stück Freiheit und Unbestimmtheit auf, bindet Teile oder gar das ganze Spiel an ein Konto. Und ähnlich wie für die fehlende Unterstützung dedizierter Server in Modern Warfare 2 gilt für die Hersteller: Solange daraus kein wirtschaftlicher Schaden entsteht, wird der eingeschlagene Weg beibehalten. Natürlich werden Publisher schauen, wo es Möglichkeiten gibt, zusätzliche Einnahmen zu generieren und Inhalte zu »verDLCen«. Das Portfolio wird sich diversifizieren. Wer DLC grundsätzlich ablehnt, bekommt mitunter immerhin die Möglichkeit, später in einer Gameof- the-Year-Edition oder einem echten Addon die Zusatzinhalte als Ladenversion zu erwerben, dann meist ohne Kontenbindungs-Scherereien. So bei Borderlands: »Die Reaktionen waren so überwältigend, dass wir den DLC nun als datenträgerbasierende Erweiterung veröffentlichen und so auch Kunden anbieten können, die keine Internetverbindung haben«, freut sich Randy Pitchford.

DLC bleibt, besonders bei PC-Spielern, umstritten, und das mit Recht. Den Verbesserungen der Infrastruktur stehen berechtigte Sorgen zu Preis, Umfang und dem eigentlichen Besitz am Spiel entgegen. Im Vergleich zu den oft hochwertigen Hauptspielen, zu denen DLC primär veröffentlicht wird, fällt eine deutlich größere Qualitätsschwankung auf, als das bei den klassischen Addons der Fall war. Andererseits findet DLC auch genügend Fans, nicht zuletzt weil es ein Gefühl befriedigt, alles von einem bestimmten Produkt, einer bestimmten Marke zu besitzen. Inzwischen, sagt Pete Hines, würden manche Spieler schon vor der Veröffentlichung eines neuen Bethesda-Spiels danach fragen, was als DLC geplant ist. Bei der Pferderüstung wäre das sicher nicht passiert.

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