Seite 3: Ladenschluss - Runterladen statt Spieleladen

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Der Tod des Gebrauchtmarkts

Um sich von Media Markt & Co abzusetzen, hatten Sie auch Gebrauchtspiele im Sortiment. Wie gestalten sich dabei die Margen?

Gebrauchtspiele sind das wichtigste Alleinstellungsmerkmal für die Fachgeschäfte. Wir bezahlten den Kunden für aktuelle Spiele zwischen 20 bis 30 Euro und verkauften sie für 44,95 Euro. Wenn der Titel nicht mehr brandneu ist, stellt das natürlich ein gewisses Risiko dar. Wenn es blöd läuft, kommt dann vielleicht schon die erste Preissenkung des Neuspiels durch den Hersteller auf 39,95 Euro, und ich muss das Gebrauchtspiel unter dem Einkaufspreis verkaufen. Dieses Risiko ist aber gering, weil die Margen deutlich höher sind. Im Groben hatten wir um die 50 bis 80 Prozent Gewinn, bei einigen Retro-Sachen auch 100 bis 200 Prozent.

Die Konsolerie in Nürnberg war Alexander Funkes Spieleladen, im Juni 2010 gab er das Geschäft auf – keine Zukunftsperspektive. Die Konsolerie in Nürnberg war Alexander Funkes Spieleladen, im Juni 2010 gab er das Geschäft auf – keine Zukunftsperspektive.

Eine Spanne, die auch durch eine andere Besteuerung der Gebrauchtspiele entsteht?

Beim Ankauf von Privat hat man die Möglichkeit, nur die Differenz zu besteuern. Der Steuersatz liegt weiterhin bei 19 Prozent, nur wird der nicht auf den vollen Verkaufspreis von 44,95 Euro angerechnet, sondern nur auf 14,95 Euro, die Differenz zu unserem Einkaufspreis von 30 Euro. An so einem Spiel verdienen wir dann einen Zehner. Allerdings besteht auch das Risiko, dass das Spiel einen Defekt hat. Einen Umtausch beim Großhändler gibt es hierbei nicht.

Die Ladenkette Gamestop wirbt gerne mit Aktionen, bei denen man mehrere relativ neue Gebrauchtspiele plus Zuzahlung gegen Neuerscheinungen eintauscht. Weshalb lässt sich der Kunde auf solche Geschäfte ein und verkauft seine Spiele nicht zum Beispiel über Ebay, wo er deutlich mehr dafür bekommen würde?

Er würde dort definitiv mehr bekommen. Zu Gamestop geht er der Einfachheit halber. Ein Produkt bei Ebay oder Amazon einzustellen, ist aufwändig. Bei Ebay musst du den Zahlungseingang überwachen, musst es zur Post bringen, und es dauert eine Weile, bis das Geld auf dem Konto ist. Wenn heute nun Super Mario Galaxy 2 erscheint und du es unbedingt haben willst, packst du dir eben fünf alte Spiele und gibst sie als Anzahlung ab.

Funkes Konsolerie setzte auf ein freundliches Ambiente, offene Flächen und Service für die Kunden. Funkes Konsolerie setzte auf ein freundliches Ambiente, offene Flächen und Service für die Kunden.

Einige Publisher haben begonnen, ihren Spielen Download-Codes für Zusatzinhalte beizulegen, die man nur einmal benutzen kann. Hat sich das auf den Verkaufspreis der Gebrauchtspiele ausgewirkt?

Ja. Wir haben den Leuten im Ankauf weniger gezahlt. Und beim Gebrauchtverkauf haben wir dafür nicht 44,95 Euro verlangt, sondern sind fünf Euro runtergegangen. Wenn die Download- Codes auf lange Sicht von Publishern und Endkunden genutzt werden, müsste man sowohl beim Ankauf als auch beim Verkauf den Preis, den der Download-Code beim Nachkauf kostet, abziehen, damit man für ein Gebrauchtspiel weiterhin 15 Euro weniger zahlt als für ein Neuspiel. Doch was mache ich mit einem Kunden, der sagt, er habe den Code nicht benutzt? Ich kann das nicht prüfen. Deshalb müsste ich auch diesem Kunden beim Ankauf den Gegenwert des Codes abziehen. Ein weiteres Problem sind Exklusiv-Inhalte, die man nur einmalig über einen Code bekommt. Ich kann auch den Goldenen Colts in Red Dead Redemption oder einer Rüstung in Dantes Inferno keinen direkten Gegenwert gegenüberstellen.

Das klingt, als hätten die Spielehersteller Erfolg mit ihrem erklärten Plan, den Gebrauchtmarkt auszutrocknen.

Ja, die Freischaltcodes machen das Gebrauchtgeschäft marode. Die Zukunftsperspektiven werden da düsterer.

Lassen sich die Kunden das gefallen?

Wenn man ihnen keine Wahl lässt, wird das bei den meisten Leuten kein Thema sein. Das gilt genauso für den digitalen Vertrieb. Soviel die Kunden auch schimpfen, falls sich eine Firma wie Capcom dazu entscheidet, Resident Evil 6 nur noch als Download zu veröffentlichen, dann ist denen die eine Million von den zwölf Millionen Interessierten egal, die deswegen auf das Spiel verzichtet. Die anderen elf Millionen laden es sich herunter, wahrscheinlich sogar am ersten Tag. Wenn die Infrastruktur gegeben ist, wird es kein Problem sein, sich auch mit einem reinen Download-Titel im Massenmarkt durchzusetzen.

Was bedeutet das für die Fachhändler?

Ich gebe dem Fachhandel im Spielebereich keine Überlebenschancen. Das Fachhandelssterben in unserer Branche wird ungebremst oder sogar beschleunigt weitergehen.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?

Ich habe jetzt viele Schulden, aber noch keine genauen Pläne für die Zukunft. Ich weiß noch nicht, ob ich selbständig weitermache oder mich fest anstellen lasse.

Würden Sie mit Ihrem heutigen Wissen noch einmal einen Laden eröffnen?

Nein, der Zug ist abgefahren.

Das Interview führte Joachim Hesse; Info: www.satzgold.de.

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