Total War: Rome 2 - »Wir wollen Gegner, die sich wie echte Menschen anfühlen!«

Wir haben mit dem Lead Designer James Russell über die KI von Total War: Rome 2 gesprochen. Bekommt Creative Assembly das alte Sorgenkind der Serie diesmal hin?

Ob es wohl diesmal klappt? Wir haben beim Entwickler Creative Assembly nachgehakt, ob denn die künstliche Intelligenz in Total War: Rome 2endlich besser funktioniert, als in den oft dafür kritisierten Vorgängern. Der Lead Designer James Russel hat uns „freiwillig“ geantwortet.

Mit, nun ja, neuartigen Interview-Methoden entreißt Michael Graf dem Lead Designer James Russell die Geheimnisse von Rome 2. Mit, nun ja, neuartigen Interview-Methoden entreißt Michael Graf dem Lead Designer James Russell die Geheimnisse von Rome 2.

GameStar: Wir stellen gleich die Total-War-Gretchenfrage: James, wie hältst du’s mit der KI, dem alten Sorgenkind der Serie?

James Russell: Oh, wir haben da einiges vor!

GameStar: Wenn wir jedes Mal einen Euro bekämen, wenn ihr das versprecht, könnten wir inzwischen im Alleingang die spanischen Banken retten.

James Russell: Aber wir haben nun mal große Pläne, an der KI arbeiten mehr Entwickler als jemals zuvor. Das beginnt schon bei den Computergegnern auf der Strategiekarte, die früher zwei getrennte Systeme für Diplomatie und Expansion nutzten.

GameStar: Die KI konnte mir also den Krieg erklären, selbst wenn sie eigentlich mein Freund war?

James Russell: Nicht ganz so krass, denn die beiden Systeme kommunizierten ja miteinander. Da sagte dann etwa die Expansions-KI: »Hey, die Provinz da drüben könnten wir brauchen, da gibt’s wertvolle Rohstoffe!«, woraufhin die Diplomatie-KI antwortete: »Aber wir sind doch mit den Jungs befreundet, da dürfen wir nicht angreifen!« Das hat funktioniert. In Rome 2 wollen wir die Systeme trotzdem vereinen, damit die Diplomatie noch nachvollziehbarer wird. Dadurch sollen sich die computergesteuerten Fraktionen wirklich wie echte Menschen anfühlen, die beispielsweise einen Groll gegen dich hegen, weil du sie mal verraten hast. Danach richten die Völker dann ihre Aktionen aus.

GameStar: Das war früher ja ähnlich.

James Russell: Richtig, nur sollen die Spieler diesmal besser verstehen, warum die KI welche Entscheidungen trifft. Dieses »Warum« ist überhaupt die Kernfrage: Warum will ein anderes Volk partout nicht mit mir handeln? Warum greift mich die KI an, obwohl ich ihr zuvor Tribut für einen Friedensvertrag bezahlt habe? Letzteres könnte beispielsweise daran liegen, dass der Gegner eine bestimmte Provinz unbedingt erobern will - solche Details kann man unter anderem durch Spionage herausfinden. Zudem wird es Textmeldungen geben wie: »Danke, erbärmlicher Römer, dass du mit deinem Gold unsere Armeen finanziert hast, die nun deine Städte erobern!« Das soll der KI insgesamt mehr Glaubwürdigkeit und Persönlichkeit verleihen.

Rome 2 - Gameplay-Trailer: Karthago muss brennen Video starten 1:39 Rome 2 - Gameplay-Trailer: Karthago muss brennen

GameStar: Persönlichkeit ist das eine, Intelligenz das andere. Wir erinnern uns, dass wir feindliche Armeen im ersten Rome komplett mit Katapulten aus dem Weg räumen konnten, weil die Soldaten bei Beschuss einfach stehen blieben.

James Russell: Oh Gott, ja, beim Fernkampf hatte Rome große Probleme. Seit Empire haben wir allerdings sehr viel mehr Erfahrung mit Auseinandersetzungen auf Distanz gesammelt. Ihr könnt davon ausgehen, dass die Feinde diesmal auf Beschuss reagieren. Wobei ich noch kurz anmerken möchte, dass sich Katapulte nicht wirklich dazu eigenen werden, feindliche Truppen zu dezimieren - dafür feuern sie viel zu ungenau. Man sollte sie dafür einsetzen, Stadtmauern zu schleifen, für Attacken auf Menschen gibt’s präzisere Waffen wie Ballisten.

GameStar: Mal unabhängig davon, wer oder was da schießt: Wäre es möglich, dass feindliche Soldaten zurückweichen, wenn sie ein Geschoss auf sich zu fliegen sehen?

James Russell: Klar! Und nicht nur der Feind kann ausweichen, das wäre auch bei deinen eigenen Truppen möglich.

GameStar: Aber wäre das nicht ein Kontrollverlust für den Spieler, wenn seine Jungs automatisch wegrennen, weil sie Angst haben, getroffen zu werden?

James Russell: Ich denke nicht, dass sich das wie ein Kontrollverlust anfühlen würde. Es wäre eher eine Komfortfunktion, man will ja nicht ständig einzelne Legionen hin und her schieben. Außerdem würde es die Schlachten lebendiger und glaubwürdiger machen. Man befehligt da nun mal keine Mordroboter, sondern menschliche Soldaten, die auch menschliche Reaktionen zeigen sollen.

GameStar: Zum Beispiel?

James Russell: Zum Beispiel zucken sie zusammen, wenn ein Kamerad neben ihnen von einem Pfeil durchbohrt wird. Generell sollen die Kämpfer ihre Umgebung viel besser wahrnehmen und dadurch viel nachvollziehbarer auf das Schlachtgeschehen reagieren. Das ist unsere größte KI-Herausforderung.

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GameStar: James Russell Überarbeitet ihr in dieser Hinsicht auch das Moralsystem?

James Russel : Das ist nicht unsere größte Baustelle. Wir wissen aber, dass das Moralsystem in Shogun 2 seine Macken hatte, Heere flohen gerne mal zu früh. Solche Kanten feilen wir ab.

GameStar: Eine deutlich größere KI-Baustelle dürfte die Zusammenlegung von Land- und Seeschlachten eröffnen. Schließlich müsst ihr dem Gegner beibringen, dass er mit Schiffen plötzlich auch Landtruppen bekämpfen kann - und umgekehrt. Von Belagerungen und Strand-Invasionen direkt in der Echtzeit-Schlacht ganz zu schweigen.

James Russel: Stimmt natürlich, wir haben einiges an Arbeit. Aber ich bin der Meinung, dass wir da auch schon in den Vorgängern spürbare Fortschritte gemacht haben, die Belagerungen in Shogun 2 funktionierten besser als die in Empire.

GameStar: ...aber bei Weitem nicht perfekt.

James Russel: Gut, ja, aber wir arbeiten nun mal daran, uns immer weiter zu verbessern. Und wenn wir dabei keine Risiken eingehen würden, dann hätten wir uns einfach nicht genug angestrengt.

GameStar: Ein schönes Schlusswort! James, vielen Dank für das Gespräch.

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